Ein Kater in geheimer Mission - Winston: [1]
Wohnung zwar streng verboten, doch ich habe beschlossen, dass hier ein Notfall vorliegt. Außerdem verrät mir ein sanftes Schnarchen auf der anderen Seite des Betts, dass Anna tief und fest schläft. Die wird nicht mit mir schimpfen.
»Ui! Das kitzelt!« Kira, die eben noch geweint hat, kichert jetzt ein bisschen. Dann streckt sie ihre Hände nach mir aus und streichelt mich.
Wie auf Kommando beginne ich zu schnurren. Wenn ich etwas gelernt habe über die Kommunikation mit dem Menschen, dann, dass er Bestätigung braucht. So kann man sich seinen Menschen am besten erziehen. Wenn er also etwas macht, was einer Katze gefällt, ist sie gut beraten, ihn dafür zu loben. Und Schnurren ist für den Menschen ein Lob – jedenfalls freuen sich die meisten darüber. Also schnurre ich, was das Zeug hält, und tatsächlich versiegen so langsam auch die letzten Schluchzer von Kira und sie nimmt mich auf den Arm.
»Du bist ja süß! Mama hat schon von dir erzählt!« Kira klingt gar nicht so wie Olga oder Anna. Sie rollt das R überhaupt nicht und insgesamt hört sich alles, was sie sagt, ein bisschen weicher an. Sie spricht also eher wie Werner – eben nur mit kindlicher Stimme. Ob die Menschen daran erkennen, woher jemand kommt? Bevor ich noch länger darüber nachdenken kann, krault mich Kira hinter den Ohren. Ich rekle mich und mache mich ganz lang, dann drehe ich mich auf den Rücken, damit mich Kira auch auf dem Bauch kraulen kann. Herrlich!
»Das gefällt dir, nicht wahr?«
Am liebsten würde ich Ja! rufen, aber weil das nicht geht, schnurre ich einfach noch lauter. Kira kommt mit ihrem Gesicht ganz nah an mich heran, dann vergräbt sie es in meinem Fell. Eine Weile hockt sie so gebeugt über mir, bevor sie sich wieder aufsetzt.
»Das tut gut. Weißt du, ich hatte heute einen ganz fürchterlichen Tag. Na ja, eigentlich eine ganz fürchterliche Nacht.« Ich rolle mich von ihrem Schoß und setze mich vor sie aufs Bett. Das klingt nach einer spannenden Geschichte. Vielleicht erzählt Kira sie, wenn ich aufmerksam genug gucke? Ich spitze die Öhrchen und mache mein schlaustes und interessiertestes Katzengesicht in der Hoffnung, dass Kira es trotz der Dunkelheit bemerkt.
»Du wirst echt nicht glauben, was mir passiert ist! Ich kann es ja selbst kaum glauben. Wenn du willst, erzähle ich es dir.«
Bingo, sie hat gemerkt, dass ich die Geschichte hören will! Dieses Mädchen hat offenbar einen Draht zu Katzen. Ich lege den Kopf auf ihren Schoß und lausche gespannt.
»Also, es war nämlich so: Ich war schon fast im Bett, als Vadim nach Hause kam. Vadim ist der Freund meiner Mama. Wir leben seit einem Jahr mit ihm zusammen. Oft ist er sehr nett, aber manchmal kann er total ausrasten. Und heute war wieder so ein Moment. Ich habe es schon gemerkt, als er zur Tür rein ist – er war angespannt wie ein Flitzebogen! Mama hat ihm von ihrem neuen Job erzählt, aber es war ihm völlig egal. Er war wütend, weil er sich mit einem Freund gestritten hatte. Richtig wütend! Ich habe mich schnell ins Bett verzogen, weil es nicht gut ist, da zu sein, wenn Vadim wütend ist. Dann hat er angefangen, sich mit Mama zu streiten. Er hat sie angebrüllt. Ich habe mir die Bettdecke über den Kopf gezogen, aber ich habe trotzdem alles mitbekommen.«
Menschen, die rumschreien, kann ich persönlich nicht leiden. Mein Gehör ist nämlich ausgezeichnet. Es ist überhaupt nicht nötig, laut zu werden, wenn man mir etwas erzählen will. Zum Glück kenne ich so gut wie niemanden, der diese Unart pflegt. Werner sagt immer, wenn die Studenten zu laut werden, muss man selbst leiser werden. Dann hören sie einem zu. Recht hat er – wenn er flüstert, höre ich auch besser hin.
»Dann hat es irgendwann an unserer Wohnungstür geklingelt. Und zwar nicht nur einmal, sondern ununterbrochen.«
Tja, was soll ich sagen? Das kommt mir nun sehr bekannt vor.
»Vadim hat aber nicht aufgemacht und meine Mama auch nicht, weil Vadim es ihr verboten hat. Und man hält sich besser daran, was Vadim sagt. Vor allem, wenn er sauer ist.«
Brrrr, das scheint ja ein sehr unangenehmer Zeitgenosse zu sein! Meine Nackenhaare stellen sich auf. Rumschreien und dann auch noch andere rumkommandieren, das geht gar nicht! Gerade als Katze kann ich mit so einem Verhalten überhaupt nichts anfangen. Wäre ich ein Hund, würde das vielleicht anders aussehen. Ich glaube nämlich, dass sich Hunde ganz gern von Menschen rumscheuchen lassen. Aber eine Katze: niemals! Ich schnurre ein
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