Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)
sanft, aber entschlossen auf ihre Wirbelsäule. Ihr Atem vermischte
sich mit seinem, als er das Gesicht kaum merklich auf ihres senkte.
Sie hatten wie versteinert dagestanden, einander verwundert angeschaut. Er blinzelte verwirrt, schien fieberhaft zu überlegen und doch zu keinem Schluss zu kommen.
Dann plötzlich, als realisierte er unvermittelt die Brisanz der Situation, hatte er den Kopf gesenkt.
Sein Mund streifte den ihren wie ein sanfter Hauch. Und verweilte. Forderte. Teilte ihre Lippen. Als sich ihre Zungenspitzen berührt hatten, war ein elektrisierendes Prickeln durch ihrer beider Körper gefahren.
Er hatte sie ungewollt schlagartig losgelassen und war einen Schritt zurückgetreten. Sie war völlig aufgelöst in Tränen ausgebrochen, woraufhin sein Herz sich schmerzvoll zusammengekrampft hatte. Er machte sich die bittersten Vorwürfe. »Shelley …«
Sie hatte sich auf dem Absatz umgedreht und war aus dem Zimmer geflüchtet.
Die Fahne weiterhin unter den Arm geklemmt, war sie kopflos aus der Sporthalle hinaus und zu dem Wagen ihres Vaters gerannt. Als ihre besorgten Eltern sie eine halbe Stunde später zusammengekauert auf der Rückbank fanden, hatte Shelley ihnen vorgemacht, dass ihr entsetzlich übel geworden wäre.
»Ich habe Sie an diesem Abend fürchterlich erschreckt«, räumte Grant eben ein. Seine Hand lag dicht neben ihrer auf der Tischplatte. Wenn er seinen kleinen Finger ausstreckte, würde er Shelley zwangsläufig berühren. Aber nichts dergleichen.
»Das kann man wohl sagen.« Ihre Stimme klang seltsam hohl in ihren Ohren. »Damals hab ich meinen
Eltern vorgemacht, ich wäre krank. Die drei Tage bis zu den Weihnachtsferien war ich im Bett, um nicht mehr in die Schule zu müssen.« Sie lächelte gequält.
Offen gestanden hatte sie völlig verstört im Bett gelegen und sich das Hirn zermartert, warum sich dieses komische Engegefühl in ihrer Brust einschlich, sobald sie nur daran dachte, wie Mr. Chapman sie geküsst hatte. Wenn ihr Freund zärtlich mit ihr hatte werden wollen, war sie meistens nur wütend geworden. Aber bei Mr. Chapman hätte sie viel darum gegeben, dass er sie berührte. Sie streichelte. Verwöhnte. Mit zärtlichen Händen ihre Brüste umschloss. Deren Spitzen umkreiste. Dass er sie an den geheimsten Stellen küsste. An diesem Punkt hatte sie vor Scham jedes Mal heiße, dicke Tränen in ihr Kopfkissen geweint.
»Nicht nur Sie waren fürchterlich erschrocken. Ich hatte ehrlich gesagt eine Mordspanik«, gestand Grant leise. Shelley musterte ihn fragend. »Können Sie sich vorstellen, was eine kleine Gemeinde wie Poshman Valley mit einem Lehrer gemacht hätte, wenn herausgekommen wäre, dass er eine seiner Schülerinnen geküsst hat? Da hätte ich mir gleich den Strick nehmen können. Gottlob hat uns keiner gesehen an dem Abend. Glück für Sie und für mich. Aber immerhin konnte ich gehen. Sie nicht.«
»Stimmt, Sie sind gleich danach weggezogen.« Sie hatte dem Ende der Ferien regelrecht entgegengebangt. Innerlich hatte sich alles in ihr gesträubt, ihn wiedersehen zu müssen. Allerdings hatte sich noch vor dem ersten Schultag herausgestellt, dass Mr. Chapman künftig nicht mehr in Poshman Valley unterrichtete. Er hatte zwischenzeitlich gekündigt, nachdem ihm eine
Stelle als politischer Berater in Washington D.C. angeboten worden war. An der Schule war ohnehin allen klar gewesen, dass er den Lehrerjob nur so lange ausüben würde, bis man ihn in die Hauptstadt holte. Aber dass es so schnell ginge, damit hatte niemand gerechnet.
»Ja. Ich war während der Ferien in Oklahoma City, um dort ein paar alte Kontakte zu pflegen. Und kräftig auf den Putz zu hauen. Bis man mir schließlich einen Job zuschanzte. Ich hätte unter gar keinen Umständen zurück an die Highschool gekonnt.«
»Wieso?«
Seine malachitfarbigen Augen bohrten sich in ihre. Dann erwiderte er mit ruhiger, eindringlicher Stimme: »Damals waren Sie vielleicht noch so naiv, Shelley, aber jetzt doch nicht mehr, oder? Sie begreifen doch sicher, warum ich dort kündigen musste. Dieser Kuss war alles andere als freundschaftlich. Mir wäre nicht im Traum eingefallen, Ihnen zu nahezutreten, geschweige denn Sie zu küssen. Bitte glauben Sie mir das. Ich hatte nie irgendwelche Hintergedanken bei Ihnen oder bei einer der anderen Schülerinnen. Aber als ich sie umarmt habe, ist es eben passiert. Unvermittelt waren Sie nicht mehr meine Schülerin, sondern eine junge, begehrenswerte Frau. Vermutlich hätte ich Sie
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