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Ein leicht versalzenes Jahr

Ein leicht versalzenes Jahr

Titel: Ein leicht versalzenes Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frieda Lamberti
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ohne Liebe ist nicht wahrhaftig.«
   »Du kennst Gerald nicht. Dort wo andere ein Herz haben, hat er eine Registrierkasse.«
Jetzt mische ich mich ein und widerspreche ihr entschieden, obwohl es bekanntlich nicht meine Art ist.
   »Gerald hat dich gern und du warst ganz verrückt nach ihm. Muss ich dich tatsächlich an die Zeit deiner Mittwoch Auslieferungen erinnern? Er mag mit seinen Überraschungen nicht immer deinen Geschmack getroffen haben, aber er hat sich stets ehrlich um dich bemüht. Ich sehe ihn noch in meiner Küche sitzen, wie er sich den Kopf darüber zermartert hat, womit er dir zum Valentinstag eine Freude machen kann. Ich sage es nicht gern, aber du tust ihm gewaltig Unrecht.«
   »Er kümmert sich einen Dreck um mich.«
   »Wie denn auch, wenn er komplett ahnungslos ist!«
   »Seitdem wir verheiratet sind, ist er wie ausgewechselt.«
   »Nein Anja. Umgekehrt wird ein Schuh draus. Seitdem ihr verheiratet seid, bist du wie ausgewechselt. Das war der Zeitpunkt, als du erfahren hast, dass du krank bist. Dein Schmarotzer hat dich verändert, nicht ihn. Aber statt dich deinem Mann anzuvertrauen, hast du ihn dreist betrogen. Und nicht nur einmal.«
   »Wie redest du mit mir? Ich bin eine kranke Frau, also nimm Rücksicht!«
   »Nee, meine Liebe. Es wird Zeit, dass du den Tatsachen ins Auge siehst. Dein Tumor mag die Ursache für dein unmögliches Verhalten gewesen sein, aber als Freifahrtschein kann er nicht herhalten. Denk mal drüber nach.«
Albert fragt, ob wir noch einen Cocktail möchten und wir sage alle »Ja.« Das ist das letzte Wort, das Anja bis zum Abend spricht.

Erst als wir im Bett liegen, findet sie ihre Stimme wieder und gibt zu, sich egoistisch verhalten zu haben.
   »Egal, er wird mir eh nicht verzeihen.«
   »Möchtest du das denn?«
   »Ich möchte nicht allein sterben.«
Mir stockt der Atem und ich schlucke. Sprechen kann ich in diesem Moment nicht. Ich drehe mich zu ihr auf die Seite und streichel liebevoll ihren Kopf. Und dann heulen wir beide bitterlich.

Wenn nach dem Mittagsessen der Joint zum Dessert seine Runde macht, fahren Anja und ich allein zum Strand. Während die Männer ihr Schläfchen halten, verschwindet Linde in ihrem Atelier. Sie hat uns verboten, sie dort aufzusuchen. Wenn sie ihre kreative Phase hat, darf sie dort niemand stören. Erst wenn das Werk vollendet ist, ist der Zutritt in die heilige Stätte der Kunst wieder gestattet, erklärt uns Albert.

Nur noch zwei Tage, dann ist die Therapie beendet. Schon bald danach müssen wir zurück, denn Anjas Kernspinuntersuchung steht an.
   »Dann werden wir ja sehen, ob wir diesem Fiesling den Gar ausgemacht haben.«
   »Lotte, ich werde nicht geheilt werden. Diese Sessions dienen lediglich der Lebensverlängerung. Ich weiß nicht wie lange. Aber eins steht fest. So alt wie Linde werde ich sicher nicht. Sollten meine Mädchen später einmal heiraten, werde ich vermutlich nicht mehr dabei sein. Ich werde es wohl auch nicht erleben, Großmutter zu werden. Mein Doc meint, es wird ein schöner Tod. Irgendwann wird der Hirndruck so groß sein, dass ich umfallen werde, ohne vorher Tschüss sagen zu können. Keine Schmerzen, kein Leiden, aber das ist der Preis für mein kurzes Leben.«
   »Wenn dein Doc das tatsächlich zu dir gesagt hat, dann ist er ein Idiot«, schimpft Caruso. Er meint, es kommt immer auf die innere Einstellung an. Positive Energie ist für jeden Genesungsprozess unverzichtbar.
   »Ich werde es mir merken«, sagt Anja und geht ins Haus. Mir schießen schon wieder die Tränen ins Gesicht und Albert stellt sich hinter mich und ich bekomme ungefragt eine Kopfmassage.
   »So hoffnungslos, wie Anja es schildert, ist ihr Zustand nicht. Ich bin zwar schon eine Weile raus aus dem Geschäft, aber so wie es in ihrer Krankenakte steht, besteht berechtigter Grund zur Hoffnung.«
   »Du hast ihre Krankenakte gelesen?«
   »Ich war so frei.«
   »Und was befähigt dich zu dieser Aussage?«
   »Fünfunddreißig Jahre praktische Erfahrung am OP Tisch. Ich bin kein Freund von oraler Chemotherapie. Aber nach Rücksprache mit meinen ehemaligen Kollegen, wurde mir versichert, dass sie das beste Medikament bekommen hat, was zurzeit auf dem Markt zu haben ist. Sobald der Bursche sich verkleinert hat, kann sie unters Messer.«
   »Anja! Hast du das gehört?«
   »Ja, habe ich. Albert, aber dann sage Lotte auch, mit welchen Risiken eine

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