Ein Kapitän von 15 Jahren
Weldon antwortete nicht und der seelenruhige Vetter schlief wie eine leibhaftige Termite.
Die Neger blickten auf die im Scheine der Laterne reflectirende Wasserfläche herab und warteten, was Dick Sand, der noch einmal die Wassertiefe maß, zu thun für räthlich finden werde.
Dick Sand sagte aber nichts, sondern bemühte sich nur, die Mundvorräthe und Waffen vor der Ueberfluthung zu sichern.
»Das Wasser ist durch den Eingang eingedrungen? begann Tom.
– Ja, erwiderte Dick Sand, und es macht nun jede Erneuerung der Luft unmöglich.
– Sollten wir dann nicht über dem Wasserniveau ein Loch durch die Wand brechen? fragte der alte Neger.
– Gewiß… Tom; allein… ja, wenn wir hier drinnen 1 1 / 2 Meter Wasser haben, so steht es draußen möglicher Weise zwei, zwei ein halb oder noch mehr Meter hoch!
– Sie glauben, Herr Dick?
– Ich denke, Tom, daß das Wasser, als es im Innern dieses Kegels emporstieg, die Luft in dessen oberen Theilen comprimiren mußte und daß diese allein es jetzt am Höhersteigen verhindert. Bieten wir der Luft aber durch eine andere Oeffnung Gelegenheit zum Abzug, so wird sich der Wasserstand nothwendiger Weise erhöhen, bis er demjenigen außerhalb der Wände gleichkommt, und wenn er bis über die neue Oeffnung stiege, würde er die Luft darüber noch einmal zusammenpressen. Wir befinden uns hier in der Lage von Arbeitern in einer Taucherglocke.
– Was ist also zu thun? forschte Tom weiter.
»Ich weiß Alles, mein armer Dick!« (S. 284.)
– Wohl zu überlegen, bevor wir handeln, belehrte ihn Dick Sand. Eine Unklugheit könnte uns das Leben kosten!«
Diese Bemerkung des jungen Leichtmatrosen war sehr richtig und die Vergleichung des Kegels mit einer Taucherglocke unter Wasser ganz zutreffend. In letzterem Apparate jedoch wird die Luft mittelst Pumpen fortwährend erneuert, so daß die Taucher ungehindert athmen können und keinen anderen Unannehmlichkeiten ausgesetzt sind, als denen, welche der längere Aufenthalt in einer über ihre Normalspannung comprimirten Luft mit sich führt.
Die angezündete Laterne erhellte das Innere. (S. 287.)
Außer diesen Beschwerden kam hier aber die Verminderung des Raumes um ein volles Drittel in Frage, und ferner, daß die Luft sich nicht erneuern konnte, außer wenn man in der Wand eine Oeffnung machte, die sie mit der äußeren Atmosphäre in Verbindung setzte.
Konnte man eine solche Oeffnung nun herstellen, ohne die von Dick Sand befürchteten Gefahren heraufzubeschwören, und verschlimmerte sich dadurch nicht die dermalige Lage?
Gewiß war, daß das Wasser sich jetzt auf einem Stande erhielt, dessen Erhöhung nur zwei Ursachen herbeiführen konnten: entweder wenn man eine Oeffnung herstellte und die Höhe der Ueberschwemmung draußen den Wasserstand im Innern übertraf, oder wenn die Ueberschwemmung selbst noch weiter anwuchs. In beiden Fällen konnte in dem Kegel nur noch ein beschränkterer Raum übrig bleiben, in dem die sich nicht erneuernde Luft wiederum comprimirt wurde.
Konnte der Termitenbau dabei aber nicht total vom Boden abgehoben und durch die Ueberschwemmung umgestürzt werden? Nein, so wenig wie eine Biberhütte, denn er hing ebenso fest wie eine solche mit der Erde zusammen.
Der am meisten zu fürchtende Umstand lag also in der Fortdauer des Unwetters und der Zunahme der Ueberschwemmung. 91/2 Meter Wasser auf der Ebene mußten den Kegel um 51/2 Meter überdecken und die Luft im Innern unter dem Drucke einer ganzen Atmosphäre zusammenpressen.
Eine reifliche Ueberlegung bestärkte Dick Sand’s Befürchtung, daß diese Ueberschwemmung bis zu sehr bedeutendem Grade zunehmen könne, da sie von dem Wasser, das die direct über der Ebene stehenden Wolken herabstürzten, offenbar nicht allein herrührte. Weit annehmbarer erschien die Erklärung, daß ein durch das Unwetter angeschwollener Wasserlauf der Nachbarschaft seine Uferdämme durchbrochen habe und sich nun über die jenseitige Niederung ausbreite. Wer konnte aber dafür einstehen, daß der Ameisenbau nicht schon vollständig überfluthet und sogar die Möglichkeit abgeschnitten war, durch seine obere Spitze hinauszugelangen, die zu demoliren es ja weder langer, noch beschwerlicher Arbeit bedurft hätte?
In quälendster Unsicherheit fragte Dick Sand sich selbst, was wohl zu thun wäre. Sollte man die Beendigung dieser Situation ruhig abwarten oder, nach Kenntnißnahme der Umstände, gewaltsam herbeizuführen suchen?
Es war jetzt drei Uhr
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