Ein letztes Mal ... (German Edition)
kommentierte ihre Bemerkung nicht, er sah sie einfach nur gebannt an. Dieses unergründliche Blau seiner Augen war ihr sonst nur beim Sex aufgefallen. So enttäuscht sie auch sein mochte, sie wusste, was sie zu tun hatte.
Schnell befreite sie sich aus seiner Umarmung und nahm ihre Schuhe. Hätte er sie noch länger zärtlich liebkost, wäre sie ihm … überallhin gefolgt. Vor Verlangen war ihr immer noch ganz heiß, doch sie lief hastig zu ihrem Wagen.
Nach Atem ringend, fuhr Sebastian vom Ledersofa in seinem Büro hoch. Er rieb sich mit einem Arm über das schweißfeuchte Gesicht und stand dann auf. Wenigstens brauchte er sich keine Gedanken darüber zu machen, dass Marianna ihm vorhielt, zu lange gearbeitet zu haben – wieder einmal.
Er bückte sich und kraulte den Hund hinter den Ohren. Er war sich nicht sicher, warum er Holly mitgenommen hatte, als er nach dem Spaziergang mit Marianna in die Kanzlei gefahren war. Das hatte er bisher noch nie getan. Irgendwie war es ihm einfach natürlich vorgekommen, als er um zehn Uhr abends zu seinem Wagen gehen wollte und Holly an der Tür zu bellen angefangen hatte.
„Na, mein Mädchen.“ Seine Stimme hörte sich ganz heiser an.
Er warf einen Blick auf die Standuhr in der Ecke – drei Uhr morgens. Er hatte nur eine Stunde geschlafen – lange genug, um von der schrecklichen Nacht vor neun Jahren zu träumen, als er Marianna über den Bergpass ins Krankenhaus gefahren hatte, geradezu in Panik, dass sie sterben würde, ehe er Hilfe besorgen konnte. Und während der ganzen, endlos erscheinenden Fahrt hatte er sich die schlimmsten Vorwürfe gemacht, einen so abgelegenen Ort für die Flitterwochen mit seiner schwangeren jungen Frau ausgesucht zu haben.
Die Bergluft und ihr Parfüm glaubte er immer noch riechen zu können. Wie oft würde er dieses Erlebnis noch im Traum durchleben müssen? Vielleicht hatte Marianna recht, und sie beide passten tatsächlich überhaupt nicht zueinander.
Sebastian richtete sich auf und rieb sich dabei den verspannten Nacken, den er schon lange vor seinem Nickerchen auf dem Sofa gespürt hatte. Dann ging er über den dämmrigen Flur in die kleine Küche, um Licht zu machen. Zielsicher, ohne anzuhalten. Wozu auch? Um diese Uhrzeit bestand ja kaum Gefahr, mit jemandem zusammenzustoßen.
Und er verbrachte genug Zeit im Büro, um sich auch im Dunkeln zurechtzufinden.
In der Küche öffnete er den Kühlschrank und holte einen Styroporbehälter mit dem Rest eines Gerichts aus seinem Lieblingsbistro heraus – wo man ihn seit seiner Trennung von Marianna gut kannte. Sie brachten ihm sogar regelmäßig nach Ladenschluss etwas zu essen vorbei. An die Spüle gelehnt, nagte Sebastian ein kaltes Rippchen ab und warf den Knochen Holly hin. Dann nahm er sich ein zweites Rippchen. Mehr aus Gewohnheit, als dass er hungrig war, aß Sebastian, und die ganze Zeit dachte er dabei an das Ultraschallbild in seiner Brieftasche.
Er warf Holly noch einen Knochen hin. „Ein bisschen anders, als es früher mal war, was, mein Mädchen?“
Verdammt, es hatte gute Zeiten gegeben.
Während er in den Essensresten herumstocherte, kam ihm eine Erinnerung, die ihn den Albtraum endgültig vergessen ließ. Vor fast zwei Jahren hatte Marianna ihn zu Weihnachten mit zwei Hundewelpen überrascht. Wie könnte er ihr ansteckendes strahlendes Lächeln vergessen, als sie die beiden lebhaften Vierbeiner mit roten Schleifen um den Hals vor ihm auf den Fußboden setzte und ihm dazu die entsprechenden Adoptionspapiere aus dem örtlichen Tierheim überreichte?
Sebastian sah auf die nun voll ausgewachsene Mischlingshündin herunter, deren eines Elternteil ein Terrier gewesen sein musste. Hochzufrieden kaute Holly an ihrem Knochen, und Sebastian konnte beinahe hören, wie Marianna ihm die Meinung sagte, weil er dem Hund Essensreste gab.
Sie hatte recht mit ihrer Bemerkung heute Abend, dass sich die Scheidung nicht so auswirkte, wie sie beide es hätten vorhersehen können. Ihre ganze Ehe hatte sich nicht so entwickelt, wie sie es erwartet hatten, erst die Fehlgeburt und dann der Verlust von Sophie.
Sebastian verdrängte derartige Gedanken, die ihn nur zu weiteren Zweifeln führten, die ihn überhaupt zum Scheidungsrichter gebracht hatten. Er durfte sein Ziel nicht aus den Augen verlieren. Das Leben hatte die Richtung geändert, und das war eine unumstößliche Tatsache – die galt es zu akzeptieren, und damit musste er fertigwerden. Ein Baby war unterwegs, und er würde kein Dad
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