Ein letztes Mal...
hinzufallen. Sie hielt sich so lange am Ende einer Sitzreihe fest, bis der Boden unter ihr nicht mehr zu schwanken schien.
Sebastian legte ihr eine Hand auf den Rücken. „Immer langsam, und atme tief durch. Es ist nur normal, dass du nach dem ganzen Scheidungsverfahren immer noch aufgeregt bist.“
„Aufgeregt? Aufgeregt! “ Sie warf ihm einen Blick über die Schulter zu und wäre beinahe in hysterisches Lachen ausgebrochen. Am liebsten hätte sie heulend mit Tellern geworfen und sich lautstark darüber beklagt, wie unfair es war, dass der Tag, an dem sich ihr größter Traum erfüllt hatte, ein derart mieser Tag war. „Wie immer bist du ein Meister des Understatements.“
Er schloss einen Moment die Augen und atmete tief durch, ehe er sie erneut anschaute, für Mariannas Geschmack etwas zu mitleidig. Sie wurde wütend, obwohl ihr schon übel genug war.
Sebastian nahm die Hand von ihrem Rücken und legte sie ihr nun beschwichtigend auf den Arm. „Du möchtest also, dass wir uns bei einer Tasse Kaffee verabschieden.“
Ihr Körper reagierte instinktiv auf seine vertraute Nähe, den Duft seines Aftershaves, seine Berührung. Wie lange würde es dauern, bis sie langsam vergaß, wie fantastisch er sie sich fühlen lassen konnte?
Sie schob seine Hand beiseite. „Wir haben uns auf dem Rücksitz deines Wagens verabschiedet.“ Wut, Schmerz und Angst machten sie nervös und gereizt. „Und deine Rechte als Ehemann endeten offiziell vor etwa fünf Minuten.“
Ohne Zweifel würde er jede Menge Gelegenheit haben, sich mit den naiven Studentinnen zu vergnügen, die in seiner erfolgreichen Kanzlei ein und aus gingen. Sie hatte einen ganzen Tross junger, ihn bewundernder Frauen in seiner Bibliothek angetroffen, als sie ihn spätabends einige Male abholen gekommen war.
„Okay, okay, immer mit der Ruhe.“ Er drängte sie in eine ruhige Ecke, wo sie ungestört waren. Dann stützte er sich mit einer Hand neben ihrem Kopf gegen die Wand, sodass sein Körper wie ein Sichtschutz gegen die Anwesenden im Gerichtssaal wirkte, die mit unverhohlener Neugier zu ihnen herübersahen. „Ich verstehe sehr gut, dass es keine Schuhmodenschauen mehr geben wird.“
Marianna fixierte ihre silberfarbenen Slingpumps von Jimmy Choo und zwang sich, keinen erotischen Erinnerungen nachzuhängen, denn die würden sie nur verletzen. Und wenn sie verletzt war, reagierte sie meistens mit Wut. Aber sie wollte jetzt keine Szene machen.
Es war schwer genug, die vergangenen Stunden durchzustehen, während sie immer wieder daran denken musste, wie dieser Tag hätte verlaufen können. Wenn sie doch nur Sebastian im Büro mit einem Becher mit der Aufschrift „Richtige Männer wechseln Windeln“ hätte überraschen können oder irgendeinem anderen witzigen Hinweis darauf, dass sie schwanger war.
Natürlich wäre er vermutlich im Gericht gewesen oder bei einem anderen wichtigen Termin.
Oje, da ging ihr Temperament schon wieder mit ihr durch. Atme tief durch. Atme tief durch. „Es geht nicht um eine nette Tasse Kaffee, die wir zusammen trinken sollten. Wir müssen noch, äh, einige Dinge besprechen, wenn wir beide etwas ruhiger sind. Ich möchte dich nächste Woche treffen, an irgend einem neutralen, öffentlichen Ort.“
Er blieb dicht neben ihr stehen, berührte sie beinahe und betrachtete sie eine halbe Ewigkeit lang eingehend wie einen Zeugen im Zeugenstand.
Sein Blackberry piepte. Er ignorierte es. Aber trotzdem …
„Du hattest dieses Ding während unserer Scheidungsverhandlung an?“ Marianna wich zurück, alle Hoffnung dahin, dass sie ruhig bleiben würde. „Wir sollten uns wirklich auf gar keinen Fall heute unterhalten.“
„Okay, ganz wie du willst.“
Es war bei Weitem nicht das, was sie wollte, aber sie hatte keine andere Wahl. „Mach’s gut, Sebastian.“
Doch es war kein wirklicher Abschied, das war ihr voll bewusst. Jetzt würde es keine klare Trennung mehr für sie beide geben. Sie wich ihm aus und ging zum Ausgang. Eine Woche blieb ihr, um zu einem Entschluss zu kommen und Pläne zu schmieden.
Im Eilschritt lief sie über den Korridor und nahm dabei kaum Sebastians Familie wahr, die wartend auf den Bänken saß. Genau so eine wunderbare Großfamilie hatte sie sich als einsames Einzelkind älterer Eltern immer erträumt. Sie hatten sie zwar sehr geliebt, waren inzwischen jedoch leider verstorben.
Sie presste sich die Hände auf den Bauch und hoffte noch inständiger darauf, dass tatsächlich ein Baby in ihr heranwuchs.
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