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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Gercke
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ihm das Volk gab, war Inyathi, der Büffel. Inyathi, der die Bäume zum Zittern bringt, die Erde zum Beben, Inyathi, der dunkle Schatten im Grün des Buschs. Inyathi, das angriffslustigste Tier Afrikas.
    Die weißen Afrikaner aber nannten ihn den Rattenfänger, denn verführerisch waren seine Worte, mit denen er lockte, süß seine Versprechungen. Und grausam seine Handlungen. Ein Schauer ließ ihr die Haare zu Berge stehen. Schon immer umgaben ihn Gerüchte wie eine stinkende Wolke. Viel wurde darüber gemunkelt, doch keiner wusste Genaues, niemand hatte ihn gesehen. Popi Kunene war ein Trugbild. »Hast du ihn selbst gesehen, oder ist es nur ein Gerücht?«
    Angelica atmete heftig. »Ich habe ihn nicht selbst gesehen«, gab sie endlich zu, »aber die Einzelheiten, die ich gehört habe, lassen darauf schließen, dass all dies wahr ist. Marian rief mich an, sie hat es von Freunden, die auf einer Farm am Limpopo sitzen. Popi ist über die Grenze aus Simbabwe gekommen und zieht durch die Dörfer, begleitet von einer johlenden Menge!«
    Noch lange, nachdem sie aufgelegt hatte, lag Jill wach. Diese Gerüchte entstanden wie Grasbrände, dachte sie, das war normal. Irgendwo glomm ein winziger Funke, lief von Haus zu Haus, sprang von Farm zu Farm, glühte auf, und schon, genährt von der Angst, die alle Farmer beherrschte, schlugen Flammen hoch und verbreiteten sich zu einem Flächenbrand. Bei jeder anderen hätte sie den Anruf als Wichtigtuerei abgetan, bei Angelica war es etwas anderes.
    Der Gedanke an Popi verfolgte sie erbarmungslos, und der Schlaf kam erst nach Stunden. Jetzt aber, im weichen Licht des Tagesanbruchs, verblasste sein Bild, liefen ihre Gedanken in logischen Bahnen, hatte sie Schwierigkeiten nachzuvollziehen, welchen Weg das Gerücht genommen hatte. Leute, die am Limpopo lebten, hatten es Marian erzählt, die es dann an Angelica weitergab? Wer weiß, ob die ihn tatsächlich gesehen hatten oder auch nur von ihm gehört. Blackie Afrika. Das klang wie eine Pop-Gruppe. Sie musste lächeln.
    Außerdem hatten sich die Angriffe auf Farmer bisher auf die nördlichen Provinzen und den Oranje-Freistaat konzentriert. Auch in Natal waren einige Farmer überfallen und getötet worden, aber nicht alle zwei Tage, wie im Norden. Die Region um den Little Letaba war mehr als dreihundert Kilometer von ihrer Farm entfernt, und dazwischen lag als Puffer das Königreich Swaziland. Weit weg. Woanders, und nur ein Gerücht. Es war nichts, was sie betraf.
    Lustvoll streckte sie sich und erlaubte sich für einen köstlichen Augenblick, mit geschlossenen Augen liegen zu bleiben, nur daran zu denken, dass sie übernächste Woche heiraten würde.
    Da spürte sie es. Unten rechts, oberhalb der Leistenbeuge, ein sanftes Flattern, ganz kurz nur, wie der weiche Flügelschlag eines Schmetterlings. Sie legte ihre Hand auf ihre nackte Bauchhaut und wartete, atmete nur ganz sanft. Und da war es wieder, ganz deutlich fühlte sie es unter ihren Fingerspitzen. Das Baby? Sie nahm die Finger zur Hilfe, um nachzurechnen. Anfang sechzehnter Woche. Fühlte man sein Baby schon so früh? Sie musste Angelica fragen, die ihr Kind vor acht Monaten bekommen hatte, als Erste in ihrem Freundeskreis.
    Nur einmal hatten Martin und sie nicht aufgepasst, ihr wurde heiß, als sie an den kühlen Juliabend vor dem flackernden Kamin in seinem Elternhaus dachte. Neun Monate hatten sie sich nicht gesehen, an dem Tag war er nach Abschluss seines Studiums endgültig aus Deutschland zurückgekehrt. Sie standen einander gegenüber, ihre Blicke, mit denen sie sich umfingen, spürte sie wie Liebkosungen. Die Luft zwischen ihnen knisterte. Wer wen zuerst berührte, daran erinnerte sie sich nicht, nur an das Feuerwerk, das folgte. Allein der Gedanke ließ eine wollüstige Wärme durch ihre Glieder strömen. Sie räkelte sich träge, dachte daran, dass sie die ersten Anzeichen nur als Unregelmäßigkeit ihres Zyklus eingeschätzt hatte. Erst seit vier Wochen wusste sie es, hatte kaum geschlafen, nachdem sie den zweiten blauen Strich auf dem Teströhrchen entdeckt hatte.
    Mit angehaltenem Atem hatte sie es gedreht und gewendet, gegen das Licht gehalten. Es veränderte sich nichts. Zwei deutliche blaue Striche. Aufgelöst war sie hinaus auf die Veranda gerannt und hatte in den afrikanischen Sternenhimmel geschaut. Das raue Terrakottapflaster unter ihren nackten Füßen war feucht vom Tau, Amatungulublüten erfüllten die Luft mit schwerer Parfumsüße, die Paarungsrufe der

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