Ein prickelndes Spiel (German Edition)
einen Blick auf die Frau hinter der Theke. Die hatte ihr anfangs einiges Kopfzerbrechen gemacht, denn für eine Barfrau war sie einfach zu intelligent und schlagfertig. Aber da Nicole rein zufällig hier gelandet war, war es mehr als unwahrscheinlich, dass sie zur Polizei gehörte. Keine Behörde handelte so vorausschauend.
Die junge Frau wirkte allerdings etwas nervös. Sicher wegen eines Mannes, dachte Nicole. Das konnte sie nur zu gut verstehen.
“Wahrscheinlich hat er sich schon längst die nächste Frau aufgetan”, murmelte die Barfrau vor sich hin und wischte energisch die Theke blank.
Bingo. Aber dass sie recht behalten hatte, tröstete Nicole in diesem Fall nicht. Im Gegenteil, es war bitter zu sehen, dass die andere genau das Gleiche durchgemacht hatte wie sie.
Die Tür wurde aufgestoßen, und eine attraktive Rothaarige rauschte herein. Klamotten und Schmuck waren vom Feinsten, wie Nicole sofort registrierte. Wahrscheinlich aber war die Neue nicht mit einem silbernen Löffel im Mund geboren worden. Nicole hatte genügend Erfahrung mit Leuten, die ihr Geld geerbt hatten, und mit Neureichen, um jeden Menschen mit einem Blick einzuordnen. Was die Sachen wohl wert waren? Nicht wenig, aber es war nicht für sie. Denn Nicole war nur hinter Edelsteinen von Tiffany her und nahm nur ungefasste Steine, beziehungsweise ungeschliffene Steine.
“Tolles T-Shirt.”
Die Rothaarige hatte die Barfrau angesprochen. Die trug ein Frauen-Power-Shirt, Nicole dagegen eine glatte schwarze Lederhose und eine Lederweste.
“Du siehst gar nicht aus wie ein T-Shirt-Typ”, sagte die Barfrau jetzt lächelnd.
Die Rothaarige lachte laut los, und sofort drehten sich die beiden Geschäftsleute nach ihr um, was sie sicher auch beabsichtigt hatte. “Glaub mir, Schwesterchen, so sehe ich nicht jeden Tag aus. Das da …”, sie wies auf das Shirt, “… gefällt mir viel besser als mein üblicher Look.”
“Ich mag es auch.” Die Barfrau goss einen ordentlichen Whisky ein und schob ihn der Rothaarigen zu. “Ich bin Venus Messina.”
Die Neue streckte die Hand aus. “Und ich bin Sydney Colburn.”
Nicole blickte unauffällig hinüber.
Die Barfrau starrte die Rothaarige überrascht an. “Sydney Colburn? Die Schriftstellerin?”
Sydney nickte und nahm einen Schluck. “Genau die.”
Jetzt erst begriff auch Nicole, wen sie da vor sich hatte. Ja, sie kannte die Autorin. Sie hatte schon einiges von ihr gelesen, meist auf Flügen, und war immer sehr gefesselt gewesen.
Venus erzählte Sydney gerade, wie gut ihr deren Romane gefielen und wie schade es sei, dass Männer in Wirklichkeit doch ganz anders seien. “Vor allem, weil die Heldinnen sich endlich was trauen und sich nicht einschüchtern lassen. Das ist nicht leicht für die Männer.”
“Aber es gibt solche Männer”, sagte Sydney jetzt leise. “Man muss sie nur finden.”
Wie recht sie hatte! Nicole nickte automatisch.
“Finden ist eine Sache”, sagte Venus. “Aber sie halten, das ist eine andere. An mir bleiben immer nur die kleben, die mich entweder meinen Job kosten oder sich von mir aushalten lassen wollen. Nicht die tollen Supermänner mit dem unwiderstehlichen Lächeln.”
“Hm”, machte Sydney.
“Was?”
“Es hat dich offenbar schwer erwischt.”
Nicole musste grinsen. Das kannst du wohl laut sagen, dachte sie.
Venus runzelte die Stirn. “Dich doch auch.”
Sydney nickte nur.
Venus goss ihr noch einen Whisky ein. “Wir schlimmen Mädchen haben es nicht leicht”, sagte sie nachdenklich. “Wir erwarten immer zu viel von den Männern, und bei jeder neuen Beziehung hoffen wir aufs Neue.”
Nicole richtete sich leicht auf, als Venus ihr jetzt zuwinkte. “Komm rüber. Setz dich zu uns. Wir schlimmen Mädchen müssen zusammenhalten.”
Nicole sah beide Frauen prüfend an. Es war nicht so sehr Venus’ direkte Art, die sie verblüffte, sondern die Tatsache, dass sie sie gleich durchschaut hatte. War das eine spezielle Gabe, eine verwandte Seele zu erkennen? In meinem Fall ist das zwar ziemlich einfach, dachte Nicole. Von Kopf bis Fuß in schwarzes Leder gekleidet gehörte sie ganz sicher nicht zu den braven Mädchen.
Aber unabhängig von der Kleidung, Nicole war ziemlich sicher, dass sie mit den beiden Frauen eine ganze Menge gemein hatte und in vielem übereinstimmte, was Männer betraf, aber auch das Leben ganz allgemein. Was allerdings den Beruf anging … Na ja, sie musste ihnen ja nicht auf die Nase binden, dass sie eine professionelle
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