Ein Kuss für die Ewigkeit: Roman (German Edition)
seinen Mund und die steile Falte zwischen seinen Brauen. Er hatte viel durchgemacht. Wusste um die infamen Gerüchte, die über ihn verbreitet wurden. Wenn er es mit einem romantischen
Flirt versucht hätte, hätte sie ihn vermutlich abgewimmelt. Ganz bestimmt sogar.
Aber eine platonische Freundschaft mit ihr? Diesen kleinen, mitleiderregenden Wunsch konnte sie ihm gewiss nicht abschlagen. Sicher, er besaß einen gewissen Bekanntheitsgrad. Und war wiederum Opfer seiner eigenen Berühmtheit. Menschen wie er waren für gewöhnlich nicht mit Leuten befreundet, die sich ihre Brötchen mit profaner Arbeit verdienen mussten. Da kannte die Solidarität dann doch Grenzen. Trotzdem stand eins für sie fest: Er war einsam.
In seinem erwartungsvollen, angespannten Blick lag eine leichte Unsicherheit. »Also gut, von mir aus«, räumte sie sanft ein und lief wieder los.
Grant folgte ihr. »Worin wollen Sie eigentlich Ihren Abschluss machen?«
»In Betriebswirtschaft.«
Er blieb stehen. »Betriebswirtschaft ?«
Sie blieb ebenfalls stehen. »Ja, Sie haben richtig gehört. Was hatten Sie denn gedacht? Hauswirtschaft?« In ihrer Stimme lag eine unmissverständliche Schärfe. Zu ihrer Verblüffung brach er in schallendes Gelächter aus.
»Nein, ich bin bestimmt kein Chauvinist. Ich kann Sie mir bloß nicht recht vorstellen im grauen Nadelstreifenkostüm und so …«
»Nur über meine Leiche.« Sie entspannte merklich. Sie gingen weiter. »Ich möchte mich auf Finanzdienstleistungen für Frauen spezialisieren. Viele Banken haben heutzutage entsprechende Abteilungen eingerichtet. Denken Sie beispielsweise an die selbstständigen Unternehmerinnen oder an Geschiedene und Witwen,
die zum ersten Mal ihr Geld eigenverantwortlich verwalten müssen. Die wissen oft nicht einmal, wie man ein Konto eröffnet oder ein Darlehen beantragt.«
»Da haben Sie meine volle Zustimmung.« Er klopfte ihr anerkennend auf die Schulter. »Ich halte das für eine tolle Idee.«
»Danke, Sir.« Sie verneigte sich spöttisch vor ihm.
Auf den Straßen war es menschenleer. Die Sonne war hinter Gresham Hall untergegangen, der Himmel in ein verwaschenes Blau getaucht. Das herbstlich bunte Blätterdach von Eichen und Ulmen spannte sich lauschig über den Gehweg, und zwei Verliebte hatten der romantischen Aura wohl nicht widerstehen können.
Grants und Shelleys Schritte hallten dumpf auf dem laubbedeckten Pflaster. Derweil näherten sie sich dem Paar, das sich offenbar nicht stören ließ. Die junge Frau lehnte mit dem Rücken an einem Baumstamm, in inniger Umarmung mit einem jungen Mann. Seine Schenkel pressten sich an ihre, während sie sich leidenschaftlich küssten.
Als Shelley heimlich zu den beiden hinüberlinste, gewahrte sie, wie der Mann kaum merklich die Hüften kreisen ließ, worauf die Hände der Frau zu seinem Po glitten und ihn fester an sich schmiegten. Unvermittelt schoss Shelley die Schamesröte ins Gesicht. Aus dem Augenwinkel heraus spähte sie hinüber zu Grant, der sie – o Schreck! – interessiert beobachtete. Er grinste scheinheilig und ging schneller, bis sie das entrückte Liebespaar hinter sich gelassen hatten.
»Haben Sie noch einen Nebenjob?«, fragte Grant, um die peinliche Situation zu entspannen.
»Nein, ich konzentriere mich ganz auf mein Studium.
Das Geld reicht einigermaßen aus, um nicht arbeiten zu müssen.«
»Bekommen Sie Unterhalt von Ihrem geschiedenen Mann?«
Sie sprach nur ungern über ihre Scheidung, aber seltsamerweise machte ihr Grants Frage nichts aus. Im Grunde genommen war sie froh, dass sie den ganzen Trennungszirkus endlich hinter sich hatte. Es war eine schlimme Zeit für sie gewesen. Unterschwellige Schuldgefühle blieben freilich, aber damit musste sie leben. »Ja, aber nur solange ich studiere. Ich wollte nicht, dass Daryl für mich zahlen muss, fand jedoch, dass er mir eine Ausbildung schuldig ist. Wir sind dann nach langem Hin und Her zu einer für beide Seiten akzeptablen Einigung gelangt.«
»Erlauben Sie mir die Frage, was Ihrer Meinung nach schiefgelaufen ist?«
»Die Ehe war ein Fehler und wurde nach fünf Jahren geschieden.«
Sie überquerten eine weitere einsame Straße, bevor er den Gesprächsfaden wieder aufnahm: »Keine weiteren Einzelheiten?«
Shelley sah ihn beschwörend an. »Also, bitte.«
»Okay, okay. Tut mir leid. Geht mich ja auch nichts an. Trotzdem – ich finde, dass der Mann ein ausgemachter Idiot ist. Sollte ich ihn wider Erwarten kennen lernen, werde ich ihm das
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