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Ein Ort wie dieser

Ein Ort wie dieser

Titel: Ein Ort wie dieser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie-Aude Murail
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seine.«
    Der Große aus der Dritten steckte seine dicke Murmel ein und warf Ines einen spöttischen Blick zu.
    »Stellen Sie Ihre Schüler auf«, befahl Monsieur Montoriol Cécile. »Und zwar in einer Reihe, die auch so aussieht.«
    Er redete im gleichen Ton zu ihr wie zu Ines. Brüskiert errötete Cécile. Eine Hand drückte sich in ihre: »Kommst du, Madame?«
    Es war Ines.
     
    Als alle sich ordentlich zwei und zwei aufgestellt hatten, fuhren Lisa und Claire fort, sich in die Hände zu klatschen und zu singen:
    »Sie isst Orangen mit der Schal’
    und Rüben, dick, an großer Zahl.«
    »Lisa und Claire, es reicht!«, rief Cécile und wurde laut.
    Flüsternd klatschten sie weiter immer schneller in die Hände:
    »Am Sonntag trägt sie weiße Kleider
    Und Samstag kommt der Schnei…«
    »Ich sagte: Es reicht!«
    Cécile schüttelte Lisa an der Schulter, wie sie es Monsieur Montoriol hatte tun sehen. Tränen stiegen der Kleinen in die Augen, und zum zweiten Mal an diesem Vormittag wurde Cécile rot vor Scham. Als die Kinder Platz genommen hatten, fragte sie: »Wisst ihr, wer Omchen ist?«
    Ein paar Kinder fingen an zu lachen. Finger gingen in die Höhe.
    »Ich, Madame!«
    »Ja, Claire?«
    »Das ist die Bücherfrau.«
    »Die isst gar nisst nett«, ergänsste Louis.
    Schließlich begriff Cécile, dass Omchen der Spitzname einer offenbar recht alten Dame war, die während der Mittagspause und der Hausaufgabenbetreuung die Bibliothek aufschloss. Sie zwang die Kinder zu absoluter Stille und erfand alle möglichen Vorschriften. Zum Beispiel durfte man nur auf Zehenspitzen laufen, nur ein Buch auf einmal aus dem Regal nehmen, musste es mindestens zehn Minuten ansehen, durfte es nicht allzu weit öffnen, um den Einband nicht kaputtzumachen, musste die Seiten ordentlich an der oberen Ecke umblättern … Cécile verließ der Mut. Die Welt der Erwachsenen war wirklich angsteinflößend. Dann wurde sie energisch: »Los, alle aufstehen!«
    Baptiste ließ sich das nicht zweimal sagen und warf in seiner Begeisterung seinen Stuhl um.
    »Jeder nimmt seinen Zauberstift.«
    Die Kinder schlossen die Hand um einen unsichtbaren Stift. Cécile wandte ihnen den Rücken zu, damit die Kinder ihre Bewegungen nachahmen konnten.
    »Um ein ›l‹ zu machen, geht ihr hoch in die Luft, passt auf, dass ihr nicht an die Decke stoßt, dann gibt es einen schönen Bogen und ihr kommt wieder auf die Erde zurück, aber mit einer ganz weichen Landung. Gut. Welchen Buchstaben wollt ihr jetzt machen?«
    »Die drei Töttchen, Madame!«
    »Einverstanden, Audrey. Wir machen ein ›m‹.«
    Daraufhin wurden die drei unsichtbaren Stöckchen gezeichnet. Cécile wandte sich zu Audrey: »Hast du mit deinem Papa über den Logopäden gesprochen?«
    »Ja, Madame.«
    »Und was hat er gesagt?«
    Die Kleine machte den Mund auf, schien kurz davor, etwas zu antworten, dann schüttelte sie den Kopf. Ihr Vater hatte gesagt: »Das ist doch rausgeschmissenes Geld.«

Kapitel 4 Wenn Montag der Mond scheint, donnert’s dann am … Freitag?
    Cécile mochte Dienstage. Sie nahm die Straßenbahn und traf sich mit Gil im Tchip Burger.
    »Das Gleiche wie immer«, sagte sie und schubste ihren Bruder in die Warteschlange.
    Sie ging zu einem Tisch nicht weit vom Tresen. Von dort aus konnte sie Eloi hinter seiner Kasse sehen. Er bewegte sich sehr schnell, fast ruckartig. Man hätte ihn für einen Automaten halten können. Wenn sie vermutet hätte, dass er sich beobachtet fühlen würde, wäre sie in den ersten Stock hinaufgegangen. Aber er ignorierte sie mit starrem Blick. Er war schön. Das war Céciles Empfindung. Tatsächlich hatte er ein schmales Gesicht mit unregelmäßigen Zügen. Aber mit Charme und einem verheerenden Lächeln.
    »Magst du dich nicht in eine ruhigere Ecke setzen?«, schlug Gil vor, als er sein beladenes Tablett abstellte.
    »Ist gut hier«, sagte Cécile nur. Gil packte rasch einen Bacon Burger aus.
    »Echt nett, der Typ. Er hat mir noch einen Big-Burger gratis dazugegegeben.«
    »Was für ein Typ?«, fragte Cécile und tat gleichgültig.
    »Der, zu dem du ständig hinschielst«, antwortete Gil.
    Cécile hatte den Eindruck, ihr würde die Maske heruntergerissen. Sie war sprachlos, unfähig, sich gelassen zu zeigen, selbst als sie ihre Chicken Nuggets aß. Als Gil in seinen ersten Burger gebissen hatte, merkte er, welchen Schaden er angerichtet hatte.
    »War doch nur ein Witz!«, sagte er leicht verlegen.
    In Physik musste er noch mal daran denken. Es war klar:

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