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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einer leichten Verbeugung.
    – Und einst, als er von einer Diptere tüchtig gepeinigt worden war, blies er sie fort und sagte, ohne ihr etwas zu Leide zu thun: »Geh! die Welt ist groß genug für dich und mich!«
    – Ah! rief der Kapitän Hull.
    – Ja wohl, mein Herr!
    – Nun, Herr Benedict, entgegnete Kapitän Hull, das hat auch noch ein Anderer lange vor John Franklin ausgesprochen.
    – Ein Anderer!
    – Gewiß, und dieser Andere war der Onkel Tobias.
    – Ohne Zweifel ein Entomolog? fragte Vetter Benedict sehr schnell.
    – O nein, der Onkel Tobias von Sterne, und dieser würdige Onkel bediente sich fast genau derselben Worte, indem er einer Fliege, die ihn immer belästigte, aber die er doch schonen zu sollen glaubte, die Freiheit gab: »Geh’, armer Teufel, sagte er, die Welt ist groß genug für dich und für mich!«
    – Ein braver Mann, dieser Onkel Tobias! rief Vetter Benedict entzückt. Ist er todt?
    – Das glaub’ ich wohl, erwiderte Kapitän Hull möglichst ernsthaft, weil er ja niemals gelebt hat!«
    Alle schauten Vetter Benedict lächelnd an.
    Mit solchen Unterhaltungen und vielen ähnlichen, die sich allemal um die Entomologie drehten, sobald Vetter Benedict an denselben Theil nahm, verflossen die langen Stunden dieser Seefahrt mit Hindernissen. Das Meer blieb stets freundlich, aber der Wind hielt sich immer in einer Richtung, welche die Brigg-Goëlette nöthigte, dicht an demselben zu segeln. Der »Pilgrim« kam bei der schwachen Brise sehr wenig nach Osten vorwärts und Alle sehnten sich darnach, nach den Meerestheilen zu kommen, wo der herrschende Wind voraussichtlich günstiger sein mußte.
    Vetter Benedict machte inzwischen auch den Versuch, den jungen Leichtmatrosen in die Geheimnisse der Entomologie einzuweihen. Dick Sand schien jedoch seinen Lehren wenig Geschmack abzugewinnen. In Ermangelung eines Besseren, widmete der Gelehrte seine Sorgfalt nun den Negern, welche gleich gar nichts davon verstanden. Tom, Acteon, Bat, Austin verließen sogar heimlich den Unterricht, und der Professor sah sich allein auf Herkules beschränkt, der ihm wenigstens einige natürliche Anlagen zu haben schien, einen Parasiten von einem Thysanuren zu unterscheiden.
     

    Jack fühlte sich groß. (S. 42.)
     
    Der riesenhafte Neger lebte nur in einer Welt von Coleopteren, Carnassiern, Jägern, Kanonieren, Gräbern, Cicindellen, Sylphen, Weißwürmern, Hirschkäfern, Coccionellen und ich weiß nicht, was sonst noch, und studirte die ganzen Sammlungen des Vetter Benedict durch, der nicht ohne Erzittern seine todten Lieblinge unter Herkules gewaltigen Fingern sah, welche die Härte und Kraft eines Meißels hatten Doch der kolossale Schüler lauschte den Lectionen seines Lehrers mit solcher Aufmerksamkeit, daß es sich schon der Mühe lohnte, etwas daran zu riskiren.
    Während Vetter Benedict so auf seine Weise arbeitete, ließ Mrs. Weldon den kleinen Jack auch keineswegs ohne Beschäftigung. Sie lehrte ihn lesen und schreiben. Von der Rechenkunst brachte ihm Dick Sand die ersten Anfangsgründe bei.
    Im Alter von fünf Jahren ist man eben noch ein kleines Kind und lernt als solches besser durch praktische Spiele als durch theoretische, nothgedrungen etwas anstrengende Lectionen.
    So lernte auch Jack das Lesen nicht aus einem ABC-Buche, sondern mittels beweglicher Buchstaben, welche in rother Schrift auf einzelne Holzwürfel gedruckt waren, und die er halb spielend so zusammenzusetzen suchte, daß sie ein Wort bildeten. Manchmal nahm nun Mrs. Weldon diese Würfel und stellte sie zu einem Wort zusammen, dann warf sie dieselben durcheinander und Jack mußte sie wieder in die gewünschte Ordnung bringen.
     

    Er legte den Buchstaben auf das Deck nieder. (S. 50.)
     
    Der kleine Knabe liebte diese Methode, lesen zu lernen, ganz besonders. Jeden Tag verbrachte er in der Cabine oder auf dem Deck einige Stunden damit, die Buchstaben seines Alphabets zu ordnen und untereinander zu würfeln.
    Diese Spielerei führte nun eines Tages zu einer so außerordentlichen, so unerwarteten Beobachtung, daß wir sie hier nach allen Einzelheiten mittheilen zu müssen glauben.
    Es war am Morgen des 9. Februar. Jack kauerte auf dem Verdeck und belustigte sich damit, ein Wort zusammenzusetzen, das der alte Tom wieder herstellen sollte, nachdem die Würfel in Unordnung gebracht worden waren. Tom mußte dabei die Hand vor die Augen halten, um nicht zu blinzen, wie sich das so gehört, denn er durfte nicht sehen, was der Knabe mit den

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