Ein Regisseur macht noch keine Liebe
sehen?“
Er stieß sich von der Küchentheke ab und ging zum Telefon an der Wand. Er brauchte ihre Nummer nicht extra zu wählen. Sie war eingespeichert. Robert lauschte den Tönen, die der Wählvorgang machte, und richtete sich beim ersten Ton der freien Leitung auf. Es klickte und er wollte gerade sprechen, als er registrierte, dass es nur ihr Anrufbeantworter war. „Helena Fisher, ich bin zurzeit nicht zu erreichen. Schade, dass Sie ausgerechnet jetzt anrufen. Hinterlassen Sie mir einfach eine Nachricht. Ich denke dann darüber nach, ob ich zurückrufe oder auch nicht. Guten Tag.“ Robert grinste. „Helena … geh ans Telefon … bitte.“ Er wartete. Nichts. Kein Klacken, kein fröhliches Hallo von ihr. „Helena … komm …“
„Vielen Dank für ihren Anruf.“ Er wollte noch etwas sagen, war aber vom Ende des Bandes unterbrochen worden. Verärgert hing er den Hörer ein. „Hast Du Dich geärgert?“, Robert zuckte zusammen. In der Tür stand Joy, sie lächelte ihn fragend an. Sein Blick fiel auf die kleine, zierliche Person, deren Gesicht ein dunkler Pagenschnitt umrahmte. Doch der erste Eindruck, den Joy hinterließ, täuschte. Sie hatte Nerven wie Drahtseile und ihre Energie schien grenzenlos zu sein. „Nein … ähm … nein.“ Er schüttelte den Kopf und ging zu ihr, drückte ihr einen Kuss auf die Wange und wandte sich dann seinem Tee zu. „Warum rauscht Du dann hier rein? Ohne Gruß …!“ Robert sah seine Lebensgefährtin über den Rand der Tasse hinweg an. Er musste ihr eine plausible Erklärung für sein Verhalten geben. „Die Computer spinnen unten und die gute Kate ist etwas überfordert mit den Dingern. Außerdem hat Helena sich krankgemeldet.“ Er nahm einen Schluck und hoffte, die Kurve für dieses Gespräch gerade noch glimpflich genommen zu haben. Joy ging auf ihn zu, griff an ihm vorbei und holte sich ebenfalls eine Tasse aus dem Schrank, sie goss sich Tee ein, süßte ihn und stellte sich neben Robert. „Krank? Die Arme … schon das zweite Mal in dieser Woche.“ Robert nickte. Er hatte die Kurve nicht bekommen. „Wahrscheinlich hat sie sich beim letzten Mal nicht richtig auskuriert“, er lächelte Joy zaghaft an und stellte seine Tasse ab. Nun war es an Joy, ihn über den Rand der Tasse hinweg anzusehen. Sie trank, nahm dann die Tasse herunter, und während sie diese in ihren Händen drehte, beobachtete sie sich dabei. „Glaubst Du, dass sie sich was Ernstes eingefangen hat?“ Sie sah nicht auf. Fielding hatte seine leere Tasse in das Spülbecken gestellt und stand nun mit dem Rücken zu ihr. „Nein … ich denke nicht. Ich werde gleich mal rüber gehen.“ Joy nickte. „Tu das … und grüß sie herzlich von mir“, rief sie ihm über ihre Schulter hinweg zu. Mit diesen Worten verließ sie ihn.
Robert ballte die Hände zu Fäusten. Er mochte diese Spielchen mit Joy nicht. Er wusste, sie ahnte etwas. Aber sie hatte ihn in all den Jahren gewähren lassen. Es war nicht das erste Mal, dass er eine Affäre hatte. Er war immer zu ihr zurückgekehrt. Immer. Aber diese Spielchen zwischendurch, die hasste er einfach. Er liebte Joy. Aber sie schlief seit Jahren nicht mehr mit ihm. Für Joy war es einfach, das Körperliche vom Geistigen zu trennen. Für ihn nicht.
Er verließ die Küche und nahm seinen Schlüssel vom Haken. „Bin in einer halben Stunde zurück.“ Er beugte sich über Joy und küsste sie. Sie saß, wie auch in dem Moment, an dem er an ihr vorbei gestürmt war und sie nicht bemerkt hatte, in ihrem Lieblingssessel vor dem Fenster. Joy lächelte sacht und ließ ihn gehen.
…
Joy sah in den sonnigen Himmel hinaus. Heute würden sie reden müssen. Heute. Sie hasste es. Er hatte immer seine Affären gehabt und war jedes Mal zu ihr zurückgekommen. Nie hatte sie es für möglich gehalten, dass sich eine seiner Affären zu einer Belastung ihrer Beziehung entwickeln würde. Bis diese Frau kam. Joy schloss für einen Moment die Augen. Sie mochte die Jüngere. Sie waren Freundinnen und sie hatte es der jüngeren Frau nicht übel genommen, dass sie sich in ihren Mann verliebt hatte. Sie hatte es Robert übel genommen, dass er sich in sie verliebt hatte. Sie strich in Gedanken verloren ihre weiße Kurta glatt und zupfte eine Fluse vom Stoff. Wie konnte Robert ihr das antun? Nach all den Jahren.
…
Helena hasste Zugfahrten. Die dicken Polster fingen die Schwingungen der Gleise nicht ab und genau diese Schwingungen verursachten ihr Schmerzen. Sie hatte sich am Kiosk
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