Ein Kapitän von 15 Jahren
Bord des »Pilgrim« lag die Sache anders. Jack vorzüglich wußte sich schnell mit ihm zu befreunden. Auch dieser schien eben so gern mit dem Knaben, wie letzterer mit dem Hunde zu spielen.
Dingo erwies sich bald, wie man es öfters bei großen Hunden findet, als Kinderfreund. Jack andererseits that ihm auch bestimmt nichts zu Leide. Sein größtes Vergnügen bestand darin, aus Dingo einen flotten Renner zu machen, und man muß wohl zugestehen, daß ein Pferd dieser Art doch einem solchen aus Leder, und wenn es auch Rollen an den Füßen hätte, weit vorzuziehen war. Jack galoppirte also mit dem Hunde umher, der sich das ruhig gefallen ließ, und in der That hatte Jack für ihn kein größeres Gewicht als ein Jockey für ein Rennpferd.
Doch welche Bresche legte er auch täglich in den Zuckervorrath der Kambüse!
Dingo war gar bald der Liebling der ganzen Mannschaft. Nur Negoro vermied nach wie vor mit demselben zusammenzutreffen, da das Thier ihm gegenüber noch immer dieselbe Antipathie bewahrte.
Der kleine Jack vernachlässigte inzwischen Dick Sand, den früheren Freund, keineswegs. Jede Stunde, welche der Dienst ihm freiließ, verbrachte der Leichtmatrose in Gesellschaft des kleinen Knaben.
Mrs. Weldon sah diese herzlichen Beziehungen zwischen Beiden mit größter Genugthuung.
Eines Tages, es war am 6. Februar, sprach sie über Dick Sand mit Kapitän Hull und dieser ertheilte dem jungen Leichtmatrosen das beste Lob.
»Jener Knabe, äußerte der Kapitän, wird einmal ein tüchtiger Seemann, dafür stehe ich ein! Er hat so die richtige Anlage für das Meer, und bei diesem Instincte, wenn ich so sagen darf, bemüht er sich auch noch, die theoretischen Kenntnisse für seinen Beruf nach Kräften zu vermehren. Der Reichthum seines Wissens ist für die kurze Zeit, die er darauf verwenden konnte, wahrhaft überraschend.
– Und ich füge aus Ueberzeugung hinzu, bemerkte Mrs. Weldon, daß er auch sonst ein ausgezeichneter junger Mensch ist, der seines Zieles bewußt und seinen Altersgenossen weit voraus ist, auch noch niemals, so lange wir ihn kennen, einen Vorwurf verdient hat.
– Gewiß, es ist ein prächtiges Kerlchen, bestätigte Kapitän Hull, der von Allen geachtet und geliebt wird.
– Ich weiß, fuhr Mrs. Weldon fort, daß es in der Absicht meines Mannes liegt, ihn nach Beendigung der diesjährigen Schifffahrt an einem Cursus für Hydrographie theilnehmen zu lassen, so daß er sich dereinst ein Kapitänspatent erwerben kann.
– Woran Herr Weldon nur recht thut, antwortete der Kapitän, Dick wird noch der amerikanischen Marine Ehre machen.
– Der arme Waisenjunge hat seinen Lebenslauf unter sehr unglücklichen Verhältnissen begonnen, bemerkte Mrs. Weldon; er hat eine harte Schule durchgemacht.
– Gewiß, Mistreß Weldon, doch diese Prüfungen sind nicht ohne Nutzen an ihm vorübergegangen. Er hat eher gelernt, sich in der Welt durchzufinden, und hat dabei den besten Weg gewählt.
– Ja, den Weg der Pflicht.
– Sehen Sie nur, fuhr Kapitän Hull fort, wie er dort am Steuer steht, das Auge auf die Spitze des Bugspriets gerichtet. Unsern jungen Leichtmatrosen vermag nichts zu zerstreuen, er hält das Schiff ohne Wanken im rechten Kurs. Dick Sand besitzt schon die Sicherheit eines bewährten Steuermannes! Ein guter Anfang für einen Seemann! Unser Geschäft, Mistreß Weldon, gehört zu denen, in welchem man von der Pieke auf dienen muß. Wer niemals Schiffsjunge war, wird es nie dahin bringen, ein großer Seemann zu werden, mindestens nicht in der Handelsmarine. Hier muß ihm Alles zur Lehre dienen und er muß – da bei ihm Alles ebenso instinctiv wie mit Vorbedacht geschehen muß – sich ebenso schnell zu entschließen, wie richtig zu handeln wissen.
– Ich dächte aber, Herr Kapitän, in der Kriegsmarine fehlte es an guten Officieren eben auch nicht?
– Gewiß nicht, doch meines Wissens haben die Meisten ihre Laufbahn in früher Kindheit begonnen, und ohne gerade von Nelson und einigen Anderen zu sprechen, so sind auch sonst die Schlechtesten niemals Die, welche als Schiffsjungen angefangen haben.«
Eben sah man Vetter Benedict auf dem Hinterdeck erscheinen, doch ebenso mit sich beschäftigt und so wenig mit der Welt, wie vielleicht der Prophet Elias, wenn er einmal auf die Erde zurückkehrte.
Cousin Benedict begann seine Wanderung auf dem Verdeck wie eine arme Seele, er suchte jede Spalte in der Schanzkleidung ab, durchstöberte den Raum unter den Hühnerkäsigen und strich mit der Hand
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