Ein Lotterie-Loos
er mehr einem destillirten Producte der Mokka-, Bourbon-oder Rio-Nunezbohne ähnelt.
Bei Frau Hansen dagegen sind Küche und Keller wohl bestellt, so daß auch verwöhnte Touristen keine Ursache zur Klage haben. Hier gibt es gekochten, gesalzenen und geräucherten Lachs, »Hores«, das sind Binnensee-Lachse, welche niemals im Salzwasser gewesen sind; Fische aus den Flüssen Telemarkens, weder zu hartes, noch zu mageres Geflügel, Eier in Menge, wohlschmeckende Platzkuchen aus Roggen-und Gerstenmehl, Früchte, und vor Allem Erdbeeren, Schwarzbrot von seltener Güte, Bier und abgelagerte Flaschen mit schönem Saint-Julien, der den guten Ruf der Gewächse Frankreichs bis in diese entlegenen Gegenden verbreitet.
In allen Ländern des nördlichen Europa steht die Gjestgisveri von Dal auch in bestem Ansehen.
Das erkennt man außerdem sehr leicht beim Durchblättern des Fremdenbuches mit vergilbtem Papier, in das die Reisenden neben ihrem Namen gern einige Lobsprüche für Frau Hansen eingetragen; in der Mehrzahl sind das Schweden und Norweger, die aus allen Theilen Skandinaviens herstammen.
Zudem finden sich auch viele Engländer darunter, und Einer derselben, der lange Zeit gewartet hatte, um den Nebel vom Gipfel des Gusta sich auflösen zu sehen, hatte als echter Sohn Albions auf eine jener Seiten geschrieben:
Patientia omnia vincit. 2
Auch einigen Franzosen begegnet man wohl, von denen der Eine, der hier besser ungenannt bleibt, sich zuschreiben erlaubte:
»Wir haben uns nur lobend auszusprechen über die Aufnahme, die man uns in dieser Herberge »gemacht« hat!«
Auf den grammatischen Fehler kommt hierbei ja nicht viel an. Wenn die Worte mehr lobend als sprachlich richtig sind, so enthalten sie doch eine herzlich gemeinte Anerkennung für Frau Hansen und ihre Tochter, die reizende Hulda des Vestfjorddals.
Fußnoten
1 Neuerdings – seit 1875 – ist in den drei skandinavischen Läudern die Goldwährung eingeführt und die Krone (112 1/2 deutsche Pfennige) Münzeinheit geworden. D. Ueb.
2 »Geduld überwindet Alles.«
III.
Ohne in der Ethnographie allzu sehr bewandert zu sein, kann man doch mit mehreren Gelehrten zu dem Glauben kommen, daß zwischen den Familien der hohen Aristokratie Englands und den alten Familien des skandinavischen Königreichs eine gewisse Verwandtschaft herrscht. Zahlreiche Beweise liefern dafür die alterthümlichen Namen, welche in beiden Ländern übereinstimmend vorkommen. Und doch gibt es in Norwegen keine eigentliche Aristokratie; aber wenn hier auch Demokratie herrscht, so verhindert das keineswegs, im höchsten Grade aristokratisch zu sein. Hier sind so zu sagen Alle an Höhe, statt an Niedrigkeit gleich. Bis in die geringsten Hütten findet man noch den hoch in Ehren gehaltenen Stammbaum, der keineswegs dadurch, daß er in plebejischer Erde Wurzel faßte, minderwerthig geworden ist. Hier viertheilen sich die Schilder der vornehmen Familien aus der Feudalzeit, von denen diese einfachen Bauern abstammen.
Ganz das Nämliche war der Fall mit den Hansen’s von Dal, die, wenn auch nur entfernt, jedenfalls verwandt sind mit den gleichnamigen, bald nach dem Einfalle Rollon’s von der Normandie geschaffenen Pairs von England. Nehmen sie auch nicht deren hohen Rang ein und erfreuen sie sich nicht des gleichen Reichthums, so haben sie sich doch mindestens den alten Stolz bewahrt, oder vielmehr eine gewisse Würde, welche ja in jeder gesellschaftlichen Stellung am Platze ist.
Doch das kümmerte sie nichts. Trotz seiner Vorfahren von hoher Geburt war Harald Hansen doch Gastwirth in Dal geworden. Das Haus rührte schon von seinem Vater und Großvater her, an deren Stellung im Lande er sich gern erinnerte. Nach ihm hatte auch seine Witwe das Geschäft in einer Art und Weise fortgesetzt, die ihr die öffentliche Achtung sicherte.
Ob schon Harald bei seinem Geschäfte Vermögen erworben, ist nicht bekannt geworden; sicherlich hatte er seinen Sohn Joël und seine Tochter Hulda auf-und erziehen können, ohne daß den Kindern ihre erste Lebenszeit zu beschwerlich gewesen wäre. Außerdem hatte er auch den Sohn einer Schwester seiner Frau, Ole Kamp, den der Tod seiner Eltern seiner Sorge anvertraute, ganz wie seine eigenen Sprößlinge erzogen. Ohne seinen Onkel Harald wäre dieser Waisenknabe unzweifelhaft eines jener armen kleinen Wesen geworden, die nur zur Welt kommen, um sie baldigst wieder zu verlassen. Ole Kamp erwies seinen Pflegeeltern dafür auch eine wahrhaft kindliche
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