Ein Leben als Geist (Romeo & Julian) (German Edition)
den Sand unter ihm. Julian zwang sich, sich noch etwas länger auf ihn zu konzentrieren und ging vorsichtig auf ihn zu. Er versetzte der Hand und der Waffe, die sie noch immer umklammert hielt, einen kräftigen Tritt, der Barnes einen weiteren schmerzerfüllten Aufschrei entlockte und die Waffe ein gutes Stück wegschleuderte. Sie landete weit außerhalb Barnes’ Reichweite. Selbst wenn er es schaffen sollte, wieder auf die Beine zu kommen, würde das wohl kaum innerhalb der nächsten zehn Minuten geschehen und ohnehin war Barnes mit einer Kugel in der Schulter keine große Bedrohung mehr.
Krank vor Angst ging Julian die wenigen Schritte, die ihn von Romeo trennten. In dem Versuch, Barnes’ Kugel auszuweichen war er gute anderthalb Meter von seiner vorherigen Position entfernt. Nicht schlecht für einen Sprung aus kniender Haltung. Nicht schlecht, aber vielleicht nicht gut genug. Es hatte zwei Schüsse gegeben, dessen war Julian sich sicher, aber er hatte nicht gesehen, wo Barnes’ Kugel eingeschlagen war. Und Romeo lag mit dem Gesicht nach unten reglos auf dem Boden.
Neben Romeo gehockt, streckte Julian eine zitternde Hand aus und berührte ihn vorsichtig an der Schulter. „Romeo, Baby. Kannst du mich hören? Kannst du dich bewegen? Bist du—“
„Wenn du nicht sofort die Hand von meiner Schulter nimmst, wird es dir verdammt leidtun!“ fauchte Romeo und richtete sich zu seiner vorherigen knienden Position auf. Seine Bewegungen waren erstaunlich elegant wenn man bedachte, dass er seine Arme nicht einsetzen konnte und auch noch ziemliche Schmerzen in der Schulter haben musste.
„Oh. Tut mir leid“, antwo rtete Julian automatisch dann. Als er realisierte, dass es Romeo anscheinend gut ging und er zumindest keine Kugel abbekommen hatte, vergaß er alle Vorsicht und umarmte ihn fest. „Verdammt, zwing mich nie wieder, sowas zu tun!“ stöhnte er in Romeos warme, wunderbar vertraute Halsbeuge.
„Das habe ich nicht vor“, murmelte Romeo. Er klang wesentlich sanfter als noch vor wenigen Sekunden, doch er hob bereits den Kopf und entzog sich Julians Umarmung. „Hast du den Mistkerl umgebracht?“
„Nee.“ Julian gab ihn frei und packte ihn bei den Jackenaufschlägen, eine wenig elegante aber recht effektive Methode, ihm auf die Beine zu helfen. „Ich bezweifle aber, dass er seine Schulter in der nächsten Zeit einsetzen kann.“
„Gut. Das hat er auch verdient.“
„Was ist mit deinem Arm? Ist er—“
„Gebrochen, ja.“ Romeo schnitt eine Grimasse. „Er hat ein paar echt miese Bewegungen drauf, das muss man ihm lassen.“
„Ich weiß.“ Julian nickte. „Er war Klassenbester in Selbstverteidigung und Nahkampf. Du hast Glück gehabt, dass der Rest von dir noch in einem Stück ist.“
„Hm. Sowas in der Art dachte ich mir schon. Der Mistkerl hat mich mit einer Eisenstange überrascht“, grummelte Romeo und trat neben Barnes, der sich noch immer am Boden wand. Das Blut, das aus seiner Schulter quoll, hatte schon eine beängstigend große Lache um ihn herum gebildet.
„Meinst du, wir sollen noch ein bisschen warten, bevor wir Verstärkung anfordern?“ fragte Romeo mit untypischer Kälte. Barnes sah zu ihm auf. Panik stand ihm ins blasse, schweißnasse Gesicht geschri eben, doch Julian wusste, dass Romeo es nicht ernst meinte.
„Sie müssten jeden Moment hier sein“, flüsterte er, gerade laut genug, d amit Romeo es hören konnte. Barnes konnte ruhig noch ein bisschen länger mit den schlimmsten Befürchtungen leben.
„Nimmst du mir die jetzt ab?“ fragte Romeo. Er hob die Hände um Julians Aufmerksamkeit auf seine Handschellen zu lenken.
Julian sah ihn nachdenklich an. „Ach, weißt du, ich denke wir lassen sie noch ein bisschen an. Es ist schon eine ganze Weile her seit ich dich zuletzt in Handschellen gesehen habe und ich würde den Anblick gerne noch ein wenig länger genießen. Ich könnte mich da wirklich dran gewöhnen.“
„Du kleiner Scheißer!“ knurrte Romeo, die Augen in ungläubiger Wut zusammengekniffen. „Zieh sie mir aus!“
„Nee“, antwortete Julian, gleichermaßen amüsiert von Romeos plötzlichem Wutanfall und erregt von der Szene in seinem Kopf. Er lehnte sich zu Romeo und senkte die Stimme zu einem intimen Flüstern. „Ich muss schon sagen, ich seh’ dich gerne in Handschellen und hilflos. Denk nur an all das, was ich mit dir tun könnte.“
„Was denn? Mir wieder den Po versohlen?“ Romeo klang atemlos, also hatte er anscheinend verstanden, was
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