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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Hochspannung vom Laboratorium ab. Dann stürmte er auf das Laboratorium zu, so daß ihm der Kommerzienrat kaum folgen konnte. Bald standen sie vor dem Gebäude. Hier aber sah es übel aus. Zwar ein Brand war nicht entstanden, weil nichts zum Brennen vorhanden war. In weiser Voraussicht etwa kommender Ereignisse bestand ja der ganze Bau aus Beton, Eisen und Glas. Aber eine starke Explosion hatte es gegeben. Die großen Fenster waren mitsamt den eisernen Rahmen hinausgeschleudert, und die gewaltige Vakuumröhre war in Splitter von Staubkorngröße zerschmettert.
    Mit einem Blick übersah Hans Kallmann die Sachlage durch das Fenster hindurch. Dann eilte er zur Tür und betrat den Raum. Sein erster Blick galt der Kathode und ihrer Bleiladung. Hier war nicht allzu viel geschehen. Die Kathode hatte nur ihre Lage verändert, und so war das geschmolzene Blei auf den Tisch geflossen. Dort lag es noch so, wie es niedergerieselt war, in Form eines silberglänzenden großen Tropfens.
    Als aber Hans Kallmann zugreifen wollte, verbrannte er sich arg die Finger, obwohl doch wenigstens fünf Minuten seit jener Explosion verflossen waren. Glühend heiß fühlte sich dies Blei immer noch an. Kurz entschlossen ging der Ingenieur zur Wasserleitung, füllte ein Glas mit kaltem Wasser und goß es zischend über das Blei aus. So, jetzt konnte er ruhig zugreifen. Von neuem versuchte er das Blei von der Marmorplatte des Tisches abzuheben. Aber wiederum zog er die Finger schleunigst zurück, denn immer noch war das Blei viel zu heiß.
    »Also machen wir es anders«, murmelte er vor sich hin, holte von neuem ein Glas Wasser, ergriff den Bleitropfen mit einer Zange und warf ihn kurz entschlossen in das kalte Wasser.
    Kommerzienrat Eggers war näher getreten und betrachtete interessiert den Versuch.
    »Haben Sie sich ernstlich verbrannt? … Nicht immer so stürmisch, lieber Kallmann, wir haben ja genügend Zeit. Hat die Arbeit fünf Monate gedauert, so kann sie auch noch zehn Minuten länger dauern … Ja, sagen Sie mal, was machen Sie denn da eigentlich? Sie wollen sich wohl einen warmen Trank bereiten …«
    Der Kommerzienrat blickte auf das Glas, und Hans Kallmann starrte wie verzaubert hin. Es war gar kein Zweifel mehr, das Wasser in diesem Glas begann ganz regelmäßig zu kochen. Schon stiegen um den Bleiblock herum Dampfbläschen empor, schon stieß die Oberfläche des Wassers starke Dampfwolken aus, und jetzt begann das Wasser heftig zu sieden und zu wallen.
    Da machte Hans Kallmann einen Freudensprung und rief: »Hurra, Herr Kommerzienrat, die Sache ist geglückt. Radium hat nur eine Temperaturerhöhung von etwa drei Viertelgrad Celsius über seine Umgebung. Dies Stückchen Blei ist wenigstens zweihundert Grad heiß und wird es schätzungsweise zehn Jahre hindurch bleiben. Es ist ungefähr dreihundertmal so radioaktiv wie reines Radium. Wir sind dem Erfolg wiederum einen großen Schritt näher gekommen.«
    Und dann griff Hans Kallmann von neuem mit der Zange zu, zog den Bleitropfen aus dem Wasser und ging, von Eggers begleitet, damit in die Dunkelkammer. Er brauchte dem Schirm nicht mehr nahe zu kommen. Schon auf eine Entfernung von fast einem Meter versetzte der Bleitropfen die ganze Schirmfläche in ein lebhaftes Funkeln und Glühen. Wohl zehn Minuten hindurch betrachteten die beiden diese Erscheinung. Dann traten sie in das Laboratorium zurück.
    »Ja, was ist denn das?« fragte der Kommerzienrat höchst erstaunt. »Das Wasser kocht ja immer noch heftig weiter.«
    »Ach so«, sagte Hans Kallmann trocken. »An die Emanation hatte ich im Augenblick nicht gedacht. Ein radioaktiver Stoff von der Kraft unseres Bleies muß ja auch eine Emanation von ganz besonderer Stärke erzeugen. Aber das ist Nebensache. Die Hauptsache bleibt doch unser Blei. Herr Kommerzienrat, wir sind auf dem richtigen Weg. Sie werden ein glänzendes Geschäft in künstlichem Radium machen, und ich hoffe auch noch einiges zu erreichen.«
    Wiederum war ein halbes Jahr seit jenem Versuch im Laboratorium des Kommerzienrates vergangen. Was Hans Kallmann, durch die Geldmittel von Eggers unterstützt, inzwischen geleistet hatte, läßt sich am besten in Form eines Gleichnisses ausdrücken.
    Ungefähr so, wie der Urmensch dem vom Blitzschlag entzündeten Baum, hatte die Menschheit bis jetzt den radioaktiven Stoffen gegenübergestanden. Voll Interesse für die wunderbaren Erscheinungen, auch überzeugt, daß die Radioaktivität in kommenden Jahren sicher nützlich werden

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