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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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man ihm nicht alle gegebenen Versprechungen hielt. Die Kautschuk-Gliedermännchen, die Kolibris – nichts von Allem wollte sich zeigen. Es war davon die Rede gewesen, ihm die herrlichsten Papageien der Welt zu weisen, welche in diesen üppigen Wäldern ja nicht fehlen konnten. Wo blieben doch die dieser Gegend eigenthümlichen Papageien mit grünem Gefieder, die Aras mit entblößten Wangen, langen zugespitzten Schwänzen und hellleuchtenden Farben, welche sich niemals auf die Erde setzen; jene mehr in Tropengegenden einheimischen Camindeen oder die farbenprächtigen Sittige mit befiedertem Gesicht, wo alle die geschwätzigen Vögel, welche nach den Sagen der Indianer noch die Sprachen der verschollenen Stämme sprechen?
     

    Ihr röthliches Fell leuchtete wie ein Feuer. (S. 203.)
     
    An Stelle der Papageien sah der kleine Jack nur aschgraue, rothgeschwänzte Jakos, welche in Massen unter den Bäumen umherschwärmten. Diese Jakos entbehrten für ihn aber des Reizes der Neuheit, da man dieselben in alle Theile der Welt übergeführt hat. Auf beiden Continenten schallt ihr unerträgliches Geschwätz durch die Häuser, und von der ganzen Familie, Psittacus« sind sie diejenigen, welche am leichtesten sprechen lernen.
    Wir müssen hier auch die Bemerkung einflechten, daß, wenn der kleine Jack unzufrieden war, auch Vetter Benedict sich nicht mehr befriedigt fühlte.
    Man hatte ihn unangefochten links oder rechts nebenherstreifen lassen, doch gelang es ihm niemals, ein Insect zu finden, das würdig gewesen wäre, seine Sammlungen zu bereichern. Selbst die Leuchtkäfer hüteten sich, des Abends zu erscheinen und ihn durch die Phosphorescenz ihres Brustschildes anzulocken. Die Natur schien den unglücklichen Entomologen ordentlich zum Narren zu haben, was ihm die Laune natürlicher Weise gründlich verdarb.
    Noch vier Tage lang ging die Wanderung nach Nordosten unter denselben Verhältnissen weiter. Am 16. April durfte man nur annehmen, etwa hundert Meilen Weges zurückgelegt zu haben. Wenn Harris sich nicht verirrt hatte – und das verneinte er mit Sicherheit – so befand sich die Hacienda de San Felipe nur noch zwanzig Meilen entfernt von dem heutigen Halteplatze. Vor Ablauf von achtundvierzig Stunden mußte die kleine Gesellschaft also ein bequemes Unterkommen finden, wo sie endlich nach so langer Mühsal ausruhen konnte
    Obschon man aber fast durch die ganze Mitte des Plateau gezogen war, begegnete man doch niemals einem Eingebornen oder einem Nomaden in dem endlosen Walde.
    Ohne ein Wort darüber verlauten zu lassen, bedauerte Dick Sand doch wiederholt, nicht an einer anderen Stelle der Küste gescheitert zu sein. Weiter nach Süden oder nach Norden zu konnte an Flecken, Dörfern oder einzelnen Ansiedelungen kein Mangel sein, und schon seit langer Zeit hätte Mrs. Weldon nebst ihren Gefährten ein schützendes Obdach gefunden.
    Erschien diese Gegend aber so menschenleer, so zeigten sich dafür in den letzten Tagen Thiere um so häufiger. Dann und wann vernahm man einen langen, kläglichen Schrei, der nach Harris von großen Faulthieren, »Ais« genannt, herrührte, den gewöhnlichen Gästen dieser ungeheueren Wälder.
    Während der Mittagsrast erscholl an diesem Tage plötzlich ein Pfeifen von so eigenthümlicher Art, daß es Mrs. Weldon nicht wenig beunruhigte.
    »Was war das? fragte sie, sich rasch erhebend.
    – Eine Schlange!« rief Dick Sand, der mit dem Gewehre in der Hand vor Mrs. Weldon Stellung nahm.
    Die Befürchtung lag ja ziemlich nahe, daß irgend ein Reptil unter dem hohen Grase bis zu dem Halteplatz herangeglitten war. Es hätte das recht wohl eine jener ungeheueren »Sucurus« sein können, d.h. eine Boa-Art, welche bis vierzig Fuß Länge erreichen.
    Harris rief jedoch Dick Sand, zu dessen Unterstützung die Neger schon herbeieilten, zurück und suchte Mrs. Weldon zu beruhigen.
    Seiner Aussage nach konnte jenes Pfeifen gar nicht von einer Sucuru herrühren, einfach deshalb, weil diese sich überhaupt nicht in dieser Weise hören lassen! Dagegen deute es auf die Anwesenheit gewisser, sehr unschuldiger Vierfüßler, welche hier sehr zahlreich vorkämen.
    »Beruhigen Sie sich also, sagte er, und machen Sie keine Bewegung, welche jene Thiere erschrecken könnte.
    – Was für welche sind es denn? fragte Dick Sand, der es sich einmal zur Gewissenspflicht gemacht hatte, dem Amerikaner, welcher sich übrigens niemals lange bitten ließ, auszufragen und zum Reden zu bewegen.
    – Das sind Antilopen,

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