Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
Vom Netzwerk:
fragst, der anständigere Job.«
    »Der anständigere Job! Das letzte Mal hat er mich ’n anständiges Jahr gekostet.«
    Ich kickte ein zerknülltes Taschentuch die Treppe abwärts. »Was ist eigentlich aus dieser Erbschaft geworden?«
    Slibulsky sah unwillig auf. »Mhm?«
    »Hast du letzten Winter erzählt. Irgend ’ne Oma aus Berlin würde dir ’n Haufen Geld hinterlassen.«
    »Ach so… nee. Is gestorben.«
    »Was du nicht sagst.«
    »Ich meine die Erbschaft. Sind nur Schulden übriggeblieben.«
    Er sah aus dem Fenster. Irgendwo unter uns krachte eine Tür ins Schloß. Slibulsky wandte sich zur Treppe und sagte: »Komm, Charly wartet.«
    Auch den nächsten Absatz blieben wir stumm.
    Hausbar, Ledersofa und Ledersessel schwarz, die Glühbirnen rot, ein Tisch mit Glasplatte und Metallgestell, das Bett blauseiden bezogen und an den Wänden HeavyMetal-Poster in Wechselrahmen. In einer Ecke ein VideoStereo-Compactdisc-Container und auf dem Boden ein schneeweißer Flokati. Der Raum maß etwa hundert Quadratmeter und hatte den Charme einer Pornofilmkulisse. Aus dem Fenster konnte man über die Dächer des Bahnhofsviertels schauen. Links das BFG-Hochhaus, rechts der Hauptbahnhof, schräg gegenüber Spielsalon und Pennerasyl. Ein Ventilator rauschte leise. Es roch nach Putzmittel. Ibiza-Charly saß im roten Kimono auf dem Sofa, betrachtete seine Rolex und gähnte. Das Gesicht war aufgedunsen und voll mit roten Flecken. Rosa Wülste ließen seine Augen winzig erscheinen, und der Nacken hatte den Durchmesser eines Ofenrohrs. Charlys Kopf erinnerte mich fatal an eine doppelte Portion Eisbein mit dauergewelltem Sauerkraut über der Stirn. Er legte ihn jetzt zurück und fuhr sich, die Augen halb geschlossen, durch die Haare, als gelte es, dem weiblichen Geschlecht zu imponieren. Der Kimono öffnete sich, und ein weißer Bauch plumpste heraus.
    Ich ging zum Fenster und steckte mir eine Zigarette an. Hinter der Hausbar kämpfte sich Slibulsky, auf der Suche nach einem vierzigprozentigen Frühstück, durch Schränke und leere Flaschen.
    Nach Weidenbuschs Abgang hatte ich quer durch die Stadt telefoniert und herausbekommen, daß Sri Dao nicht allein verschwunden war. Im Asylantenheim in Hausen wurden seit zwei Tagen zwei Libanesen und ein Iraner vermißt, alle drei mit Abschiebebescheid. Allerdings konnten sie auch ohne das Angebot von falschen Papieren untergetaucht sein, und, ehrlich gesagt, ich glaubte nicht an die Fälschergeschichte. Anschließend hatte ich Slibulsky angerufen und gebeten, mich zu Charly zu bringen.
    Slibulsky kam seufzend vor die Bar, klopfte sich die Hose ab und stellte fest: »Asbach ist alle und Bacardi nur noch’n Tropfen. Das Bier ist warm. Cola pur oder Eierlikör?«
    Charly verzog angewidert den Mund, »Schlampe!«, und wandte sich zum Wort unter Männern in meine Richtung. »Da zahle ich ihr seit Wochen jeden verdammten Schlüpfer, schlepp sie in die feinsten Freßlokale, zeig ihr die Welt und verballer die Kohle, als wollte ich die Kaiserin von China besteigen, und dieser Bauerntrampel aus dem Odenwald schafft es nicht, ein paar Flaschen Bier kaltzustellen.«
    Er stand auf und stocherte mit dem Zeigefinger wild in die Luft. »Aber damit ist jetzt Schluß! Morgen fängt für sie die Arbeit an. Und der Schokobomber fliegt raus. Kann das Gejammer eh nicht mehr hören.« Mit den Armen gestikulierend, den Blick vor sich im Nichts, begann er, durchs Zimmer zu stampfen. »Meine Schuld, wenn ihre Gören nix zu fressen haben? Bin ich Jesus? Und überhaupt, was’n das für’ne Mutter, die ihre Kinder allein in’ner Wüste zurückläßt? Hab ich neulich richtig was in Entwicklungshilfe gemacht. Hab ihr erklärt, ›no fickificki, no baby, Chappi enough in desert‹ - ganz einfacher Kreislauf. Also…« Er blieb kurz stehen und überlegte. »… na ja, sie lächelt mich an wie immer und antwortet, ›no problem, mister, no problem‹. Ich sage ›very big problem. Du schaffst nicht genug money ran, und ich setz dich vor die Tür.‹ Dann sie wieder, ›no problem, mister‹. Was willste da machen? Egal, ich bin dafür verantwortlich, daß dieser verdammte Laden hier läuft - und solange ich hier was zu sagen habe, läuft er!«
    Er drehte sich um, grinste und polterte. »Was, Ernst?« Slibulsky, Kopf, Ellbogen und Gipsarm auf die Theke gestützt, nickte gelangweilt. Charly stutzte einen Moment, dann wurde sein Grinsen gefährlich, und er schlappte langsam auf Slibulsky zu.
    »Hör mal, du Niete, wenn ich

Weitere Kostenlose Bücher