Ein Kuss zum Dessert (German Edition)
dachte Blake. „Das habe ich auch gehört, Miss Lyndon, und mich interessiert eben nur das Beste.“
„Also?“ June stützte den Ellbogen auf die Rückenlehne des Sofas und legte dann ihren Kopf seitlich in die Hand. „Und wie interessiere ich Sie, Mr. Cocharan?“ Sie wusste, dass ihre Frage sehr zweideutig war, aber sie konnte sich nicht zurückhalten. Wenn eine Frau in ihrem Berufsleben immer wieder Risiken einging und auch immer wieder experimentierte, so färbte das wohl auch auf ihr Privatleben ab.
Sechs verschiedene Antworten kamen Blake in den Sinn, aber keine von ihnen hatte etwas mit dem Grund seines Besuchs zu tun. „Die Restaurants in den Cocharan-Hotels sind bekannt für Qualität und Service. In letzter Zeit scheint unser Restaurant hier in Philadelphia allerdings in beidem ein wenig zu kurz zu kommen. Ehrlich gesagt, Miss Lyndon, mein Eindruck ist, dass das Essen ein wenig zu gewöhnlich, zu langweilig geworden ist. Ich habe die Absicht, das Restaurant umzugestalten, sowohl äußerlich als auch, was die Besetzung betrifft.“
„Sehr klug. Genau wie manche Menschen werden auch Restaurants ab und zu sehr selbstgefällig.“
„Ich möchte den besten Küchenchef einstellen.“ Er warf ihr einen prüfenden Blick zu. „Und meine Nachforschungen haben ergeben, dass Sie das sind.“
June zog überrascht eine Augenbraue hoch. „Das ist sehr schmeichelhaft, aber ich arbeite freiberuflich, Mr. Cocharan. Und ich habe mich spezialisiert.“
„Sicher, aber Sie haben auch Erfahrung in all den anderen Sparten der Haute Cuisine. Und was Ihre freiberufliche Arbeit betrifft, Sie würden genügend Spielraum haben, diese Arbeit weiterzuführen, wenigstens nach den ersten Monaten. Sie brauchten nur Ihre eigenen Leute anzulernen und eine Menükarte zu kreieren. Ich halte nicht viel davon, einen Experten einzustellen und diesem dann hineinzureden.“
June sah ihn mit gerunzelter Stirn an. Das Angebot war verlockend, wirklich sehr verlockend. Vielleicht war es nur die Müdigkeit von ihrer Reise nach Italien, die ihr seinen Vorschlag noch verlockender erscheinen ließ. Nur für die Zubereitung eines einzigen Gerichtes durch die halbe Welt zu fliegen, konnte schon ermüdend sein. Sie hatte das Gefühl, er habe ihr zur richtigen Zeit den richtigen Vorschlag gemacht, um ihr Interesse zu wecken, sich für eine bestimmte Zeit nur auf eine Küche zu konzentrieren.
Wenn sie ehrlich war, würde das eine sehr interessante Arbeit werden können. Wenn er es ernst meinte, dass er ihr freie Hand ließ, könnte sie die Küche und auch den Speiseplan in einem alten, wohlangesehenen Hotel völlig umgestalten. Es würde vielleicht sechs Monate Anstrengung kosten, und dann … Es war dieses „und dann“, das sie zögern ließ. Wenn sie wirklich so vielZeit und Energie in einen Job steckte, der sie voll beanspruchen würde, hätte sie dann noch Zeit genug für das Außergewöhnliche? Auch darüber musste sie nachdenken.
Außerdem, wenn sie sich wirklich auf nur ein einziges Restaurant konzentrieren wollte, konnte sie ohne Weiteres ein eigenes Restaurant eröffnen, überlegte sie. Sie hatte mit diesem Gedanken noch nicht gespielt, weil sie dann zu sehr gebunden wäre, an einen Ort und auch an ein Projekt. Sie zog es vor zu reisen, ein einziges Gericht zuzubereiten und dann weiterzureisen, zum nächsten Land, zur nächsten Spezialität. Das war ihr Stil. Und warum sollte sie den jetzt ändern?
„Ein sehr schmeichelhaftes Angebot, Mr. Cocharan …“
„Dazu ein sehr lukratives“, unterbrach er sie, weil er bemerkt hatte, dass das der Beginn einer ablehnenden Antwort sein sollte. Ganz lässig nannte er ein sechsstelliges Jahresgehalt, das June für einen Augenblick sprachlos machte.
„Und sehr großzügig“, stellte sie fest, als sie die Sprache wiedergefunden hatte.
„Man bekommt nicht das Beste, wenn man nicht auch gewillt ist, dafür zu bezahlen. Ich möchte, dass Sie darüber nachdenken, Miss Lyndon.“ Er zog einige Papiere aus seinem Aktenkoffer hervor. „Das ist der Entwurf eines Vertrages. Vielleicht möchten Sie, dass Ihr Anwalt sich das einmal durchliest. Natürlich können wir über alle Punkte noch verhandeln.“
June wollte sich diesen verflixten Vertrag nicht ansehen, weil sie das Gefühl hatte, in eine Ecke getrieben zu werden – eine sehr bequeme Ecke. „Mr. Cocharan, ich schätze Ihr Interesse, aber …“
„Nachdem Sie sich den Vertrag angesehen haben, möchteich mich gern noch einmal mit Ihnen
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