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Ein Mistkerl zum Verlieben

Ein Mistkerl zum Verlieben

Titel: Ein Mistkerl zum Verlieben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Felbermayr
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den Fall des Immobilienmoguls Jay Kagan übernommen, dessen Frau seit einem verpatzten Facelift im Koma lag. Die Kagan-Group war ein großer Kunde der Kanzlei, allerdings mit der Tendenz zur Sprunghaftigkeit, was ihre Geschäftspartner anging, und gerade dieser prekäre Fall war es, so hatte Mr. Stevens, einer der Seniorpartner der Kanzlei ihr gesagt, als sie ihn gemeinsam durchgegangen waren, der der Kanzlei die Zusammenarbeit mit der Kagan-Group für die nächsten Jahre sichern würde. Don Stevens war sicher, würde Kleinman & Stevens den privaten, höchst persönlichen Fall des Eigentümers der Kagan-Group gewinnen, so würde einer der größten Mandanten des Unternehmens für die nächsten Jahre fixiert sein – und dem Anwalt, der den Fall gewann (wovon Kleinman & Stevens ausging, obwohl die Ausgangslage mehr als kompliziert war), würden nette Boni und vermutlich auch eine Beförderung zufallen.
     
    Vicky war eine hübsche junge Frau, mittelgroß und schlank, mit langem, schwarzen Haar, das in sanften, großen Locken über ihre Schultern fiel. Ihr Gesicht war von hellem Teint und ihre Augen so blau wie das karibische Meer. Sie trug einen grauen Bleistiftrock, eine weiße Bluse und Heels von Manolo Blahnik, über die Schulter hatte sie sich ihre große Tasche von Louis Vuitton gehängt, in der sich einige Akten befanden, die sie Zuhause überarbeiten wollte. Der Tag in der Kanzlei war anstrengend gewesen. Zuerst hatte sie am Vormittag einer Verhandlung beigewohnt und anschließend hatte sich ihr Mandant bei ihr seinen Kummer von der Seele geweint. Sie war nie einer dieser Anwälte gewesen, die ihre Mandanten nach der Verhandlung im Regen stehen ließen. Viel eher kam sie hinterher einem Psychologen gleich, der tröstend zur Seite stand und einem sagte, dass das Leben nicht „fürn Arsch“ war und es sehr wohl Sinn machte, weiter zu machen. Der Mandant, der ihre Seelenheildienste an diesem Tag in Anspruch genommen hatte, war gerade geschieden worden und Vicky hatte ihm einen beachtlichen Teil seines Vermögens gesichert, da sie beweisen konnte, dass seine nunmehrige Ex-Frau ihn bereits mehrere Jahre hindurch finanziell wie auch physisch betrogen hatte – doch Mr. Stanley, der gehörnte Ehemann versicherte ihr wieder und wieder, dass er lieber sein gesamtes Vermögen und seinen linken Arm dazu verloren hätte, anstelle seiner geliebten Ehefrau, die es nicht nur ganz klassisch mit dem Gärtner, dem Pizzaboten und dem Kerl, der den Stromzähler ablas, getrieben hatte, sondern auch mit Studenten, die sie anschließend finanziell unterstützte. Außerdem hatte sie während Mr. Stanleys Abwesenheit Sexparties in seinem Hause im großen Stil organisiert und dabei Einnahmen erzielt, ohne sie dem Staate New York, der ebenfalls daran verdienen wollte, und für den kostenpflichtige Sexparties in den Zugehörigkeitsbereich der „Vergnügungssteuer“ fielen, zu melden und war damit auch noch zur Steuersünderin geworden. Vicky hatte oft Mitleid mit ihren Mandanten. Während der Fall lief, hatten diese meist keine Zeit, sich ihrer Gefühle klar zu werden. Sie waren angespannt und standen unter Druck, mussten sich auf Aussagen und Verhandlung vorbereiten und spielten in Gedanken alle möglichen Ausgangsszenarien durch. Dann, wenn die Hauptverhandlung vorbei war, fiel all dieser Druck von den Mandanten ab und ihnen wurde klar, dass ab dem jetzigen Zeitpunkt ihr Leben in komplett anderen Bahnen laufen würde, wie bisher. Gerade bei Scheidungen war die Hauptverhandlung ein Wendepunkt im Leben. Alles würde sich ändern. Viele Mandanten feierten den Tag ihrer Scheidung, doch eine ganze Menge reagierte so, wie Mr. Stanley  - todtraurig und unglücklich, die Schuld bei sich selbst suchend und Ausflüchte findend, warum der Partner denn betrogen hatte. Vicky hatte Mitleid mit dem Mann, der Anfang fünfzig war, leicht untersetzt und auf dessen Kopf sich langsam aber sicher eine Glatze abzeichnete. Und sie hoffte, selber niemals in so eine scheinbar ausweglose Situation zu kommen. Situationen wie diese waren es, die sie darin bestätigten, Single zu bleiben. Wenn sie Mr. Stanley betrachtete, der vor den Scherben seiner Beziehung stand und keine Möglichkeit hatte, sie auf irgendeine Weise zu kitten, der sein halbes Leben lang eine Frau geliebt und mit ihr gelebt hatte, die ihn betrogen und belogen hatte, so war sie froh, abends nach Hause zu ihren Katzen zu kommen und die Füße hochlegen zu können. Kein Mann, der sie betrog.

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