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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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antwortete sie und sah ihm nach. Draußen machte
es ihm erhebliche Mühe, den kleinen Hügel mit dem Rollstuhl bis zur Studiotür
hinaufzukommen. Christina musste sich zwingen, nicht zu ihm nach draußen zu
laufen. Sie hatte verstanden, dass Marc es ganz alleine fertig bringen wollte,
und auch musste.
     
    Pünktlich zum Abendessen war er wieder zurück. Er sah
abgespannt und müde aus. Sein erster Tag zu Hause hatte ihn ganz schön
geschafft. Seine Eindrücke schienen ihn sehr beschäftigt zu haben. So aktiv war
er seit Wochen nicht mehr gewesen. Zu Mias großer Freude hatte er einen
Mordshunger und verputzte das große, saftige Steak in Null-Komma-Nichts.
Ungefragt gab sie ihm noch einen großen Nachschlag Bratkartoffeln auf den
Teller. „Nu hau’n Se ma tüchtig rein, Marc! So komm Se widder zu Kräften. Se
ham ja ga nix mehr auffe Rippen.“
    Mia und Christina brachten noch gemeinsam die Küche auf
Vordermann, während Marc sich in das Wohnzimmer verzog. Als Christina ihm
folgte, lag er bereits auf dem Sofa. Beim Fernsehen fielen ihm hin und wieder
die Augen zu. „Komm, gehen wir schlafen“, forderte sie ihn auf.
    Beinahe mit letzter Kraft manövrierte Marc sich von dem
weichen Sofa in seinen Rollstuhl. Christina brach es fast das Herz, ihn so zu
sehen. Doch er hatte sie nicht um Verstärkung gebeten, also tat sie so, als ob
es das Natürlichste der Welt sei, drehte ihm den Rücken zu und ordnete
inzwischen die Sofakissen. Um Zeit für Marc herauszuschinden, verpasste sie
jedem Kissen noch einen altmodischen Paradeknick. Nur nicht einmischen! –
Plaff! Er muss es alleine schaffen! –  Plaff! Er will deine Hilfe nicht, hielt
sie sich mehr oder weniger geduldig zurück. –   Plaff! Endlich hatte er es
geschafft!
    „Bist du neuerdings unter die Spießer geraten?“, wollte Marc
beim Anblick ihrer Paradekissen-Karate-Vorstellung wissen. „Nein, das ist im
Moment der letzte Schrei – absolut hip ist das“, antwortete Christina belanglos
und versetzte auch noch dem letzten Kissen einen satten Schlag mit der
Handkante. 
    „Ich muss unbedingt mit Hanteltraining anfangen. Ich brauche
auf jeden Fall mehr Kraft in den Armen“, sagte Marc immer noch etwas aus der
Puste von seinem beschwerlichen Sitzmöbelwechsel. „Ja, gleich morgen hole ich
sie dir hoch.“
    Sie begleitete ihn noch bis zur Treppe. Hier trennten sich
heute zum ersten Mal ihre Wege, denn Christina hatte nicht vor, ihren
Entschluss zu revidieren, in nächster Zeit nicht mit Marc ein Schlafzimmer zu
teilen. Er hatte heute einige positive Erlebnisse gehabt, hatte gemerkt, wie
viele Dinge er trotz seiner Behinderung noch tun konnte. Er sollte auf keinen
Fall wieder darauf gestoßen werden, was er alles nicht mehr bewerkstelligen
konnte. Deshalb war körperliche Nähe zwischen ihnen zwingend zu vermeiden.
„Wenn du etwas brauchst, ruf’ mich an. Egal wann, Marc!“
    „Ist okay, mache ich. – Gute Nacht, Christina!“
    „Nacht, Marc! Schlaf’ gut!“, verabschiedete sie sich und
schaute ihm noch nach, wie er in Richtung seines neuen Zimmers verschwand.
     
    Christina lag im Bett und musste nur an Marc denken. Käme er
zurecht? Würde er sich auch wirklich melden, wenn er ein Problem hätte? Sie kam
nicht zur Ruhe, schaltete den Fernseher im Schlafzimmer an und suchte nach
einem Sender, der etwas extrem Uninteressantes und Langweiliges brachte. Sie
versuchte sich auf das Programm zu konzentrieren, um nicht mehr nachdenken zu
müssen. Früher oder später konnte sie ihre Augen nicht mehr offen halten.
    Marc hatte es geschafft, sich alleine auszuziehen und in
sein Bett zu manövrieren. Er war erschöpft und hundemüde, fand aber trotzdem
nicht in den Schlaf. Eigentlich hatte er noch Einiges auf dem Herzen gehabt,
was er mit Christina bereden musste.
    Mia war den ganzen Tag in der Villa geblieben, und sie
hatten keine Möglichkeit gehabt, sich ungestört zu unterhalten. Schließlich kam
ihm die neue Situation im Haus völlig grotesk vor. Er hier unten, Christina da
oben. Jeder für sich und beziehungslos. Christina war kein Mensch, der gerne
alleine war, und er erst recht nicht. Er schaltete das Licht ein und schaute
auf die Uhr.
    Ob er sie rufen sollte? Es war allerdings mitten in der
Nacht. Christina schlief bestimmt schon tief und fest. – Oder, sie kann genauso
wenig schlafen wie ich, dachte er und nahm den Hörer der Haustelefonanlage ab.
– Nein. Lieber nicht. Wenn sie doch schon eingeschlafen war? Er legte den Hörer
wieder auf und

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