Ein Lotterie-Loos
Birken, in einem Rahmen, den die einzelnen oder in Gruppen stehenden Bäume von den gewundenen Ufern des Maan bis zum Kamme der hohen Berge von Telemarken bilden.
So erscheint der frische und lachende Weiler von Dal mit seinen malerischen, äußerlich farbig angestrichenen Wohnstätten, von denen die einen zarte Farbentöne in Hellgrün oder Lichtrosa, die anderen schreiende Farben, wie lebhaftes Gelb oder Blutroth, zeigen. Ihre mit Birkenrinde abgedeckten Dächer, überzogen mit frischgrünem Rasen, den man im Herbst abmäht, sind mit natürlichen Blumen geschmückt. Alles das ist reizend und gehört zum herrlichsten Lande der Welt. Kurz, Dal liegt eben in Telemarken, Telemarken aber in Norwegen, in Norwegen – mit mehreren tausend Fjords, welche dem Meere gestatten, um den Fuß seiner Berge zu branden.
Telemarken liegt inmitten jenes weit ausladenden, kolbenförmigen Theiles, den Norwegen zwischen Bergen und Christiania bildet. Diese, zu dem Amte Bratsberg gehörige Vogtei hat Berge und Gletscher, wie die Schweiz, aber sie ist nicht die Schweiz; sie hat großartige Wasserfälle, wie Nordamerika, aber sie ist nicht Nordamerika; sie hat Dörfer mit gemalten Häusern und gelegentlich Processionen mit Trachten aus verschwundenen Zeiten bekleideter Einwohner, wie manche Ortschaften Hollands, aber sie ist auch nicht Holland. Telemarken ist schöner, wie diese alle, es ist eben Telemarken, eine durch die natürliche Schönheit, welche sie enthält, vielleicht in der ganzen Welt einzig dastehende Landschaft.
Der Verfasser hat das Vergnügen gehabt, dasselbe zu besuchen. Er hat es auf Schußkarren durchstreift und das Pferd an jeder Station gewechselt – wenn solche zu haben waren – und davon einen tiefgehenden poetischen Eindruck mit heimgebracht, der noch heute so lebhaft in seiner Erinnerung ist, daß er dieser einfachen Erzählung wohl einen Anflug davon verleihen zu können wünschte.
Zur Zeit, wo diese Geschichte spielt – im Jahre 1862 – war Norwegen noch nicht von der Eisenbahn durchfurcht, welche es heute gestattet, von Stockholm über Christiania bis Drontheim zu reisen. Jetzt ist ein ungeheures Schienenband zwischen den beiden skandinavischen Ländern, die so wenig Neigung zeigen, ein gemeinschaftliches Leben zu führen, ausgespannt. Im Waggon der Eisenbahn eingeschlossen, sieht der Reisende freilich, während er schneller als früher mittelst Schuß dahinfährt, nichts oder sehr wenig von der Schönheit der ehemaligen Fahrstraße. Ihm entgeht damit die hochinteressante Fahrt durch das mittlere Schweden, auf dem Göta-Canal, dessen Dampfboote von Schleuse zu Schleuse gehoben, eine Höhe von dreihundert Fuß erklettern. Er verweilt nicht bei den berühmten Trollhättafällen, nicht in Drammen oder Kongsberg, so wenig wie bei den Wundern von Telemarken.
Eine Sägemühle in Dal. (S. 14.)
Jener Zeit war also die Eisenbahn erst geplant. Noch einige zwanzig Jahre sollten vergehen, ehe man das skandinavische Königreich von einer Küste zur anderen in achtundvierzig Stunden durchfliegen und nach dem Nordcap oder mit Retourbillet nach Spitzbergen gehen konnte. Dal bildete nun damals – und bildet hoffentlich noch lange Zeit – den eigentlichen Mittelpunkt, der fremde oder einheimische Touristen anlockte, welch’ letztere übrigens meist aus Studenten von Christiania bestanden. Von hier können dieselben sich leicht über ganz Telemarken und Hardanger zerstreuen, das Vestfjorddal zwischen dem Mjös-und Tinn-See hinabwandern und die wundervollen Wasserfälle des Rjukan erreichen. In genanntem Weiler findet sich freilich nur eine Herberge, aber diese ist so anziehend, so hübsch und bequem, wie man sich eine solche nur wünschen kann, und dazu ziemlich geräumig, denn sie enthält vier Zimmer für Fremde – mit einem Worte, es ist das Haus der Frau Hansen.
Einige Bänke umschließen den hinteren Theil seiner rosenfarbenen Wände, die vom Erdboden durch eine solide Grundmauer aus Granit isolirt sind. Die tannenen Balken und Planken seiner »Mauern« haben im Laufe der Zeit eine solche Härte angenommen, daß eine stählerne Axt daran stumpf werden würde. Zwischen diesen vierkantig zugehauenen, wagrecht übereinander gelagerten Balken füllt eine Ansiedlung von Moos mit etwas Thonerde die Fugen aus, so daß selbst der heftigste Winterregen keinen Eingang findet.
Frau Hansen zählte fünfzig Jahre. (S. 22.)
In den Zimmern ist die Sparrendecke roth gemalt und sticht damit stark ab gegen
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