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Ein Macho auf Abwegen

Ein Macho auf Abwegen

Titel: Ein Macho auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Hitzblech
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erkannte in seinem Blick seine beachtliche Ruhelosigkeit. Christina wusste
nur zu genau, wie sehr es jetzt in ihm brodelte. Marc war zwar ein versierter
Bühnenmensch, doch ihm war es einfach nicht geläufig, große Vorträge halten zu
müssen.
    Aus diesem Grund hatte er sich sehr gut auf seine Dankesrede
vorbereitet. Sie hatten diese Ansprache gemeinsam ein um das andere Mal neu
formuliert, dann hatte er sie sorgfältig auswendig gelernt und mindestens
tausendmal aufgesagt, wobei Christina als kritisches Publikum fungiert hatte.
An und für sich musste das heute Abend ohne Probleme über die Bühne gehen. Wenn
er nur die Ruhe bewahrt!, hoffte Christina zu Hause auf dem Sofa.
    Der Abend zog sich endlos lange hin, und sie musste sich
zwingen, ihre Augen offen zu halten. Seltsamerweise hatten die Kampfküken den
ganzen Abend über Ruhe gegeben, obwohl die werdende Mutter sie nicht hin- und
hergeschaukelt hatte.
    Es war schon fast Mitternacht, als man am Ende des Abends
nur noch den Preis für das Lebenswerk zu vergeben hatte. „Na, das wurde aber
auch mal langsam Zeit“, gähnte Christina.
    In dem Filmbeitrag über Marc wurde seine komplette Karriere
noch einmal zusammengefasst. Man zeigte alte Aufnahmen von Fernsehauftritten
und Konzertmitschnitte aus allen Jahrezehnten. Christinas Vermutung, man würde
auch über sein turbulentes Privatleben und die dazugehörigen Schlagzeilen
berichten, bewahrheitete sich nicht. Man hatte offenbar darauf verzichtet, um
den Ehrengast des Abends gebührend zu würdigen. Allerdings wurde über seine
Eheschließung und natürlich auch über das Attentat berichtet. Irgendwie gehört
das ja auch dazu, urteilte sie.
    Als Laudator für Marc hatte man seinen langjährigen Kollegen
und guten Freund Rainer Dietzenbach ausgesucht, der in seiner Rede nicht mit
Lob für Marc Stevens geizte. Immer mal wieder zeigte man Marc im Publikum
sitzend. Er lauschte andächtig, was auf der Bühne über ihn gesagt wurde. Es war
ihm dem Anschein nach etwas peinlich, soviel Lob über sich zu hören. „Ay,
cariño“, rief Christina ihm via Mattscheibe zu. „du darfst ruhig ein bisschen
stolz auf dich sein! Du hast dir das doch verdient!“ Sie spürte sogleich einen
kräftigen Tritt gegen die Bauchdecke. Scheiße, jetzt habe ich sie geweckt!,
dachte sie.
    Endlich wurde Marc auf die Bühne gerufen. Er lief schnellen
Schrittes an seinen Platz, nahm seinen Ehrenpreis entgegen und hielt ihn einmal
in die Höhe. Das Publikum erhob sich spontan und klatschte unaufhörlich Standing-Ovation.
Die Kameras fingen abwechselnd die Eindrücke aus dem Publikum und Marcs
Reaktion in Großaufnahme ein. Er war unglaublich überwältigt von dieser
außergewöhnlichen Anerkennung des ganzen Saales. Damit hatte er ganz sicher
nicht gerechnet. Als Christina sogar Tränen in seinen  Augen entdeckte, hatte
sie sofort auch einen dicken Kloß im Hals. Wie gerne wäre sie jetzt bei ihm
gewesen. „Schaut nur, euer Papa!“, rief sie und hoffte zugleich, dass er seine
Rede ordentlich halten könnte. Er war nun ziemlich aus der Bahn geworfen und
hatte sich noch nicht einmal einen Spickzettel für den Notfall eingesteckt.
     
    Nachdem er sich eine ganze Weile der Ehrerbietung des
Publikums gestellt hatte, trat er an das Pult mit dem Mikrofon heran und sagte
ausgesprochen gedämpft: „Vielen Dank. Ich freue mich riesig.“ Im Zuschauerraum
wurde es bald ruhiger, und die Leute setzten sich wieder auf ihre Plätze. Marc
wartete geduldig, bis alle bereit waren, ihm zuzuhören.
    „Vielen Dank, meine Damen und Herren. Sie machen mich
wirklich verlegen“, begann er seine Dankesrede. „Eine schönere Auszeichnung
kann es für mich wirklich nicht geben als von den Machern der Musikbranche und
erst recht von der Konkurrenz so gewürdigt zu werden ...“ Er räusperte sich
flüchtig und begann, sein Auswendiggelerntes aufzusagen. Er sprach über die
Härte des Musikbusiness, von den Entwicklungen während seiner bisherigen
aktiven Zeit. Von seinen Anfängen und den Unterschieden zu den Starts heutiger
junger Künstler. Er sprach über das in Deutschland immer noch  übliche
„Schubladendenken“ und machte seinem Unmut darüber ein wenig Luft. Er erklärte,
dass es für das großgefächerte Publikum einfach verschiedene Musikrichtungen
geben müsste, und dass es keinem Genre zustünde, das jeweils andere herabzusetzen.
„Letztendlich haben wir doch alle das gleiche Ziel“, sagte er, „wir möchten die
Menschen gut unterhalten und

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