Ein Mann will nach oben
Mann leise an und sagte: »Sieh dir einmal dies Bild an, Karl!« Und sie wies auf die Zeitschrift.
»Oh!« sagte Karl Siebrecht und betrachtete interessiert das Bild der schönen Frau. »Die Maria Molina! Sie hat es also doch geschafft, Senden? Wenigstens drüben hat sie es geschafft?«
»Es scheint so«, antwortete der Rittmeister und lächelte nicht ohne Selbstironie. »Wenn sie erst in Hollywood eine Starrolle hat, so wird sie nun wohl auch ein Star werden, die geborene Kusch, geschiedene von Senden, genannt Maria Molina.« Und wieder lächelte der Herr von Senden, diesmal ganz zufrieden.
Karl Siebrecht aber fragte: »Und das ärgert Sie gar nicht, Senden? Schließlich hat sie Ihnen doch Ihr ganzes Vermögen abgenommen und sich sofort scheiden lassen, als sie sah, daßnichts mehr zu holen war! Ich würde mich zuschanden ärgern über so etwas!«
»Ja du, mein Sohn Karl!« antwortete der Rittmeister. »Aber ich bin nun einmal sanfter, mein Lieber. Das Jahr, das ich mit der Molina zusammen verlebt habe, hat mir viel Freude gemacht.«
»Sie hat nie einen Funken für Sie übriggehabt!« rief Karl Siebrecht empört, »sie war immer nur auf Geld aus!«
»Sie hat sogar eine ganze Menge für mich übriggehabt«, sagte der Herr von Senden ganz ungekränkt. »Sie war aber ehrgeizig und wollte durchaus vorwärtskommen. Du müßtest doch am ehesten Verständnis für einen solchen Menschen haben. Du warst immerhin auch ein Ehrgeiziger und wolltest einen Traum verwirklichen – erinnerst du dich noch an die Eroberung von Berlin? Sehr rücksichtsvoll bist du auf diesem Wege gerade nicht mit den Gefühlen deiner Mitmenschen umgegangen – oder was meinst du –?«
»Aber, Herr von Senden«, antwortete Karl Siebrecht etwas steif, »ich wüßte nicht, daß ich irgendwelche Gefühle absichtlich verletzt hätte oder hinter jemandes Geld so her gewesen wäre wie die Maria Molina!« Er wurde unter den lächelnden Blicken der anderen ein wenig rot. »Jedenfalls war alles bei mir ganz anders!«
Alle lachten, sogar der alte Eich, der dazugetreten war, ließ ein kurzes Meckern hören. »Nein, nein«, rief Herr von Senden lachend, »wir wollen dich auch nicht mit der Maria Molina vergleichen! Natürlich ist alles bei jedem ganz anders. Dein Weg führte stets über Rosen …«
Und der alte Eich sagte: »Das erste, was ich höre, mein lieber Schwiegersohn, daß Sie einen so ehrgeizigen Traum hatten! Sie wollten also Berlin erobern? Und wie sind Sie mit dem Ergebnis zufrieden? Immerhin stehen Sie schon Anfang der Vierziger – in diesem Alter war Napoleon, wenn ich nicht irre, schon Kaiser.«
»Ach …« sagte Karl Siebrecht und hatte doch gemerkt, daß ihn alle ein wenig verspotteten, er trug es aber mit Fassung.»Ach, man erobert Berlin nicht, das war nur ein Jungentraum. Im besten Falle erobert Berlin uns, und das hat es bei mir gründlich getan, nicht wahr, Hertha?« Und die beiden sahen sich lächelnd an.
124. Was blieb vom Traum?
»Er wird immer Ihr Sohn bleiben«, hatte Frau Hertha Siebrecht zu Frau Friederike Flau gesagt. »Dafür sorge ich! Und Sie sollen ihn auch alle Ferien bekommen, vom ersten bis zum letzten Tag.«
Und nun war der erste Tag vorüber, den Karl Flau bei seinen neuen Pflegeeltern verbracht hatte. Es war schon dunkel gewesen, als Hertha die »beiden Männer« vom flachen Dach des Hauses heruntergeholt hatte. Sie hatten von dort die Lichter der Riesenstadt beobachtet, der Funkturm hatte mit seinen Leuchtarmen nach ihnen gegriffen, und ganz zum Schluß war noch ein großes Verkehrsflugzeug über ihnen dröhnend seine Bahn gezogen.
Jetzt schlief der Karl, und die beiden Siebrechts gingen noch ein paar Schritte in den nächtlichen Garten. »Höre, mein Freund«, sagte Hertha plötzlich, »hast du eigentlich ganz vergessen, daß wir schon seit fünf Tagen in Göhren sein wollten? Daß dort bestellte Zimmer auf uns warten? Und daß dies der einzige Urlaub ist, den du dir im Jahr gönnst?«
»Wahrhaftig!« rief Karl Siebrecht überrascht. »Daran habe ich gar nicht mehr gedacht!«
»Jetzt sind Flaus fort, und wir können fahren. Was meinst du zu morgen mittag, Karl? Den Jungen nehmen wir mit.«
»Morgen mittag schon? Kommt das nicht etwas plötzlich, Hertha? Im Augenblick ist ziemlich viel zu tun im Geschäft.«
»Im Geschäft wird immer viel zu tun sein. Warum willst du also nicht fahren? Aber dein richtiger Grund, Karl!«
»Ach, Hertha – wir haben es doch hier so hübsch …«
»Karl, der richtige
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