Ein Kapitän von 15 Jahren
Durchsuchung der Küche Negoro’s hatte er diesen für ihn kostbaren Fund gemacht, als der Küchenmeister eben das genannte Insect unbarmherzig tödten wollte, was den Gelehrten nicht wenig zornig machte, während Negoro sich darum nicht im Geringsten zu kümmern schien.
Wußte denn Vetter Benedict aber von den Veränderungen an Bord seit der Zeit, da Kapitän Hull mit seinen Leuten sich nach der so verderblichen Jagd auf den Jubart vom Schiffe wegbegab? Ohne Zweifel. Er befand sich ja selbst auf dem Deck, als der »Pilgrim« in die Gegend kam, wo die Trümmer der Jolle umherschwammen. Die Mannschaft der Brigg-Goëlette war also unter seinen Augen umgekommen.
Wollte man behaupten, dieser Unglücksfall hätte ihn nicht schmerzlich berührt, so träte man seinem guten Herzen gewiß zu nahe. Jenes Mitleid für seinen Nächsten, das Jedermann fühlt, ging ihm sicherlich nicht ab. Auch die Situation, in welche seine Cousine hierdurch gerieth, war für ihn sehr peinlich. Er hatte Mrs. Weldon selbst einmal die Hand gedrückt, wie um sagen zu wollen: »Fürchten Sie sich nicht! Ich bin ja hier! Ich bleibe hier!«
Dann war auch Vetter Benedict in seine Cabine zurückgekehrt, jedenfalls um die Folgen dieses entsetzlichen Zwischenfalles und die Maßregeln zu überlegen, welche unter diesen Umständen zu ergreifen wären.
Auf seinem Wege entdeckte er die bewußte Motte, und da seine Absicht dahin ging, zu beweisen, daß diese Mottenart, welche sich schon durch ihre auffälligen Farben auszeichnet, ganz andere Gewohnheiten habe als andere Arten – wogegen übrigens manche Entomologen streiten – so vertiefte er sich eiligst in das Studium derselben, worüber er eben so schnell vergaß, daß ein Kapitän Hull den »Pilgrim« commandirt hatte, und daß jener mit seiner Mannschaft elend umgekommen sei. Die Motte erfüllte alle seine Gedanken! Er bewunderte dieselbe nicht weniger und machte ebensoviel Aufhebens davon, als ob dieses jämmerliche Insect ein wahrer Goldkäfer gewesen wäre.
Das Leben an Bord nahm also wieder seinen gewöhnlichen Verlauf, obwohl Jedermann noch lange Zeit den schmerzlichen Eindruck jener traurigen und unerwarteten Katastrophe empfand.
Im Laufe dieses Tages mußte Dick Sand sich wirklich verdoppeln und Jedem seinen Platz anweisen, um gegen alle Vorfälle gerüstet zu sein. Die Neger kamen seinen Anordnungen voll Eifer nach. An Bord des »Pilgrim« herrschte die musterhafteste Ordnung. Man durfte sich also der Hoffnung hingeben, daß Alles noch glücklich ablaufen werde.
Negoro seinerseits machte keinen weiteren Versuch, sich der Autorität Dick Sand’s zu widersetzen. Er schien diese schweigend anzuerkennen. Da ihn seine Beschäftigung wie immer in der engen Küche zurückhielt, sah man ihn auch nicht häufiger als früher. Uebrigens war Dick Sand entschlossen, jenen beim geringsten Widerspruch, beim ersten Zeichen der Insubordination in den Raum des Schiffes für den Rest der Fahrt einzusperren. Auf das leiseste Zeichen von ihm hätte Herkules den Küchenmeister am Halse gepackt und unschädlich gemacht. In diesem Falle hätte Nan, welche ja die Küche verstand, die Functionen des Küchenmeisters übernommen. Negoro mußte sich also sagen, daß er keineswegs unentbehrlich sei, und da man ein scharfes Auge auf ihn hatte, schien er sich Mühe zu geben, jeden berechtigten Vorwurf von sich abzuhalten.
Der Wind nahm bis gegen Abend noch etwas zu, machte aber keinerlei Veränderung in der Segelstellung des »Pilgrim« nothwendig.
Während der Nacht pflegt man meistens die Segel etwas zu mindern und vorzüglich die höchsten derselben mindestens zu reesen. Es ist das ein Gebot der Klugheit, weil ein Schiff unversehens von einer starken Böe überrascht werden kann. Dick Sand glaubte aber, sich für heute dieser Vorsicht entschlagen zu können. Der ganze Zustand der Atmosphäre erschien nach keiner Seite drohend und überdies gedachte der junge Leichtmatrose diese erste Nacht auf dem Deck zu bleiben, aber auf Alles ein wachsames Auge zu haben. Ihm kam es vor Allem darauf an, möglichst schnell zu segeln, um bald in weniger verlassene Gegenden zu kommen.
Wir erwähnten schon, daß Log und Compaß die einzigen Instrumente waren, deren sich Dick Sand zur annähernden Schätzung des vom »Pilgrim« zurückgelegten Weges bedienen konnte.
Im Laufe dieses Tages ließ der Leichtmatrose das Log denn auch jede halbe Stunde auswerfen und notirte sich die durch das Instrument erhaltenen Angaben.
Bezüglich
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