Ein Kuss und Schluss
deinen Bruder zu stellen und für mich zu kämpfen, hast du klein beigegeben. Was passiert also beim nächsten Mal, wenn du dich zwischen mir und deinem Job oder deiner Familie entscheiden musst?«
Er kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Wir müssen reden. In meinem Haus.«
»Nein. Wir haben nichts mehr zu bereden.«
»Renee, hör mir bitte einfach nur ...«
»Alex weiß bereits von meinen Jugendstrafen. Erinnerst du dich, wie viel Wirbel er darum gemacht hat? Jetzt stell dir vor, was passiert, wenn der Rest deiner Familie davon erfährt. Ich bin überzeugt, dass sie die Neuigkeit genauso begeistert aufnehmen werden.«
»Es ist mir egal, was meine Familie denkt.«
»Falsch. Es ist für dich sehr wichtig, was sie denkt, sonst hättest du mich gestern Abend nicht weggebracht.«
»Seit gestern Abend hat sich eine Menge geändert.«
»Tatsächlich? Du glaubst also, du kannst deiner Familie einfach sagen, dass ich unschuldig bin? Wir lassen die Jugendstrafen unter den Tisch fallen und hoffen, dass sie sich nicht weiter dafür interessiert?«
»Renee ...«
»Nun, ich habe eine Neuigkeit für dich. Sie wird sich brennend dafür interessieren. Für Alex werde ich bis zum Tag meines Todes eine Kriminelle sein. Und was ist mit Dave? Was wird er von einer Frau halten, die als Jugendliche straffällig geworden ist? Ach, was rede ich da? Ich habe Brenda völlig vergessen! Wenn ich bei der nächsten Familienmahlzeit auftauche, hat sie wahrscheinlich eine Maschinenpistole dabei, mit der sie mir das Gehirn wegpustet ...«
»Renee!«, rief John. »Könntest du bitte mal für nur eine Minute still sein!«
Sie funkelte ihn an.
»Du kommst jetzt mit zu mir nach Hause.«
»Ich glaube nicht, dass ich das tun werde.«
»Ich habe dich nicht gebeten, es zu tun. Ich habe dir gesagt, was du tun sollst.«
»Ach ja?«
»Ja.«
Bevor sie reagieren konnte, war er aufgestanden, hatte ihren Arm gepackt und sie über seine Schulter geworfen. Nach einigen Sekunden der maßlosen Verblüffung setzte ihre Wut ein. Sie strampelte und schrie, aber er ließ nicht locker. Sein Arm hatte ihre Schenkel fest im Griff. Er trug sie quer durch den Club, an den neugierigen Augen sämtlicher Transvestiten der Stadt vorbei, und ermöglichte ihnen einen ungehinderten Blick unter ihren Mikrominirock, worauf allen Anwesenden klar werden musste, dass sie sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen Zutritt verschafft hatte. Er schob sich mit ihr durch die Eingangstür und ging die Straße hinunter, bis er sie vor der Beifahrertür des Explorers abstellte. Dann öffnete er den Wagen.
»Steig ein!«
»Vergiss es.«
»Renee ...«
»Ich sagte Nein!«
Er machte einen Schritt auf sie zu, drängte sie rückwärts gegen den Wagen, nahm ihren Kopf in die Hände und küsste sie.
Es geschah so schnell, dass Renee keine Gelegenheit mehr hatte, nach Luft zu schnappen. Seit gestern Abend hatte sie mindestens hundertmal davon geträumt, von ihm geküsst zu werden, genauso wie jetzt, heiß und leidenschaftlich. Als aus der Fantasie plötzlich Wirklichkeit wurde, war sie jedoch geschockt. Sie wusste, dass sie sich von ihm losreißen und protestieren sollte. Sie durfte sich nicht von ihm verführen lassen, weder mit Worten noch mit Küssen, weil sie sich nicht auf ihn verlassen konnte, wenn es drauf ankam.
Bald aber hatte sich jede Neigung, sich gegen ihn zu wehren, verflüchtigt, und sie gab sich ganz ihren Empfindungen hin.
Endlich löste er sich von ihr. Ihre Lippen brannten, und sie schnappte keuchend nach Luft. Sie fühlte sich so benommen, dass sie befürchtete, jeden Augenblick in Ohnmacht zu fallen.
»Steig ein.«
Ihr war immer noch leicht schwindelig, als sie sich auf den Beifahrersitz plumpsen ließ und er hinter ihr die Tür zuschlug. Er setzte sich ans Lenkrad, startete den Motor und fuhr los. Während der Fahrt beschleunigte er bis zur Höchstgeschwindigkeit und sagte kein Wort, sondern starrte nur geradeaus, mit dem Ausdruck eines Mannes, der eine wichtige Mission hatte, was sie sehr nervös machte.
Plötzlich erinnerte sie sich daran, wie er sie das erste Mal statt zur Polizeiwache in sein Haus geschleift hatte. Er hatte sie durch die Küche in sein Schlafzimmer geführt und dann ...
O nein! Er dachte sicher nicht daran, es wieder zu tun!
Oder?
»John?«, sagte sie matt. Sie wusste, dass er wesentlich stärker als sie war und sie in einem solchen Fall nicht in der Lage wäre, sich gegen ihn durchzusetzen. »Wo sind deine Handschellen?«
Er
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