Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
einmal.
    – Gewiß!« versicherte Herkules und nickte dazu mit dem Kopfe.
    Noch einmal streckte er nach vorn den Arm über Backbord aus.
    Der Leichtmatrose lugte in der bezeichneten Richtung aus – er sah nichts.
    Da kam auch Mrs. Weldon, welche Herkules’ Ausrufe gehört hatte, nach dem Verdeck, trotz ihres Versprechens, dasselbe nicht zu betreten.
    »Mistreß!…« rief Dick Sand.
    Da Mrs. Weldon sich nicht verständlich zu machen vermochte, suchte auch sie das von dem Schwarzen gemeldete Land zu erkennen und schien dabei wirklich ihr ganzes Leben in den Augen concentrirt zu haben.
    Herkules Hand mußte den betreffenden Punkt am Horizonte wohl nicht richtig andeuten, denn weder Mrs. Weldon, noch der Leichtmatrose waren im Stande, etwas zu entdecken.
    Plötzlich jedoch streckte auch Dick Sand die Hand aus und rief:
    »Ja! Ja! Land!«
    Durch eine Lichtung in den Dunstmassen zeigte sich eine Art Berggipfel. Seine Seemannsaugen konnten nicht trügen.
    »Endlich! rief er, endlich!«
    Er klammerte sich mit fieberhafter Kraft an die Schanzkleidung.
    Mrs. Weldon, welche Herkules unterstützte, blickte unausgesetzt nach dem fast unerwarteten Lande.
    Die mit einer hohen Bergspitze gekrönte Küste erhob sich etwa zehn Meilen backbordwärts unter dem Winde. Als ein weiterer Riß in den Wolken eine bessere Aussicht gewährte, erkannte man dieselbe deutlicher. Offenbar war das irgend ein Vorgebirge des amerikanischen Festlandes. Ohne Segel war der »Pilgrim« nicht im Stande, gerade auf jenes zuzuhalten, doch mußte er ja auf jeden Fall an dasselbe stoßen.
    Dieser Ausgang konnte nur die Frage von wenigen Stunden sein. Jetzt war es acht Uhr Morgens. Noch am Vormittag mußte der »Pilgrim« sicherlich am Lande ankommen.
    Auf ein Zeichen Dick Sand’s führte Herkules die Mrs. Weldon wieder nach dem Hinterdeck zurück, denn diese hätte bei dem Rollen und Stampfen des Schiffes hier kaum länger aushalten können.
    Noch einen Augenblick lang blieb der Leichtmatrose auf dem Verdeck, dann begab er sich nach dem Steuer zu dem alten Tom.
    Endlich sah er ja nun die so spät erkannte, so inständig ersehnte Küste vor sich, doch nicht ohne eine gewisse Empfindung von Angst und Schaudern.
    Unter den Verhältnissen, in welchen sich der »Pilgrim« befand, indem er vor einem Sturme floh, war Land unter dem Winde fast gleichbedeutend mit einem Schiffbruche und allen seinen Schrecken.
    Zwei Stunden gingen hin. Jetzt zeigte sich das Vorgebirge seitwärts des Schiffes.
    Da erschien Negoro auf dem Deck. Er betrachtete die Küste mit gespannter Aufmerksamkeit, bewegte den Kopf so wie Jemand, der ganz genau weiß, woran er ist, und verschwand dann wieder, nachdem er ein einziges Wort gemurmelt hatte, das indeß Niemand verstehen konnte.
    Dick Sand bemühte sich, das Gestade zu erkennen, welches sich seiner Annahme nach hinter dem Vorberge doch zeigen mußte.
    Wiederum enteilten zwei Stunden. Der Berg stand jetzt schon backbordwärts hinter ihnen, aber von einer weiteren Küste war noch nichts zu sehen.
    Da der Himmel sich am Horizonte klärte, hätte eine hohe Küste, wie diejenige Amerikas, neben welcher die gewaltigen Anden hinliefen, auf mehr als zwanzig Meilen sichtbar sein müssen.
    Dick Sand ergriff sein Fernrohr und suchte längs des ganzen östlichen Horizontes.
    Nichts! Er sah nichts mehr!
    Um zwei Uhr Nachmittags war jede Spur von Land hinter dem »Pilgrim« verschwunden. Nach vorwärts ließ auch das Fernrohr nirgends nur eine Linie einer hohen oder niedrigen Küste wahrnehmen.
    Ein unwillkürlicher Schrei entrang sich Dick Sand’s Lippen und schnell verließ er das Verdeck, um sich in die Cabine zu begeben, die Mrs. Weldon mit dem kleinen Jack, Nan und Vetter Benedict inne hatte.
    »Eine Insel war es! sagte er, nichts als eine Insel!
    – Eine Insel, Dick? Aber welche? fragte Mrs. Weldon.
    – Das wird uns die Karte lehren!« erwiderte der Leichtmatrose.
    Er entfernte sich einen Augenblick und brachte die Seekarte herbei.
    »Hier, Mistreß Weldon, sagte er, hier. Das Land, welches wir in Sicht hatten, kann nur dieser mitten im Pacifischen Ocean verlorene Punkt, nur die Osterinsel, gewesen sein! Es giebt keine andere in dieser Gegend.

    – Und diese haben wir schon hinter uns gelassen? fragte Mrs. Weldon.
    – Ja, sie liegt schon weit von uns im Winde!«
    Aufmerksam betrachtete Mrs. Weldon die Osterinsel, welche auf der Karte einen kaum bemerkbaren Punkt bildete.
    »In welcher Entfernung von der amerikanischen Küste liegt sie

Weitere Kostenlose Bücher