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Ein Mann ein Mord

Ein Mann ein Mord

Titel: Ein Mann ein Mord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Arjouni
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dich was frage, möchte ich ’ne Antwort hören. Verstehst du? Hören. Irgendwas.
    ›Ja Charly‹ oder ›wie du meinst, Charly‹ - ganz egal. Ich will, daß was klingelt in meinem Ohr. Und dafür mußt du, so anstrengend das auch für dich is, dein verdammtes Maul aufmachen. Ich bin nämlich hier der Boß, kapito?!«
    Slibulsky zog ein Gesicht wie Zuckerwatte und sagte »Kapito«, und nach einer Pause, in die man alles mögliche legen konnte, »Boß«.
    Charly nickte zufrieden. »So is recht, Kleiner.«
    Er tätschelte Slibulsky die Schulter. »Hab’s ja nicht so gemeint.«
    Gewichtig stolzierte er zurück zum Sofa und ließ sich breitbeinig hineinfallen. Seine Augenbrauen hoben sich.
    »Leute mit Charakter sind morgens etwas aufbrausend. Manchmal auch abends. Aber morgens ganz besonders.« Er zuckte die Schultern. »Dagegen kann man nichts machen.«
    Ich räusperte mich. »Wie wär’s, wenn wir zur Abwechslung mal über meinen Kram reden?«
    Sein Blick hing nachdenklich an meinen Schuhen. Dann angelte er sich vom Tisch einen Zigarillo und ließ ein goldenes Feuerzeug aufschnappen.
    »Der Kleine hat mir schon erzählt.«
    Der Zigarillo knisterte. Langsam drehte sich der Kopf in meine Richtung.
    »Sehe ich so aus, als hätte ich’s nötig, ’nem armen Mädchen die letzten Pfennige abzunehmen?«
    »Ich weiß nicht, was Sie nötig haben. Aber es handelt sich nicht um Pfennige, sondern um eine Frau, die im Puff sechsbis siebentausend Mark im Monat einbringen kann - abgesehen von den dreitausend, die sie bei sich hatte.«
    Charly nahm den Zigarillo aus dem Mund.
    »Ich denke, es geht um gefälschte Ausweise?«
    »Erstmal geht es um jemand, der wußte, wann Sri Dao Rakdees Aufenthaltsgenehmigung abläuft. Und bis vor ein paar Wochen hat sie bei Ihnen gearbeitet.«
    »Stimmt.« Er beugte sich vor. »Aber ich hab genug Mädchen. Ich brauch mir keine schmutzigen Tricks auszudenken. Weißt du, wie viele täglich ankommen und betteln, hier arbeiten zu dürfen?«
    »Schon möglich. Und wie viele werden extra aus Thailand importiert? Um freizukommen mußte Frau Rakdee Ihnen fünftausend Mark Reisekosten bezahlen.«
    Seine Lippen wurden schmal und seine Augen glühten, als er sagte: »Weil ich so ’n großes Herz habe, Schnüffler. Vorher is sie für’n Kerl anschaffen gegangen, der ihr nicht mal genug zu essen gegeben hat. Und damit sie sich loskaufen konnte, hab ich ihr Geld geliehen.«
    »Wie heißt der Kerl?«
    »Bin ich’n Auskunftsbüro oder was?!«
    Die Hand mit dem Zigarillo sauste durch die Luft und krachte auf den Glastisch. Der Zigarillo zerbrach und bröselte über den Teppich.
    Charly erstarrte. »Der nagelneue Flokati! Scheiße!«
    Er kroch über den Boden und zupfte hektisch in den weißen Flusen. Mit einem Blick ›Kneif mich mal‹ sah ich in Richtung Slibulsky. Slibulsky verzog keine Miene. Er stand hinter der Theke, trank warmes Bier und sah aus, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan, als zuzuschauen, wie Flokatis nach Tabakbröseln abgesucht werden.
    Auf allen vieren, halb unterm Tisch, wetterte Charly: »Was schleppst du mir auch für Typen ins Haus, Slibulsky? Hä?! Soweit kommt’s noch, daß ich jemand verpfeife! Was du für Leute kennst…«
    Plötzlich richtete er sich mit knallrotem Kopf auf.
    »Und wenn du auch ’n Schnüffler bist? ’n dreckiger Bullenspitzel? Hast dich hier eingeschlichen, was? Willst rausfinden, ob ich krumme Dinger drehe? Na los, spuck’s aus!«
    »Aber Charly…« Slibulsky tippte sich an die Stirn. »… das würde sich doch bei dir niemand trauen. Wo du ’n Bullenspitzel auf hundert Meter riechst.«
    Charly betrachtete ihn mißtrauisch. Dann knurrte er zufrieden und grinste.
    »Das is wahr. Da wär einer schön blöd. Spitzel haben bei mir keine Chance. Die erkenne ich. Selbst wenn ich nichts sehen könnte, oder es wär immer dunkel…«
    »Blind, nennt man so was im allgemeinen.«
    Ich wartete ab, bis sich beide in meine Richtung eingependelt hatten, und fügte hinzu: »Und der nächste, der rumbrüllt, bin ich.«
    Tatsächlich blieb es still. Nur ein paar Straßengeräusche vermischten sich mit dem Rauschen vom Ventilator. Das Gewitter hatte sich verzogen. Sonnenstrahlen tanzten durchs Zimmer.
    »Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin ein verdammter Schnüffler, und ich hatte gehofft, Sie könnten mir einen Tip geben, wer außer Ihnen über Sri Dao Rakdees Visumdaten informiert ist. Sie wußten von Slibulsky, weshalb ich komme, und Sie

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