Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Magier in Nöten

Ein Magier in Nöten

Titel: Ein Magier in Nöten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
Vom Netzwerk:
mit den Modalitäten näher vertraut wurden, schnell das Interesse. So blieben nur die Dummen, die Verzweifelten und die verzweifelt Dummen über, und die verfolgten uns jetzt. In Massen.
    Ich sah auf meine abgetragenen Schuhe und meine zerrissene Tunika herunter, wobei ich mir jedes Geräusches im Wald bewußt war und jede mögliche Bewegung im Augenwinkel verfolgen konnte. Wer hätte gedacht, daß ich, ein armer Bauernjunge aus den Westlichen Königreichen, in solche Situationen geraten könnte? Was hätte ich damals getan, an jenem Tag, als ich meinem Meister als Lehrling zugeteilt worden war, wenn ich damals schon gewußt hätte, daß ich den Frieden und die Sicherheit eines kleinen Dörfleins würde aufgeben müssen, um durch seltsame Königreiche und durch noch seltsamere Abenteuer zu ziehen? Wer hätte gedacht, daß ich eines Tages sogar dazu gezwungen sein würde, Vushta zu besuchen, die Stadt der tausend verbotenen Lüste, daß ich eines Tages den Mut aufbringen könnte, jeder einzelnen von ihnen ins Auge zu sehen?
    Ich sah meinen Meister an, den großen Zauberer Ebenezum, der kühn an meiner Seite daherschritt, mit seiner geschmackvollen, mit silbernen Monden und Sternen verzierten Robe, die nun leider etwas verschmutzt war; mit seinem langen weißen Haar, das allerdings ein wenig verfilzt war; mit seiner aristokratischen Nase, die nun – durch die Gemütsbewegung – leicht verstopft war. Wer hätte an jenem Sommertag vor ein paar Monaten gedacht, daß es so weit kommen würde?
     
    »Wuntvor!« rief mein Meister.
    Ich erwog einen eiligen Rückzug.
    »Nein, nein, Wuntvor. Komm bitte her!« Ebenezum lächelte und winkte mich heran. Es mußte schlimmer sein, als ich vermutet hatte.
    Ich war zum damaligen Zeitpunkt noch nicht lange als Lehrling bei dem Zauberer, und, um ehrlich zu sein, der Job interessierte mich nicht sonderlich. Mein neuer Meister sprach nur selten mit mir und machte wenig Anstalten, mir all die merkwürdigen Ereignisse um uns herum zu erklären. Dieses Schweigen galt so lange, bis er über irgend etwas, das ich angestellt hatte, ärgerlich wurde. In diesem Fall pflegte sein zauberischer Zorn keine Grenzen zu kennen.
    Und nun lächelte dieser sonst so bärbeißige Magier. Und winkte. Und rief meinen Namen. Die Situation gefiel mir ganz und gar nicht. Warum war ich damals nur Zaubererlehrling geworden?
    Dann fiel mir ein, daß ich jetzt einen Grund dafür hatte. Einen ganz speziellen Grund. Gerade an diesem Morgen war ich ein Stück weit weg vom Haus im Wald gewesen, um Feuerholz für den Gebrauch von Ebenezums unendlichem Spruchsortiment zu sammeln. Da hatte ich von meiner Sammeltätigkeit aufgesehen – und sie hatte vor mir gestanden.
    »Du hast wohl dein Feuerholz verloren.« Ihre Stimme klang tiefer und robuster, als ich sie von einem so zarten Mädchen erwartet hätte. Jedes Wort formte sie mit einem Paar perfekter Lippen. Ich sah auf den Holzstoß zu meinen Füßen hinunter. Ein Blick auf ihr prachtvolles langes Haar, und meine Arme fühlten sich ganz schlapp an.
    »Ja, habe ich wohl«, war alles, was ich herausbrachte.
    »Für wen sammelst du es?« fragte sie.
    Ich wies mit einem Kopfnicken in Richtung der Hütte, die durch die Bäume in einiger Entfernung zu sehen war. »Für den Zauberer.«
    »Den Zauberer?« Ihre Lippen öffneten sich leicht und gaben ein Lächeln frei, das die Engel zum Singen gebracht hätte. »Du arbeitest für den Zauberer?«
    Ich nickte. »Ich bin sein Lehrling.«
    Ihre feingezeichneten Augenbrauen hoben sich. »Ein Zaubererlehrling? Ich muß schon sagen, das ist interessanter als die meisten Dinge, die es hier so gibt.« Sie warf mir ein strahlendes Abschiedslächeln zu.
    »Wir müssen uns wiedersehen«, hauchte sie und war verschwunden.
    Vor der Tür zum Studierzimmer meines Meisters mußte ich daran denken. Sie wollte mich wiedersehen! Und das alles, weil ich ein Zaubererlehrling war!
    Ebenezum rief noch einmal meinen Namen.
    Meine belle d’après-midi! Am Ende war es doch eine gute Sache, ein Zaubererlehrling zu sein! Ich holte tief Atem und betrat das Studierzimmer.
    »Hierher, Wuntvor!« Mein Meister rückte mir einen Schemel zurecht. »Ich werde dir zeigen, wie man einen Zauberspruch aufbaut.« Und wieder erschien dieses Lächeln, schlängelte sich durch den Spalt zwischen seinem Schnurrbart und seinem langen weißen Bart. »Einen sehr speziellen Zauberspruch.«
    Die Robe wirbelte durch die Luft, als der Magier sich umwandte, die aufgestickten Sterne

Weitere Kostenlose Bücher