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Ein Mörder kehrt heim

Ein Mörder kehrt heim

Titel: Ein Mörder kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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einem wie mir auch nicht glauben. In meinem Beruf, das bitte ich zu verstehen, wird öfter gelogen als in anderen. Wir liegen knapp hinter dem horizontalen Gewerbe. Trauen Sie nie den Liebesschwüren einer Hure. Glauben Sie nie einem Mann vom Nachrichtendienst. Ich kann Ihr Misstrauen verstehen.« Er hängte ein gütiges Lächeln an.
    Dornröschens Augenbrauen wanderten nach oben.
    Â»Ich glaube, dass Sie Georg vor Kurzem gesehen haben. Mindestens hatten Sie Kontakt zu ihm. Vielleicht hat er angerufen. Vielleicht per SMS oder Mail.« Matti versuchte in Fendts Gesicht zu lesen, aber das blieb ausdruckslos.
    Â»Ich kann jetzt sagen, was ich will, und es ist falsch. Ich hatte seit neunundachtzig keinen Kontakt mehr mit Georg. Würde ich etwas anderes behaupten, gäbe ich eine Straftat zu. Glücklicherweise befinde ich mich nicht in einer solchen Notlage.« Er blickte Matti kalt in die Augen. »Haben Sie mich jetzt verstanden?«
    Schweigen.
    Die drei blickten sich an. Dornröschen schüttelte den Kopf. Twiggy runzelte die Stirn. Matti war ratlos.
    Â»Glauben Sie, dass wir zu den Bullen rennen, wenn Sie nun mit dem linken Auge zwinkern?«, fragte Matti.
    Doch Fendt zwinkerte nicht. »Das glaube ich nicht. Ich habe schon verstanden, dass Sie zur Polizei ein, sagen wir mal, gespanntes Verhältnis haben.«
    Â»Die wollen mich einsperren. Ich soll Georg umgebracht haben«, sagte Matti.
    Â»Er ist nur auf Kaution raus«, erklärte Twiggy.
    Â»So sieht er aus, der Rechtsstaat«, sagte Fendt.
    Â»Könnten Sie sich vorstellen, was Georg in den letzten Jahren getrieben hat?«, fragte Dornröschen.
    Fendt schüttelte den Kopf. Kaum wahrnehmbar. »Bis achtundneunzig reicht meine Fantasie. Aber was er später und nach der RAF -Selbstauflösung getan hat, keine Ahnung.«
    Â»Welche Rolle hatte er in der RAF ?«, fragte Matti.
    Fendt überlegte eine Weile. »Er stand zunächst, wenn ich das so sagen darf, auf dem ultralinken Flügel … so haben wir das früher gesehen. Er drängte auf Aktionen, war radikaler als radikal. Immer vorneweg. Dass er diese Zeit überlebt hat, erstaunt mich heute noch.«
    Â»Es gab also noch eine andere … Phase.« Matti fühlte, dass es jetzt wichtig wurde.
    Â»Ich habe damals mit ihm gesprochen. Also nicht, dass es an mir lag. Er ließ sich nicht beeinflussen. Schon gar nicht von uns, die er im Grunde seines Herzens für gutmütige Bürokraten hielt. Spießer. Er wurde, wie soll ich es sagen, weicher. Vielleicht ist das das richtige Wort?« Er blickte die Eindringlinge an. »Wollen Sie einen Kaffee, einen Tee?«
    Â»Danke«, sagte Dornröschen.
    Matti bewunderte, wie cool der alte Mann war. Zeit gewinnen durch Höflichkeit.
    Â»Weicher, sagten sie.« Matti betrachtete die Hände des ehemaligen Offiziers. Die Finger waren feingliedrig wie die eines Musikers. Sie zitterten kein bisschen.
    Â»Nach dieser Sache mit dem US -Soldaten in Frankfurt am Main, da kam er ins Grübeln. Die Kritik der Genossen hat ihn verletzt. Erst sagte er, es sei Krieg, der Soldat hätte auch desertieren können. Und wenn sie ihn in den Krieg schickten, werde er töten. Aber die Sache ging tiefer. Und es war ein Typ, der vielleicht aus Armut zum Wehrdienst gezwungen worden war.« Fendt überlegte wieder. Er nahm sich Zeit. »Georg hat zwar scharf argumentiert, aber eigentlich war er ein nachdenklicher Typ. Vielleicht empfan d er es als Schwäche und hat es überkompensiert. Bloß nicht als Schlappschwanz gelten. Er hat sich dann auch seinen Genossen mehr geöffnet. Begann zu kritisieren, was sie bisher getan hatten. Verlangte, dass man Aufwand und Ergebnis in eine Beziehung zueinander setzte. Wies sogar die Kritik nicht mehr brüsk zurück, dass sie Leute umbrachten und selbst hohe Verluste hatten, nur um das Gegenteil von dem zu erreichen, was sie bezweckten.«
    Â»Wollte er aussteigen?«, fragte Twiggy.
    Wieder dachte Fendt lange nach.
    Â»Nein, er nie. Er wär auch nie übergelaufen wie Boock oder Müller.«
    Â»Aber Ihnen hat er eine Menge erzählt.«
    Â»Sie waren im Archiv?«
    Twiggy nickte.
    Â»Dann wissen Sie ja, was er gesagt hat.«
    Â»Alles, so ziemlich.«
    Fendt nickte. »Es waren Gespräche unter Genossen.«
    Â»Aber wenn der BND einen Spitzel bei Ihnen sitzen gehabt hätte oder einer Ihrer Genossen getürmt wäre …«,

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