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Ein Kapitän von 15 Jahren

Ein Kapitän von 15 Jahren

Titel: Ein Kapitän von 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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eben anbrechenden Tages, am Abend dieses 18. April, endlich in der gastlichen Hacienda de San Felipe eintreffen.
    Eine zwölftägige Reise, und zwölf unter freiem Himmel verbrachte Nächte, das mußte die Kräfte der Mrs. Weldon, trotz ihrer energischen Natur, doch zuletzt aufreiben. Für ein Kind war das natürlich noch schlimmer, und der Anblick des kleinen kranken Jack, dem es an der nothwendigsten Pflege fehlte, raubte ihr noch gänzlich die Ruhe. Dick Sand, Nan, Tom und seine Gefährten hatten die Mühseligkeiten der Reise besser überstanden.
    Wenn die Lebensmittel nun auch zu Ende gingen, so hatte es doch niemals an dem Nöthigsten gefehlt.
    Harris schien für die Beschwerden eines langen Weges durch die Wälder wie geschaffen; an ihm merkte man kaum eine Spur von Ermüdung. Nur glaubte Dick Sand zu bemerken, daß er, je näher man der Hacienda kam, minder unbefangen auftrat und sein Benehmen zurückhaltender wurde, während man doch eher das Gegentheil erwartet hätte. Das war wenigstens die Ansicht des jungen Leichtmatrosen, dessen Mißtrauen gegen den Amerikaner mehr und mehr zugenommen hatte. Und doch, welches Interesse konnte Harris wohl daran haben, sie zu täuschen? Dick Sand vermochte sich das zwar nicht zu enträthseln, doch beobachtete er ihren Führer stets mit ängstlicher Genauigkeit.
    Der Amerikaner bemerkte wahrscheinlich, daß Dick Sand ein wachsames Auge auf ihn hatte, und zweifelsohne war es dieses Mißtrauen, das ihn gegenüber seinem »jungen Freunde« mehr und mehr schweigsam machte.
    Die Wanderung ward wieder angetreten.
    In dem jetzt weniger dichten Walde standen die Bäume in Gruppen und bildeten keine undurchdringlichen Ansammlungen mehr. Erreichte man hier die wirkliche Pampa, von der Harris gesprochen hatte?
    Die ersten Stunden des Tages vergingen, ohne daß irgend ein Ereigniß Dick Sand’s Befürchtungen gesteigert hätte. Nur zweierlei fiel ihm auf. Vielleicht war Beides nur von untergeordneter Bedeutung, unter den gegebenen Verhältnissen aber erlangte jede Einzelheit für ihn eine gewisse Wichtigkeit.
    Zunächst erregte das Benehmen Dingo’s die besondere Aufmerksamkeit des jungen Leichtmatrosen.
    Wenn der Hund früher immer einer Fährte nachzuspüren schien, so ward er jetzt, und zwar ganz plötzlich, ganz anders. Bisher schnüffelte er stets am Erdboden hin, durchstreifte das Gras und die Büsche, verhielt sich dabei schweigend oder ließ nur ein klägliches Bellen hören, das mehr der Ausdruck eines Schmerzes oder Bedauerns zu sein schien.
    Heute schlug er dagegen laut, manchmal fast wüthend an, so wie damals als Negoro auf dem Verdeck des »Pilgrim« erschien.
    In Dick Sand stieg sofort ein Verdacht auf, der noch mehr bestätigt wurde, als Tom zu ihm sagte:
    »Das ist doch sonderbar, Herr Dick! Dingo schnüffelt heut nicht mehr an der Erde hin, wie er es noch bis gestern that. Er hebt die Nase und ist erregt; sein Fell sträubt sich auf! Man möchte sagen, er wittere von ferne…
    – Negoro, nicht wahr? fiel Dick Sand ein, indem er den Arm des alten Negers ergriff und ihm andeutete, nur leise zu sprechen.
    – Ja wohl, Negoro, Herr Dick, wäre es nicht denkbar, daß er unserer Fährte gefolgt wäre?
    – Gewiß, Tom, und noch dazu, daß er in diesem Augenblick nicht sehr entfernt ist.
    – Aber… weshalb? sagte Tom.
    – Entweder kannte Negoro dieses Land nicht, erwiderte Dick Sand, und dann lag es in seinem Interesse, uns nicht aus dem Gesichte zu verlieren…
    – Oder?… fragte Tom, den Leichtmatrosen fast ängstlich anblickend.
    – Oder, fuhr Dick Sand fort, er kannte es, und dann…
    – Doch wie sollte Negoro diese Gegend kennen? Er hat sie niemals gesehen!
    – Niemals gesehen? murmelte Dick Sand. Jedenfalls steht das Eine fest, daß Dingo sich so benimmt, als ob der von ihm gehaßte Mann sich uns genähert hätte!…«
    Er unterbrach sich, um den Hund zu rufen, der nach einigem Zögern herbeikam.
    »He, rief er, Negoro! Negoro!«
    Ein wüthendes Bellen war Dingo’s Antwort. Jener Name übte auf ihn den gewohnten Einfluß und er sprang voraus, als wäre Negoro hinter einem Gebüsche versteckt.
    Harris hatte den ganzen Auftritt mit angesehen. Mit fest aufeinander gepreßten Lippen näherte er sich dem Leichtmatrosen.
    »Was wollen Sie denn von Dingo? fragte er.
    – O, eigentlich gar nichts, antwortete scherzend der alte Tom. Wir fragten ihn nur um Nachricht über unseren früheren Schiffsgenossen, der uns verschwunden ist.
    – Ah so, entgegnete der

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