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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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erschien ihm überhaupt langweilig. Er sehnte sich fast nach der Factorei des Jose-Antonio Alvez und nach der Hütte zurück, in der sich seine kostbare Entomologenbüchse noch befand. Dieser Kummer war gewiß ganz gerechtfertigt, denn hier hatte der arme Mann so gut wie gar nichts zu sehen. Nicht ein Insect, nein, nicht ein einziges wurde ihm zur Beute!
    Wie groß aber war dafür auch seine Freude, als ihm Herkules – alles in allem doch »sein Schüler« – ein abscheuliches kleines Thier brachte, das er eben von einem Tikatika-Halme aufgelesen hatte. Sonderbar! Der brave Schwarze schien selbst etwas verwirrt, als er es dem gelehrten Herrn einhändigte.
    In welche Ausrufe der Entzückung brach aber erst Vetter Benedict aus als er das zwischen Daumen und Zeigefinger gehaltene Insect so nah’ als möglich vor seine kurzsichtigen Augen brachte, denen jetzt ja weder Brille noch Loupe zu Hilfe kommen konnte.
    »Herkules! rief er, Herkules! Damit hast Du Dir die Begnadigung erworben! Cousine Weldon! Dick! Eine Hexapode, einzig in ihrer Art und von ausschließlich afrikanischer Herkunft! Diese wenigstens wird mir Niemand abstreiten, sie wird mich nicht verlassen, so lange ich das Leben habe!
    – Sie ist also sehr kostbar? fragte Mrs. Weldon.
    – Ob sie kostbar ist! rief Vetter Benedict. Ein Insect, das weder eine Coleoptere, noch eine Neuroptere, noch eine Hymenoptere ist, das keiner der den Gelehrten bekannten zehn Ordnungen angehört und das man versucht wäre, eher einer zweiten Abtheilung der Arachniden beizuzählen. Eine Art Spinne, welche auch eine Spinne wäre, wenn sie acht Füße hätte, die aber eine Hexapode ist, weil sie deren nur sechs hat! O, meine Freunde, diese Genugthuung war mir der Himmel schuldig, und endlich werde ich meinen Namen an eine wissenschaftliche Entdeckung knüpfen! Dieses Insect hier wird der »
Hexapodes Benedictus
« sein!«
    Der enthusiastische Gelehrte vergaß, da er sein Steckenpferd tummelte, so schnell alles überstandene Leid, daß Mrs. Weldon und Dick Sand ihm ihre herzlichen Glückwünsche nicht vorenthalten konnten.
    Indeß trieb die Pirogue auf den dunklen Wellen des Flusses hin. Nur das Klappern der Schuppen von Krokodilen unterbrach das Schweigen der Nacht, oder das Schnaufen der Flußpferde, die sich schwerfällig am Ufer wälzten.
    Durch das Gezweig des Daches sendete der Mond, der hinter den Gipfeln der Bäume aufstieg, einige sanfte Strahlen bis in’s Innere des Fahrzeugs.
    Plötzlich entstand am rechten Flußufer ein entferntes Geräusch, so als ob riesige Pumpen im Dunklen thätig wären.
    Es rührte das von mehreren hundert Elefanten her, die, nachdem sie sich den Tag über an Wurzeln gesättigt, nun ihren Durst löschen wollten, bevor sie der Ruhe pflegten. Man hätte wirklich fürchten können, daß die Rüssel alle, welche sich gleichzeitig wie durch automatische Bewegung hoben und senkten, den großen Fluß trocken legen würden.
Achtzehntes Capitel.
Verschiedene Vorkommnisse.
    Acht Tage lang schwamm das Fahrzeug, allein von der Strömung getrieben, unter den beschriebenen Verhältnissen den Fluß hinab, ohne daß sich irgend ein erwähnenswerther Zwischenfall ereignete. Auf eine Strecke von mehreren Meilen badete der Wasserlauf den Saum der prächtigsten Wälder. Weiterhin verbreiteten sich auf dem baumlosen Lande gefährliche Dschungeln bis zum fernen Horizonte.
    Zeigten sich in diesem ganzen Gebiete auch keine Eingebornen – worüber Dick Sand sich natürlich am wenigsten beklagte – so besaß jenes doch einen wahren Ueberfluß an Thieren. Da spielten am Ufer Zebras, Elennthiere, »Caamas«, d.i. eine Art höchst graziöser Antilopen, welche während der Nacht verschwanden, um Leoparden, deren durchdringendes Heulen man hörte, oder Löwen Platz zu machen, welche durch die hohen Gräser sprangen. Bisher hatten die Flüchtlinge noch in keiner Weise, weder von den Raubthieren des Waldes, noch von denen des Stromes zu leiden gehabt.
    Tagtäglich, meist im Laufe des Nachmittags, lief Dick Sand das eine oder das andere Ufer an, stieg daselbst aus und durchsuchte die Umgebung.
    Die Nahrungsvorräthe mußten ja immer erneuert werden. In diesen, aller Cultur entbehrenden Ländereien durfte man Manioc, Sorgho, Mais, d.s. die Früchte, von denen sich die Eingebornen vorwiegend nähren, nicht zu finden hoffen. Die genannten Pflanzen wuchsen hier nur wild und waren nicht eßbar. Dick Sand sah sich deshalb auf die Jagd angewiesen, obwohl der Knall seines Gewehres

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