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Ein Schritt ins Leere

Ein Schritt ins Leere

Titel: Ein Schritt ins Leere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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dass bereits ein halbes Gran eine verhängnisvolle Dosis ist? Sechzehnmal sollte ich schon tot sein! Es ist allerdings vorgekommen, dass Menschen auch nach zwölf Gran noch gerettet wurden – immerhin, acht ist eine hübsche Portion, was? In diesem Krankenhaus hat es einen Fall wie den meinen noch nicht gegeben.»
    «Wie nett, dass du ihre Erfahrung bereichert hast!»
    In diesem Moment trat die Pflegerin mit den in einer Vase angeordneten Lilien wieder herein.
    «Schwester, das stimmt doch, nicht? Einen Fall wie den meinen haben Sie noch nie gehabt?»
    «Sie gehörten eigentlich überhaupt nicht hierher, Mr Jones, sondern auf den Kirchhof», erwiderte die Gefragte. «Doch nur die Guten sterben jung, sagt man.» Sie kicherte über ihren eigenen Witz und ließ Bobby Jones mit seiner Besucherin von neuem allein.
    «Da hast du’s», triumphierte der Kranke. «Du wirst sehen, mein Ruhm verbreitet sich noch über ganz England.» Und er fuhr fort zu reden. Verschwunden waren alle Anzeichen eines Minderwertigkeitskomplexes, die er bei ihrem letzten Beisammensein bekundet hatte.
    «Nun ist’s genug», wehrte Frankie ab, als er mit egoistischem Vergnügen jede Einzelheit seines Falles schilderte. «Magenpumpen interessieren mich wirklich nicht sehr. Wenn man dir zuhört, könnte man meinen, es sei vor dir noch nie jemand vergiftet worden. Es war das Bier, wie?»
    «Ja. Irgendwer hat mich schlafend wie einen Toten gefunden und versucht, mich aufzuwecken, was ihm nicht gelang. Bestürzt holte er Hilfe. Man trug mich zu einem nahe gelegenen Bauernhof, benachrichtigte einen Arzt…»
    «Das Weitere ist mir alles bekannt», unterbrach Frankie hastig.
    «Zuerst verfielen die Trottel auf die blöde Idee, ich habe das Zeug absichtlich geschluckt. Als ich ihnen hinterher den Sachverhalt erzählte, suchten sie nach der Flasche, und der in ihr befindliche Bodensatz hat für die Analyse noch ausgereicht. Wie das Gift in die Flasche kam, Frankie, mag der Himmel wissen. Eine Kontrolluntersuchung bei dem Krämer, wo ich die Flasche kaufte, hat ergeben, dass sämtliche anderen Flaschen einwandfrei sind.»
    «Dann kann das Gift nur hineingeschüttet worden sein, während du schliefst.»
    «Richtig. Ich erinnere mich auch, dass der Papierstreifen, der quer über dem Verschluss sitzt, verletzt war.»
    «Das beweist, wie Recht ich mit meiner Behauptung hatte.»
    «Welcher Behauptung?»
    «Dass man Alex Pritchard die Klippen hinuntergestürzt habe.»
    «Aber…»
    «Lieber Bobby, was könnte wohl jemanden veranlassen, dich aus der Welt zu schaffen? Du bist kein Erbe, aus dessen Tod ein anderer Nutzen zieht. Rache…? Hast du etwa mal die Tochter eines Apothekers verführt?»
    «Soweit ich mich entsinne – nein», entgegnete Bobby Jones würdevoll.
    «Ich weiß. Man verführt so viel, dass man die einzelnen Fälle nicht behalten kann.»
    «Du machst mich schamrot, Frankie! Aber warum gerade die Tochter eines Apothekers?»
    «Freie Verfügung über Morphium!»
    «Ach so! Also kurz und gut, ich habe keine Apothekerstochter verführt und besitze meines Wissens keinen Todfeind.»
    «Na, siehst du! Es muss mit Pritchard zusammenhängen. Was meint denn die Polizei?»
    «Spricht von der Tat eines Irren.»
    «Irre durchstreifen nicht Wald und Flur mit Morphium in der Tasche. Nein, jemand stieß Pritchard über den Klippenrand. Eine oder zwei Minuten später tauchst du unversehens auf, und der Verbrecher glaubt, du habest ihn bei seiner Tat beobachtet.»
    «Dann hätte ich doch bei der amtlichen Leichenschau eine dementsprechende Aussage gemacht», gab Bobby zu bedenken, und Frankie konnte sich der Stichhaltigkeit dieses Einwands nicht verschließen.
    «Trotzdem», beharrte sie nach einem Weilchen. «Du warst der erste, der auf dem Schauplatz erschien.»
    «Zusammen mit Dr. Thomas», berichtigte Bobby. «Und niemand hat versucht, ihn zu vergiften.»
    «Es ist ja noch nicht aller Tage Abend», prophezeite Frankie heiter. «Oder man hat es bereits versucht, und der Versuch scheiterte. Halt! Da macht mich noch etwas stutzig!»
    «Was?»
    «Die Stellung, die dir angeboten wurde. Ich habe noch nie von einer ausländischen Firma gehört, deren Spezialität es ist, unbekannte verabschiedete Marineoffiziere einzustellen. Denn damals warst du ja noch nicht reif fürs B.M.J.! Aber Scherz beiseite, Bobby. Meiner Ansicht nach bildet sich der – oder die – Täter ein, du habest etwas gesehen. Daher versuchten sie zuerst, dich loszuwerden, indem sie dir eine

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