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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Wer den Zweck will, muß das Mittel wollen. Ihr wollt nicht
     vergeben? Immerhin! Daran liegt nichts. Aber vergessen müßt ihr. Und das könnt ihr. Auch ich war ein Freund der Verstorbenen,
     vielleicht ihr nächster. Und doch – ich will vergessen. Ich tu’ es, eben weil ich ihr Freund war. Der liebt sie, Scaevola,
     der allein, der sie rächt. Um der Rache willen – Albinus, deine Hand.«
    Alle schwiegen, bewältigt mehr von der Persönlichkeit als von den Gründen des Redners. Nur der Jurist bemerkte noch:
    »Rusticiana, des Boëthius Witwe und des Symmachus Tochter, die einflußreiche Frau, ist unsrem Bunde hold. Wird sie das bleiben,
     wenn dieser eintritt? Kann sie je vergeben und vergessen? Niemals!«
    »Sie kann es. Glaubt nicht mir, glaubt euren Augen.«
    Mit diesen Worten wandte sich rasch Cethegus und schritt in einen der Seitengänge, dessen Mündung bisher sein Rückenverdeckt hatte. Hart am Eingang stand lauschend eine verschleierte Gestalt: er ergriff ihre Hand: »Komm«, flüsterte er, »jetzt
     komm.«
    »Ich kann nicht! ich will nicht!« war die leise Antwort der Widerstrebenden. »Ich verfluche ihn. Ich kann ihn nicht sehen,
     den Elenden!«
    »Es muß sein. Komm, du kannst und du willst es – denn ich will es.« Er schlug ihren Schleier zurück, noch ein Blick und sie
     folgte wie willenlos.– Sie bogen um die Ecke des Eingangs: »Rusticiana!« riefen alle.
    »Ein Weib in unserer Versammlung!« sprach der Jurist. »Das ist gegen die Statuten, die Gesetze.«
    »Ja, Scaevola, aber die Gesetze sind um des Bundes willen, nicht der Bund um der Gesetze willen. Und geglaubt hättet ihr mir
     nie, was ihr hier sehet mit Augen.«
    Er legte die Hand der Witwe in die zitternde Rechte des Albinus.
    »Seht, Rusticiana verzeiht: wer will jetzt noch widerstreben?«
    Überwunden und überwältigt verstummten alle. Für Cethegus schien das Weitere jedes Interesse verloren zu haben. Er trat mit
     der Frau an die Wand im Hintergrund zurück. Der Priester aber sprach: »Albinus ist Glied des Bundes.«
    »Und sein Eid, den er dem Tyrannen geschworen?« fragte schüchtern Scaevola.
    »War erzwungen und ist ihm gelöst von der heiligen Kirche. Aber nun ist es Zeit, zu scheiden. Nur noch die eilendsten Geschäfte,
     die neuesten Botschaften. Hier, Licinius, der Festungsplan von Neapolis: du mußt ihn bis morgen kopiert haben, er geht an
     Belisar. Hier, Scaevola, Briefe aus Byzanz, von Theodora, der frommen Gattin Justinians: du mußt sie beantworten. Da, Calpurnius,
     eine Anweisung auf eine halbe Million Solidi von Albinus: du sendest sie an den fränkischen Majordomus, er wirkt bei seinem
     König gegen die Goten. Hier, Pomponius, eine Liste der Patrioten in Dalmatien: du kennst die Dinge dort und die Menschen:
     sieh zu, ob bedeutende Namen fehlen. Euch allen aber sei gesagt, daß, nach heute erhaltenenBriefen von Ravenna, die Hand des Herrn schwer auf dem Tyrannen liegt: tiefe Schwermut, zu späte Reue über all seine Sünden
     soll seine Seele niederdrücken, und der Trost der wahren Kirche bleibt ihm fern.– Harret aus noch eine kleine Weile: bald
     wird ihn die zornige Stimme des Richters abrufen: dann kommt der Tag der Freiheit. An den nächsten Iden, zur selben Stunde,
     treffen wir uns wieder. Der Segen des Herrn sei mit euch.«
    Eine Handbewegung des Diakons verabschiedete die Versammelten: die jungen Priester traten mit den Fackeln aus den Seitengängen
     und geleiteten die einzelnen in verschiedenen Richtungen nach den nur ihnen bekannten Ausgängen der Katakomben.

Viertes Kapitel
    Silverius, Cethegus und Rusticiana stiegen miteinander die Stufen hinauf, welche in die Krypta der Basilika des heiligen Sebastian
     führten. Von da gingen sie durch die Kirche in das unmittelbar darangebaute Haus des Diakonus. Dort angelangt, überzeugte
     sich dieser, daß alle Hausgenossen schliefen, bis auf einen alten Sklaven, der im Atrium bei einer halb herabgebrannten Ampel
     wachte. Auf den Wink seines Herrn zündete er die neben ihm stehende silberfüßige Lampe an und drückte auf eine Fuge im Marmorgetäfel.
     Die Marmorplatten drehten sich um ihre Achse und ließen den Priester, der die Leuchte ergriffen, mit den beiden andern in
     ein kleines, niedres Gemach treten, dessen Öffnung sich hinter ihnen rasch und geräuschlos wieder schloß. Keine Ritze verriet
     nun wieder, daß hier eine Tür.
    Der kleine Raum, jetzt mit einem hohen Kreuz aus Holz, einem Betschemel und einigen christlichen Symbolen auf

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