Ein prickelndes Spiel (German Edition)
zu blöd bist, um es selbst zu tun.”
Es war ein Foto von Nicole. Sie stand vor einem kleinen Cottage, das nah am Wasser lag. Sie hatte das Haar zu einem Zopf geflochten und trug eine Caprihose und ein ärmelloses weißes Top. Alex sah genauer hin. Malte sie? Ja, sie stand vor einer Staffelei, und Devil hatte sich zu ihren Füßen auf einer Decke zusammengerollt.
Alex spürte den Herzschlag in den Ohren. Das Foto musste vor Kurzem aufgenommen worden sein, sonst hätte Kylie es nicht geschickt. Er presste die Hände gegen die Schläfen. Hatte Kylie seinerzeit nicht auch die meisten anderen Fotos von Nicole gemacht? Aber dieses war vollkommen anders. Wo war das schwarze Leder, das urbane Outfit, die nervöse Energie? Diese Nicole sah eigenartig ruhig aus, beinahe gelassen und zufrieden, wäre da nicht der traurige Ausdruck in ihren Augen gewesen.
Er machte schnell das Bild von dem Briefbogen ab und sah sofort, dass dieses einer der üblichen Formblätter war, wie Kylie sie benutzte.
Name der Observierten: Holly Golightly Harvak alias Nicole Bennett.
Das konnte doch nicht wahr sein! Alex las die Zeile noch einmal. Tatsächlich, ihre Eltern hatten sie nach der Person benannt, die Audrey Hepburn in dem Film “Frühstück bei Tiffany” verkörperte. Kein Wunder, dass sie einen Tiffany-Komplex hatte.
Er las weiter. Kylie hatte viel über Holly zusammengetragen. Wann sie in Brooklyn geboren und wo sie zur Schule gegangen war, dass ihr Bruder verheiratet war und eine kleine Tochter hatte, in welchem Gefängnis ihr Vater einsaß und wie oft Nicole ihn da besucht hatte. Sie hatte ihn tatsächlich an dem Tag das erste Mal besucht, an dem Alex sie beschuldigt hatte, den Schmuck gestohlen zu haben.
Verdammt!
Und dann hatte Kylie noch die Adresse des Cottage in Westhampton angegeben.
Das Cottage war vor drei Jahren gekauft worden, und zwar von dem Geld, das sie von ihrer Mutter geerbt hatte und das ihr an ihrem fünfundzwanzigsten Geburtstag ausgezahlt worden war. Jeremy hatte sich mit seinem Teil aus der Lebensversicherung der Mutter als Klempner selbstständig gemacht.
Alex schüttelte den Kopf, als könne er nicht glauben, was er sah. So vieles hatte er nicht gewusst. So vieles hatte sie vor ihm verborgen und sicher nicht nur vor ihm.
Und Kylie hatte ihm jetzt endlich die Augen geöffnet.
Holly parkte ihr VW-Käfer Cabrio in ihrer kleinen Kieseinfahrt, griff nach den Einkaufstüten und stieg aus. Das weiße Cottage sah irgendwie einsam aus, wie es so ganz allein am Strand ziemlich nahe am Wasser stand, aber sie liebte es. Früher war das Cottage als Gästehaus benutzt worden und gehörte zu dem großen Haus dort oben auf den Klippen. Als die Besitzer aber das eigene Haus um einen Gästeflügel erweiterten, hatten sie das Cottage einem Makler übergeben, und Holly hatte sofort zugegriffen, auch wenn ihr ganzes Erbteil dafür draufging.
Sie schloss die Eingangstür auf und trat ein. Sofort war Devil da und strich ihr um die Beine. Zärtlich kraulte sie ihm die Ohren. “Bist du froh, dass ich wieder da bin?” Sie lächelte, ging in die große Wohnküche und stellte die Einkäufe ab. Aufatmend sah sie sich um. Nicht nur außen war das Cottage weiß, auch innen hatte Holly alles in Weiß gehalten, Wände, Möbel, Kissen. Der Teppich war hellgrau. Aus einer der Tüten holte sie eine blühende Topfpflanze. Sie stellte sie auf den Esstisch, schüttelte dann den Kopf, nahm den Topf wieder hoch und platzierte ihn auf dem Couchtisch. Sehr viel besser.
Früher hatte sie sich nie Pflanzen gekauft, da sie ständig auf Reisen war. Aber jetzt würde sie erst mal zu Hause bleiben. Devil miaute kläglich.
“Du bist ja heute besonders ungeduldig. Moment, du kriegst gleich was.” Holly räumte die Einkäufe weg, was nicht lange dauerte, da sie nur für sich und Kater zu sorgen hatte. Kurz blickte sie sinnend auf eine Tüte Nudeln. Als sie das letzte Mal Nudeln kochen wollte … Hastig packte sie die Tüte in den Vorratsschrank. Sie wollte nicht an Alex denken.
Schnell machte sie eine Dose auf und tat die Hälfte des Inhalts auf den Katzenteller. Früher hatte sie immer das billige Futter gekauft, aber dann hatte Alex eines Tages das Luxusfutter nach Hause gebracht, und seitdem lehnte Devil alles andere ab.
Nach Hause …
Es fiel ihr schwer, das Loft von Alex nicht als Zuhause zu betrachten, obgleich sie doch nur so kurz darin gewohnt hatte. Immer wenn sie an ihn oder an das Loft dachte, fiel ihr das Wort Zuhause ein,
Weitere Kostenlose Bücher