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Ein Mund voll Glück

Ein Mund voll Glück

Titel: Ein Mund voll Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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möchte ich bezweifeln. Und jetzt laß mich ausreden, ich war nämlich noch nicht ganz fertig. Also erstens: Herr Seehuber muß seine Kanzlei schließen. Zweitens: Herr Seehuber muß Dutzende von Terminen und Verhandlungen absagen, und drittens kann er in seinem Zustand natürlich auch keine neuen Klienten empfangen. Mit einem Wort, Herr Sichler wird sich auf eine saftige Schadenersatzforderung gefaßt machen müssen.« Er lauschte lange in den Apparat, aber er hörte nicht einmal ihren Atem.
    »Hallo, bist du gestorben?«
    Es kam ein langer Seufzer, dem zwei Worte folgten: »Armer Fredi!«
    »Armer Fredi!« knurrte er böse. »Der arme Fredi wird von Glück sagen können, wenn er nicht wegen schwerer Körperverletzung hinter Gitter kommt.«
    »Um Himmels willen, Werner, das sagst du doch nicht im Ernst!«
    »Und ob ich das im Ernst sage! Aus welchem Grunde sollte Alois Seehuber keine Strafanzeige stellen?«
    Wieder hörte er lange nichts, und dann kam die zaghafte Frage: »Sag einmal, Werner, wäre es nicht möglich, daß die beiden sich gütlich einigen? Schließlich war das Ganze ja ein unglückseliger Irrtum...«
    »Ich bin nicht befugt, für meinen Freund Seehuber zu verhandeln. Aber unter gütlicher Einigung verstände ich, daß Herr Sichler zum mindesten für den ganzen Schaden aufkommt, den er angerichtet hat. Von einem Schmerzensgeld will ich gar nicht reden...«
    »Ich werde noch heute mit Fredi sprechen. Darf ich dich anrufen, wenn ich ihn getroffen habe?«
    »Natürlich darfst du. — Aber Fredi hier und Fredi da und Fredi vorn und Fredi hinten, das klingt mir doch ein wenig merkwürdig in die Ohren. Ich dachte, du hättest dem Herrn den Laufpaß gegeben...«
    »Hatte ich auch...«
    »Aber?« fragte er.
    Er hörte ein Hüsteln. Oder war es ein Kichern?
    »Aber?« wiederholte er ungeduldig und gereizt.
    »Ach Werner, ich habe ja nicht geahnt, daß Fredi soviel Temperament hat...«
    »Temperament!« murmelte er kopfschüttelnd und legte auf. Wahrhaftig, die Liebe schien in Harpfing seltsame Wege zu gehen.
    Er hängte den Kittel in den Schrank und holte Alois Seehuber in die Praxis herüber. Der arme Kerl sah im unbarmherzigen Tageslicht noch scheußlicher aus, als Werner Golling ihn in Erinnerung hatte. Die dick aufgetragene Zinksalbe klebte weiß auf seinem Gesicht wie die groteske Maske eines Clowns.
    »Wirklich, Loisl«, murmelte der Doktor blinzelnd, »deiner Frau Schwester solltest du in ihrem Zustand deinen Anblick möglichst ersparen!«
    »Was soll ich nur meinen Leuten erzählen?«
    »Dasselbe, was ich deinen Büromädchen erzählt habe, daß du in einem Taxi bei einem scharfen Bremsmanöver mit dem Schädel in die Trennscheibe gerannt bist.«
    »Das nimmt mir doch kein Mensch ab.«
    »Als Anwalt müßtest du eigentlich darauf trainiert sein, auch unglaubwürdige Sachen glaubwürdig vorzutragen...«
    Und dann rekapitulierte er vor dem aufhorchenden Spezi das Gespräch, das er soeben mit Fräulein Danner geführt hatte. Das Zyklopenauge begann aufzuleuchten.
    »Hm — gütliche Einigung —, was könnte man dem Halunken denn abknöpfen? Was meinst du?«
    »Deinen Verdienstausfall und deine täglichen Unkosten — und dazu als Mehrwertsteuer sozusagen Arztkosten und Schmerzensgeld. Unter zwei- bis dreitausend Mark würde ich den Raufbold jedenfalls nicht davonkommen lassen...«
    »Meinst du wirklich, daß er sich darauf einlassen wird?« fragte Alois Seehuber zweifelnd.
    »Ich kenne eure Tarife nicht, aber ich möchte doch annehmen, daß sich ein Gerichtsurteil mit Gebühren, doppelten Anwaltskosten und allem übrigen Drum und Dran für den Herrn bedeutend teurer stellen würde.«
    »Willst du die Sache in die Hand nehmen, Werner?«
    »Da ich damit schon einmal angefangen habe, wird mir wohl nichts anderes übrigbleiben. Hannelore wird mich wahrscheinlich im Verlauf des Nachmittags anrufen. Es bleibt also bei der Verhandlungsbasis von dreitausend Mark?«
    »Mit Spielraum nach oben, aber auch nach unten.«
    Der Doktor begleitete Alois Seehuber auf den Korridor hinaus, denn sein Magen begann lebhaft zu knurren.
    »Servus, Werner, und schönen Dank für alles!«
    »Spar dir die Worte! Ich fühle mich ja ein bißchen mitschuldig an deiner Visage.«
    Alois Seehuber humpelte davon. In der Tür zu seiner Kanzlei drehte er sich noch einmal um: »Wenn unser Hannerl anruft«, sagte er mit einem Versuch, zu grinsen, aber es wurde eine abscheuliche Grimasse daraus, »dann frag sie doch, ob sie nicht noch ein paar

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