Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
Morgens. Regungslos und schweigend lauschten Alle. Durch den geschlossenen Eingang drang jedes Geräusch von außerhalb nur sehr geschwächt herein, doch verrieth ein ausgedehntes anhaltendes, dumpfes Rollen, daß der Kampf der Elemente noch immer nicht beendet sei.
    Da bemerkte der alte Tom, daß das Niveau des Wassers allmälig steige.
    »Ja wohl, bestätigte Dick Sand, und wenn das der Fall ist, obschon die Luft nicht nach außen entweichen kann, so beweist es, daß die Wasserfluth wächst und jene weiter zusammendrückt.
    – Bis jetzt beträgt es nur wenig, sagte Tom.
    – Gewiß, antwortete Dick Sand, aber wo ist die Grenze?
    – Herr Dick, fragte Bat, wünschen Sie, daß ich draußen Umschau halte? Ich werde untertauchen und durch die Eingangsthüre zu gelangen suchen…
    – Besser, ich unternehme diesen Versuch gleich selbst, meinte Dick Sand.
    – Nein, nein, Herr Dick, widersprach ihm der alte Tom. Lassen Sie meinen Sohn gewähren und vertrauen Sie seiner Gewandtheit. Im Falle er nicht zurückkehren könne, ist Ihre Gegenwart hier doppelt nöthig!«
    Und leiser setzte er hinzu.
    »Denken Sie an Mistreß Weldon und den kleinen Jack!
    – Gut, es sei, antwortete Dick Sand. An’s Werk also, Bat. Ist unsere Wohnung überschwemmt, so versucht nicht erst die Rückkehr. Wir verlassen sie dann ebenfalls. Ragt der Kegel aber noch über das Wasser empor, so schlagt mit der Axt, die Ihr mitnehmen müßt, kräftig auf seine Spitze. Wir werden das hören, und es soll uns als Zeichen dienen, diese auch unsererseits zu zerstören. Verstanden?
    – Gewiß, Herr Dick, versicherte Bat.
    – Also vorwärts, Junge!« drängte der alte Tom, indem er seinem Sohne die Hand drückte.
    Nachdem sich Bat durch einen tiefen Athemzug einen tüchtigen Luftvorrath gesichert, tauchte er in dem jetzt über 11/2 Meter tiefen Wasser unter. Er ging an eine schwierige Aufgabe, denn zuerst mußte er die untere Oeffnung aufsuchen, dann durch diese schlüpfen und nach der äußeren Oberfläche des Wassers emportauchen. Alles das mußte auch in sehr kurzer Zeit ausgeführt sein.
    Es verging nahezu eine halbe Minute. Schon glaubte Dick Sand, daß es dem Neger gelungen sei, hinaus zu gelangen, als Bat wieder auftauchte.
    »Nun? rief Dick Sand erstaunt.
    – Der Eingang ist verschlämmt und verschüttet! antwortete Bat, nachdem er wieder zu Athem gekommen war.
    – Verschlossen? rief Tom.
    – Ja wohl! bestätigte Bat. Wahrscheinlich hat das Wasser den Thon erweicht… ich habe mit den Händen die Wand ringsum abgetastet… nirgends ist eine Oeffnung mehrt«
    Dick Sand schüttelte den Kopf. Seine Gefährten und er sahen sich hermetisch in den Kegel eingeschlossen, den vielleicht gar das Wasser überfluthete.
    »Wenn keine Oeffnung mehr vorhanden ist, meinte Herkules, so müssen wir eine neue machen.
    – Wartet noch!« fiel der junge Leichtmatrose ein, indem er Herkules, der die Axt in den Händen schon zum Schlage ausholte, zurückhielt.
    Dick Sand überlegte einige Augenblicke, dann fuhr er fort:
    »Wir können wohl anders zu Werke gehen. Die Hauptfrage bleibt ja, zu wissen, ob das Wasser den Bau überdeckt oder nicht. Wenn wir am Gipfel des Kegels eine ganz kleine Oeffnung herstellten, müßten wir ja erfahren, wie es sich damit verhält. Im Fall der vollständigen Ueberfluthung des Termitenhügels würde ihn das Wasser total erfüllen und unser Verderben gewiß sein. Gehen wir also ganz vorsichtig zu Werke…
    – Aber schnell!« setzte Tom hinzu.
    In der That stieg das Wasser nach und nach weiter und stand im Innern des Kegels schon circa zwei Meter hoch. Außer Mrs. Weldon, ihrem Sohne, Vetter Benedict und Nan, welche ja die obersten Abtheilungen eingenommen hatten, standen jetzt Alle schon mit halbem Leibe im Wasser.
    Es galt also jetzt ohne Säumen in der von Dick Sand vorgeschlagenen Weise vorzugehen.
    Ein halb Meter hoch über dem inneren Wasserniveau, also 2 1/2 Meter über dem Boden, beschloß Dick Sand, eine Probeöffnung in die Thonwand brechen zu lassen.
    Gelangte man durch diese in Communication mit der äußeren Atmosphäre, so mußte der Kegel ja das Wasser noch überragen. Traf das Loch dagegen eine Stelle unterhalb der äußeren Wasseroberfläche, so wurde die Luft im Innern noch weiter zurückgedrängt, und in diesem Fall mußte man vorbereitet sein, jenes schnellstens wieder zu verschließen, weil das Wasser sonst bis an die Oeffnung selbst aufsteigen würde. Hierauf wollte man denselben Versuch ein halb Meter höher

Weitere Kostenlose Bücher