Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
Vom Netzwerk:
ein neues Element, vielleicht das Radioplumbum zu entdecken. Das Recht der Namengebung würde ihm freistehen, und die Fachzeitschriften würden seinen Namen als den Entdecker des neuen Stoffes festhalten. Aber auch diese Aussicht konnte ihn nicht von seinem ursprünglichen Entschluß abbringen. Gewonnene Zeit war ihm mehr wert als jeder wissenschaftliche Ruhm, und dementsprechend beschloß er zu handeln.
    Die Rechnung war ja so einfach. Ein Milligramm Radium kostete etwa dreihundertzwanzig Mark. Hans Kallmann glaubte nach seinen Messungen und Beobachtungen auf dem Leuchtschirm annehmen zu dürfen, daß seine elf Gramm radioaktiven Bleis wenigstens die Wirkung von einem halben Gramm Radium zeigten. Mit einem Kostenaufwand von etwa tausend Mark hatte er eine Bleimenge im Werte von einem Fünftel Pfennig in einen radioaktiven Stoff von etwa hunderttausend Mark Handelswert verwandelt. Das war eine wirtschaftliche Grundlage, auf der sich immerhin weiter verhandeln ließ, auf der man doch am Ende die Mittel für die ganz großen Versuche auftreiben konnte.
    Hans Kallmann hatte sich seine Lehre aufgebaut und glaubte ihr auch durchaus sicher zu sein. Auf die Länge der Zeit selber kam es danach nicht so sehr an als auf die Stärke der Einwirkung während dieser Zeit. Ob er eine Leistung von dreihundert Pferdestärken drei Stunden oder zehn Stunden hindurch einwirken ließ, das machte keinen wesentlichen Unterschied. Aber eine Leistung von dreißigtausend Pferdestärken auch nur eine Stunde hindurch angesetzt, mußte den Atombau ganz anders erschüttern, mußte die Struktur der Materie derartig auflockern, daß der freiwillige Einsturz danach viel schneller vonstatten ging, daß die Strahlung dementsprechend unverhältnismäßig viel stärker wurde. In diesem Sinne beschloß Hans Kallmann, mit dem ihm seit langem bekannten, ja beinahe befreundeten Kommerzienrat Eggers Rücksprache zu nehmen. Erhielt er hier die gewünschten Mittel, so war er dem Ziel wiederum einen großen Schritt näher gekommen.
    »Nun, Kallmann, beginnen wir. Aber gehen Sie bitte nicht zu dicht heran. Betätigen Sie den Apparat durch die Fernschaltung und beobachten Sie von hier aus durch das Fernrohr. Das Haus könnte doch immerhin in die Luft fliegen.«
    Es war Kommerzienrat Julius Eggers, der diese Worte zu Hans Kallmann sprach. Gerade fünf Monate waren es her, seitdem dieser mit seinen Plänen zu ihm gekommen war, und es waren noch fünf Minuten vor dem ersten großen Versuch, den sie machen wollten. Der Kommerzienrat stand mit Kallmann in einem kleinen roten Backsteingebäude hinter dem Apparatorium der Fernschaltung und Fernmeßapparate.
    Dieses Gebäude erhob sich auf einem freien Gelände, das dem Kommerzienrat gehörte und zwischen dessen Fabrik und einer Kiefernheide lag. Etwa hundert Meter von diesem kleinen Gebäude entfernt stand ein wesentlich größeres Haus, das eigentliche Laboratorium. Dorthin führten Leitungen, die elektrische Kraft mit einer Leistung bis zu fünfzigtausend Pferdestärken heranzuschaffen vermochten. Aber die Betätigung aller Schaltapparate, Heizwiderstände und sonstigen Hilfsmittel konnte von diesem kleineren Gebäude aus erfolgen, so daß man auch gewagte Versuche anstellen konnte, ohne sich persönlich in Gefahr zu bringen.
    »Also los«, sagte Kommerzienrat Eggers und schlug Hans Kallmann auf die Schulter.
    »Also los, Herr Kommerzienrat.«
    Die Schalter wurden betätigt und ein dumpfes Brausen drang von der Fabrik her. Die großen Maschinen der elektrischen Zentrale, die während der Arbeitsstunden die Fabrik mit Strom versahen, gingen an und sandten ihre Kraft durch die Leitungen in das Laboratorium. Neue Hebel wurden gedreht, und die Heizwiderstände im Laboratorium erglühten. Die Zeiger der Amperemeter kletterten in die Höhe und gaben ein Maß für die Riesenkraft, die sich dort in einer Entfernung von fünfhundert Metern auf einen kleinen Bleiblock stürzte.
    Die Uhr in der Hand verfolgte Hans Kallmann den Gang der Zeiger. Eine halbe Stunde … fünfunddreißig Minuten … vierzig Minuten. In der fünfundvierzigsten Minute brach heller Feuerschein aus den Fenstern des Laboratoriums, und die Amperezeiger fielen auf Null. Der Strom war unterbrochen, ein Zeichen, daß es da drüben in der großen Vakuumröhre irgendwie einen Kurzschluß gegeben hatte, durch den die selbsttätigen elektromagnetischen Unterbrecher in Wirksamkeit gesetzt worden waren.
    Mit schnellen Griffen schaltete Hans Kallmann alle

Weitere Kostenlose Bücher