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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Bottini
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Toni.«
    Sie reichten sich die Hand. Tonis Alter war schwer zu schätzen, er mochte wie er selbst Ende vierzig sein. Kein Gramm Fett, der Haaransatz kaum einen Millimeter zurückgewichen, die Augen voller Energie. Doch die Falten darum waren tiefe, ausgetrocknete Kerben.
    »Sie sprechen Algerisch?«
    »Arabisch. Ich bin schon lange im arabischen Raum unterwegs. Bundesgrenzschutz, Fremdenlegion, seit einer Weile privat.«
    »Klingt spannend, Fremdenlegion.«
    Toni zuckte mit den Schultern. »Fünfzehn Jahre, Bosnien, Kosovo, Irak, Maghreb.« Er wies auf den Mann im schwarzen Anzug. »Ahmed. Er spielt Tennis, falls Sie mal Lust haben.«
    Richter nickte. »Warum nicht?«
    Ahmed war deutlich größer und muskulöser als Toni, ein schlanker, leicht nach vorn geneigter Hüne.
    »Ahlan wa sahlan«, sagte Richter.
    »Choukran djazilan.« Ahmed ergriff seine Hand und sprach mit leiser Stimme weiter. Er wirkte schüchtern, beeindruckt von der offiziösen Umgebung, dem mehr oder weniger bedeutenden Gast des Verteidigungsministeriums. Als er schwieg, gestand Richter auf Französisch, er habe nur wiederholt, was er eben bei Toni gehört habe.
    Sie lachten.
    »Ich hoffe, es war keine Beleidigung.«
    »Nein, nein«, sagte Sadek Madjer, der mit dem Koffer zu ihnen getreten war. Während sie hineingingen, erklärte er, mit diesem Satz heiße man den anderen als Angehörigen der Familie willkommen und wünsche ihm einen leichten Weg. Lächelnd hob er den freien Arm. »Wir sind eine große Familie, und hier wohnen wir.«
    Richter kam das Gästehaus weitläufig und luxuriös vor. Unten Bedienstetenzimmer, die Küche und ein Wohnzimmer mit Essbereich, Bar, Fensterfront, einer zweiten Treppe nach oben. Draußen eine Terrasse, ein Garten mit Tennisplatz, akkurat gepflegt. Im oberen Stockwerk lagen Schlafzimmer und Bäder, ein Arbeitszimmer mit Computer, eine kleine Bibliothek; im Keller, ergänzte Madjer, ein Raum mit Billardtisch sowie ein kleiner Swimmingpool und ein Gebetszimmer. Die Böden waren aus hellem Naturstein, die orientalischen Teppiche ein Vermögen wert, in allen Räumen nur die feinsten Stoffe und Dekors, Mahagoni, dunkelbraunes Leder.
    »Ja, Algerien ist ein reiches Land«, sagte Madjer.
    Und ein neugieriges, dachte Richter. Er zeigte auf eine der Kameras an der Decke im oberen Flur. »Schutz oder Überwachung?«
    »Schutz.«
    »Wer sitzt vor den Monitoren?«
    »Das Verteidigungsministerium.«
    »Das ist in der Tat beruhigend.«
    Madjer deutete eine Geste der Entschuldigung an. »Leider sitzt es vier Kilometer entfernt.«
    »Dann ist es also zu spät, wenn die Bösen erst mal drin sind.«
    »Sie sagen es, Monsieur.« Madjer stieß eine Tür zu einem im Halbdunkel liegenden Raum auf. »Ihr Zimmer.«
    »Ohne Kameras, hoffentlich.«
    »Nein. Sie sehen sie nur nicht.«
    Richter hielt auf der Türschwelle inne, Empörung wallte in ihm auf. Dann sah er Madjers Mundwinkel zucken.
    »So haben wir auch eine Beschäftigung für die Bärtigen in unseren Reihen, Sie verstehen.« Kichernd legte Madjer den Koffer auf die Ablage, dann zog er die schweren, bunt gemusterten Vorhänge zur Seite und sagte: »Ahlan wa sahlan, ya si-Peter.«
    Unten auf der Terrasse warteten Kaffee, Erdnüsse und algerisches Gebäck. Richter hatte sich umgezogen, trank und aß im Stehen. Toni war bei ihm, sie sprachen über die Abläufe. Jeden Morgen pünktlich um halb acht Abfahrt nach Ain Smara zur künftigen »Atlas«-Produktionsstätte etwa zehn Kilometer westlich des Flughafens. Madjer würde fahren, Richter saß hinten, Toni vorn, zwei Streifenwagen begleiteten sie, Ahmed blieb im Gästehaus. Auf dem Firmengelände von Elbe Algérie würde Toni keinen Zentimeter von Richters Seite weichen. Nachmittags pünktlich um halb fünf würden die Streifen sie dort abholen.
    »Sicher wie in Abrahams Schoß«, sagte Richter.
    »Hier sind Sie in Ibrahims Schoß«, erwiderte Toni.
    Die Sonne stand tief, Garten und Tennisplatz lagen im Schatten irgendeiner Erhebung im Westen. Constantine hoch über ihnen hatte noch Licht. Vielleicht übte es deshalb eine derart starke Anziehung auf ihn aus, dachte Richter. Die spektakuläre Lage und so viel Licht. Licht beruhigte ihn.
    Er gähnte verhalten, schenkte sich Kaffee nach. Auch Toni nahm eine zweite Tasse. Aus dem Obergeschoss war das Brummen eines Staubsaugers zu hören. Madjer hatte ihm den Koch und zwei Dienstmädchen vorgestellt. Die Frauen trugen hellblaue Kleider, weiße Kopftücher und glichen Krankenschwestern. Der

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