Ein Macho auf Abwegen
bloß vom
Acker, Kindchen!“
Die Kamera wechselte ihre Position, und richtete ihre ganze
Aufmerksamkeit wieder auf die Neuankömmlinge. Ein Outfit war glanzvoller und
aufregender als das andere. Jedes Kleid, was von den prominenten Damen
vorgeführt wurde, schien ein Unikat eines exklusiven Designers zu sein.
Insgeheim war Christina doch froh, ihren Doppel-Baby-Panzer nicht öffentlich
zur Schau stellen zu müssen. „Ach, cariño, das war schon alles richtig so!“, murmelte
sie.
Sie kannte inzwischen einige der Musiker oder Produzenten
persönlich, die nacheinander mit den Luxuswagen eintrafen. „Wann kommt er denn
endlich?“ Sie war so aufgeregt. Sie wollte Marc endlich in seinem neuen
schwarzen Anzug sehen. Sie wollte ihn ganz genau beobachten, wie er aus einer
Limousine des Fahrdienstes ausstieg und dann über den roten Teppich
promenierte. Er würde das sicher vollkommen routiniert tun, so als ob es
alltäglich für ihn sei. Sie wusste jedoch eins viel besser. Er hatte einen ganz
schönen Bammel vor diesem Moment. Es war ihm bewusst, dass er die Hauptperson
des Abends war, und ihm reichlich Aufmerksamkeit zuteilwerden würde.
Natürlich war er einer der letzten geladenen Gäste, die zur
Show chauffiert wurden. Als sich die Wagentüre öffnete, und er von den ersten
Zuschauern erkannt wurde, ging sofort ein Raunen durch die unruhige Menge. Während
er dann in voller Größe am Anfang des Teppichs kurz stehen blieb, wurde aus
allen Richtungen gekreischt und sein Name hysterisch durch die Gegend gebrüllt,
so als wäre er die angesagteste Teenie-Boygroup aus den USA.
„Da ist der Papa ja endlich!“, erklärte sie ihren beiden
Insassen. „Ihr dürft jetzt ganz schön stolz auf ihn sein, genau wie die Mama!“
Christina redete mit den Babys als würden sie mit ihr zusammen auf dem Sofa
sitzen und fernsehen. „Marc, ach, was bist du attraktiv!“ Sie konnte gar nicht
genug hinschauen. Wenn sie ihn nicht schon über alle Maßen lieben würde, sie
würde sich jetzt, genau in diesem Moment, unsterblich in ihn vergucken, wo er
nun freundlich in die Menge lächelte und den Leuten fast ein wenig schüchtern
zuwinkte.
Nun gesellte er sich zu den Zaungästen, die durch ein
starkes Seil von den Prominenten getrennt waren und gab fleißig Autogramme.
Hoffentlich passen die auch ordentlich auf ihn auf!, dachte Christina. Nicht,
dass ihm wieder ’was passiert!
Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis er an der Stelle
angelangt war, an der die Interviews gemacht wurden, doch für Christina war
jeder Augenblick spannender als der dramatischste Psycho-Thriller. Eickermann
unternahm einen leisen Versuch, Marc eine Frage zu stellen. Der schaute ihn
lediglich einmal mit einem drastischem Blick von der Seite an, und der
Paparazzo begriff scheinbar sofort, dass Marc Stevens nicht im Traum daran
dachte, auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln. Wahrscheinlich hatte der sonst
so skrupellose Paparazzo heute ein Herz für Superstars, denn er bedrängte Marc
in keiner Weise. Es konnte auch sein, dass er Marcs Rolle an diesem Abend
einfach nur respektieren und die Luft nicht mit seinen giftigen Anzüglichkeiten
verpesten wollte. „Schlaues Kerlchen!“, lobte Christina ihren Erzfeind.
Marc wurde nach seinen Empfindungen über die ehrenvolle
Auszeichnung gefragt, und er gab liebenswürdig Auskunft über seine momentane
Gefühlslage, ging aber nicht im Geringsten ins Detail. Auch das beharrliche
Nachfragen der Reporterin konnte ihn nicht dazu bewegen. „Ich werde nachher auf
der Bühne noch etwas dazu sagen“, verabschiedete er sich und verschwand im
Foyer.
Schließlich begann die Übertragung aus dem Saal, und der
beliebte Moderator Martin Hauck eröffnete die eigentliche Veranstaltung. Eine
Preisträger-Kategorie nach der anderen wurde nach dem üblichen Schema dieser
Art Prämierungen abgearbeitet:
Eine kurze Ansage zum aktuellen Genre durch den Moderator,
dann eine Vorstellung der Nominierten in kurzen Filmbeiträgen. Danach erschien
ein Laudator auf der Bühne, der den Gewinner anständig lobte. Am Ende musste
jeder Prämierte auf die Bühne kommen, wo ihm sein Laudator die „Goldene
Tonleiter“ übergab. Zwischen den Wortbeiträgen gab es immer wieder Auftritte
der nominierten Musiker.
In regelmäßigen Abständen schwenkte die Kamera ins Publikum,
und Christina freute sich jedes Mal, wenn man Marc teilweise sogar in Großaufnahme
zeigte. Er machte äußerlich einen sehr gelassenen und ruhigen Eindruck, doch
sie
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