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Ein neues Paradies

Titel: Ein neues Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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alten Lehrers, des Professor Bunsen, geworden. Eine Dezembernacht liegt über der Stadt, und über den Häusern verlischt ein Licht nach dem anderen. Aus dem Universitätslaboratorium dringt dagegen noch immer der Schimmer brennender Lampen. Hier sitzen Lehrer und Schüler über ihre Arbeit gebeugt und vergessen Raum und Zeit. Hier brodelt es in den Retorten, hier rauscht und zischt es aus Drähten und Röhren. Es ist die richtige Hexenküche der mittelalterlichen Alchimisten, die im zwanzigsten Jahrhundert wieder auflebt. Ein eigenartiger Geruch erfüllt den Raum. Das riecht nicht nach scharfen Säuren und Salzen, wie man es sonst in Laboratorien gewohnt ist. Es erinnert vielmehr an den Duft grünender Wälder und blühender Felder. In einer Retorte schimmert eine grüne Flüssigkeit, in welcher allerlei Röhren münden. Davor steht ein Glasballon, einer Röntgenröhre vergleichbar. Ein elektrisches Induktorium schnurrt, und unter seiner Arbeit sendet die Glasröhre ganz neuartige Ätherwellen aus. Eine elektrische Lampe von eigenartiger, noch nie gesehener Konstruktion läßt blendendhelles Sonnenlicht in die grüne Lösung fallen. Brodelnd und blasenwerfend strömt gasförmige Kohlensäure aus einem Rohr in die Lösung. Die Blasen steigen jedoch nicht bis zur Oberfläche, sondern werden von der Flüssigkeit gewissermaßen verschluckt. Ein elektrischer Gleichstrom durchfließt in regelmäßigen Pulsationen die Retorte und ebenfalls absatzweise strömt klares Wasser in dieselbe hinein. Aus einem dritten Rohr entweicht ein farbloses Gas aus der Flüssigkeit. Jetzt ergreift Doktor Bunsen ein brennendes Streichholz und hält es über dies Abzugsrohr. Augenblicklich flammt es in blendendhellem Glanz wie elektrisches Licht auf und verbrennt im Moment. »Die Reaktion ist im Gange«, murmelt der Professor, während er den Holzrest zurückzieht. »Es entweicht reiner Sauerstoff. Die Anordnung scheint zu wirken. Kohlensäure und reines Wasser bringen wir in Gegenwart des Chlorophylls, des natürlichen Blattgrüns, zusammen. Bei unseren Urgroßvätern hätte das allenfalls Sodawasser gegeben. Hier unter der Einwirkung unserer neuen Strahlen, unter der Einwirkung einer intensiven Beleuchtung und unter dem Einfluß schwacher pulsierender Gleichströme spaltet sich die Kohlensäure durch die Kontaktwirkung des Chlorophylls in Kohlenstoff und Sauerstoff. Der Kohlenstoff aber geht im Augenblick seiner Freiwerdung mit dem Wasser eine neue Verbindung ein.«
    »Ich denke, es muß ein Kohlenhydrat entstehen! Es muß Stärke werden«, rief Erich begeistert aus. »Ich hoffe, wir sehen heute richtige Stärkekörner in unserer Retorte wachsen.«
    »Nicht so voreilig, mein lieber Freund«, unterbrach ihn der Professor. »Sie wissen, daß wir nun schon seit zwei Monaten mit der Anordnung arbeiten und daß die Ergebnisse bisher zu wünschen übrig ließen. Sie werden sich erinnern, daß wir zuerst nur einfachen Alkohol, nur einfache Äther und Ester aus der Retorte holen konnten, während teils Kohlensäure, teils Kohlenoxydgas aus dem Abzug vorströmte. Sie wissen ja auch, daß wir erst vor drei Tagen reine Zellulose in der Retorte fanden und darauf die Strahlungs- und Beleuchtungsverhältnisse, die Strompulsationen aufs neue einstellten. Vielleicht haben wir das Richtige getroffen. Vielleicht haben wir Glück und lassen heute Stärke im Glas wachsen. Aber es ist ein ungewisses Spiel mit hohem Einsatz. Vielleicht müssen wir noch Jahre suchen, bevor wir das Richtige finden, bevor wir der Natur ihr Geheimnis abringen. Vielleicht kommen wir auf Monate hindurch von der Zellulose nicht los.«
    »Es mag sein, aber warum so schwarz in die Zukunft blicken«, unterbrach ihn Erich, »wir können doch durch einen Glücksfall schon heute dazu kommen.«
    Unter solchen Reden verstrich Stunde um Stunde und immer träger wurden die Bewegungen in der Retorte, immer breiiger wurde die ursprüngliche Flüssigkeit. Eine Uhr holte am Kirchturm zum Schlagen aus und verkündete die zwölfte Stunde. »Wir wollen den Versuch abbrechen und unsere Retorte auswaschen«, sagte jetzt der Professor und begann die erzeugenden Ströme einen nach dem anderen abzuschalten. Sie schütteten den Inhalt der Retorte auf das Fließpapier eines Trichters und spülten die grüne Erzeugungsflüssigkeit aus. In Kürze lag ein schneeig schimmerndes Pulver im Trichter. Ein Tropfen Reaktionsflüssigkeit genügte, um die typische Stärkereaktion hervorzurufen. »Es ist reine

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