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Ein Lotterie-Loos

Ein Lotterie-Loos

Titel: Ein Lotterie-Loos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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hohen Thürme der Silberminen von Kongsberg als Schattenbilder vom Himmel ab. Darauf verschwand der ganze Horizont unter einem Vorhange ungeheurer Tannenwälder, in denen es so dunkel und kühl wie in einem Keller ist, da hier die Wärme der Sonne ebenso wenig Eingang findet, wie deren Licht.
    Die hölzerne Stadt Hangsund lieferte dem Reisewagen neue Spannpferde. Hier fand man oft lange Straßen, doch häufig durch auf einem Bolzen drehbare Barrieren geschlossen, welche gegen Erlegung von fünf bis sechs Stillings geöffnet wurden. Es ist eine sehr fruchtbare Gegend mit zahlreichen Bäumen, welche wegen ihrer, durch die Last der Früchte niedergebeugten Zweige fast Trauerweiden ähnlich erschienen. Mit der Annäherung an Drammen wurde das Thal wieder bergiger.
    Zu Mittag zeigte die an einem Arme des Christiania-Fjords gelegene Stadt ihre beiden endlosen Straßen mit bemalten Häusern an beiden Seiten, und ihren stets sehr belebten Hafen, in welchem die großen Holzflöße den Schiffen, welche hier Naturerzeugnisse des Nordens laden, meist nur wenig Raum frei lassen.
    Der Wagen hielt vor dem
Hôtel de Skandinavie
. Der Besitzer, eine gewichtige Persönlichkeit, mit weißem Barte und höchst gelehrten Mienen, erschien auf der Schwelle seines Anwesens. Mit jener Findigkeit, welche die Gasthalter in allen Ländern der Welt kennzeichnet, sagte er sogleich:
    »Es würde mich nicht wundern, wenn die beiden Herren und die junge Dame bald frühstücken möchten.
    – Ganz recht, wundern Sie sich darüber nicht, erwiderte Sylvius Hog, und lassen Sie uns so schnell wie möglich auftragen.
    – Augenblicklich!«
    Das Frühstück stand sehr bald bereit und ließ wirklich nichts zu wünschen übrig. Es bot unter Anderem einen gewissen, mit würzigen Kräutern zubereiteten Fisch aus dem Fjord, von dem der Professor mit sichtlichem Vergnügen zulangte Um halb zwei Uhr kam der mit frischen Pferden versehene Wagen wieder bei dem
Hôtel de Skandinavie
vorgefahren und setzte in mäßigem Trabe die Reise auf der Landstraße von Drammen fort.
    Als sie da an einem Hause von minder einladendem Aussehen, das mit den heiteren Farben der Nachbarhäuser auffallend contrastirte, vorüberkamen, konnte Joël einen Ausdruck von Widerwillen nicht zurückhalten.
    »Sandgoïst! rief er.
    – Ah, das ist also jener Herr Sandgoïst? sagte Sylvius Hog. In der That, er zeigt gerade kein hübsches Gesicht.«
    Es war wirklich Sandgoïst, der rauchend vor seiner Thüre stand. Ob er auch Joël auf dem Vordersitz erkannte, muß dahin gestellt bleiben, denn der Wagen bewegte sich rasch zwischen großen Stößen dicker Balken und Haufen von geschnittenen Planken hin.
    Jenseits einer von Vogelbeerbäumen – die reich mit korallenen Früchten beladen waren – eingefaßten Straße, wandte sich das Gespann nach einem dichten Fichtenwald, der das Thal des Paradieses erfüllt; eine wahrhaft prächtige Bodensenkung mit ihren weithin sichtbaren, bis zu den letzten Grenzen des Horizontes reichenden Bergabsätzen. Hier zeigten sich wohl Hunderte kleiner Hügel, von denen die meisten mit einem Landhause oder einem Gaard bekrönt waren. Bei herannahendem Abend, als der Wagen, zwischen grünen Wiesen hinabsteigend, mehr in die Nähe des Meeres kam, erblickte man Farmen mit lebhaft rothen Häusern, welche sich aus dem grünen Baumdickicht grell abhoben.
    Endlich erreichten die Reisenden den eigentlichen Christiania-Fjord, der zwischen malerische Höhen hineingezwängt erscheint, und überblickten nun seine zahlreichen Buchten, seine vielen ganz kleinen Häfen mit ihren hölzernen »Piers«, an denen die Fahrzeuge der Bai und die Dampfomnibusse anlegen.
    Um neun Uhr Abends – es war noch voller Tag – rollte die alterthümliche Kutsche nicht ohne lautes Geräusch in die Stadt ein und durch deren schon verlassene Straßen hin.
    Auf Anordnung Sylvius Hog’s hielt dieselbe hier vor dem Hôtel Victoria, in dem Hulda und Joël abstiegen, da für sie auf Vorausbestellung Zimmer aufbewahrt worden waren. Nach herzlichem Abschied begab sich der Professor dann nach seinem alten Hause, wo ihn seine alte Dienerin Kate und sein alter Diener Fink mit nicht weniger alter Ungeduld erwarteten.
XVII.
    Christiania – in Norwegen eine große Stadt – würde in den bedeutenderen Culturländern Europas höchstens als mittelgroße Stadt gelten. Ohne wiederholte Zerstörungen durch Feuer möchte sie sich heute wohl noch ebenso zeigen, wie sie im elften Jahrhundert erbaut wurde Thatsächlich

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