Ein schwarzer Vogel
Gesten.
Bertha sah mich fragend an.
»Verstehst du ein Wort davon?«
»Hin und wieder, ja. Ich
verstehe jedenfalls, was er meint. Es gibt hier kein eisgekühltes Bier. Wenn du
welches haben willst, mußt du in die Stadt fahren, aber auch dort ist es nur
lauwarm.«
»Lauwarmes Bier, pfui Teufel«,
sagte Bertha und schüttelte sich. »Jetzt habe ich das verdammte Wasser in mich
hineingegossen und bin genauso durstig wie vorher. Himmel, ist das heiß hier.«
»In ein paar Tagen wirst du
dich daran gewöhnen. Du hast bisher in einem völlig anderen Klima gelebt. Dein
Blut ist noch zu dick.«
»Das ist ein feiner Trost.«
»Hast du geglaubt, ich könnte
dir helfen? Reg dich nicht so auf, dann ist dir auch nicht so heiß.«
»Nun hört aber alles auf«,
platzte Bertha wütend heraus. »Ich soll mich nicht aufregen, wenn ich von so
einem Straßenräuber in ein Auto gesperrt und über die schlechtesten Straßen der
Welt geschaukelt werde und dafür auch noch siebzehn Dollars bezahlen muß. Wo
sind eigentlich diese beiden Kerle geblieben? Was haben sie vor?«
Warnend wies ich mit einem
Blick auf den Verwalter der Mine. »Woher soll ich das wissen?«
»Und der eine von ihnen soll
von der Polizei sein?«
Ich nickte.
»Und der andere ist sein
Chauffeur?«
»Chauffeur, Leibwache und
anscheinend erster Gehilfe, alles in einer Person.«
»Er sieht so aus, als hätte er
nicht einmal genug Verstand, um sich bei Regen unterzustellen.«
»Dafür hat der andere genug für
zwei«, versicherte ich ihr.
»Erzähl mir keine Märchen«,
erwiderte Bertha. »Persönlich habe ich noch keinen gesehen, der einem unserer
ausgekochten Krimis das Wasser reichen könnte. Nimm Sellers zum Beispiel.«
»So, so«, meinte ich trocken.
»Sellers zum Beispiel.«
Berthas Augen blitzten wütend.
»Was willst du damit sagen?«
»Nichts Besonderes. Wir wollen
uns nicht unnötig in die Haare kriegen«, beruhigte ich sie. »Ich habe dir
gesagt, womit ich meinen Aufenthalt hier begründet habe. Sie werden dich auch
danach fragen, was du hier willst.«
»Von mir aus sollen sie mich
fragen. Ich kann doch wohl noch dahin reisen, wohin ich will«, sagte sie
herausfordernd.
»Aber warum kamst du
ausgerechnet hierher?« fragte ich.
»Weil ich den Auftrag dazu
erhielt.«
»Du hast einen Auftrag, hierher
zu kommen?«
»Lieber Himmel! Glaubst du, ich
würde zu meinem Vergnügen in dies gottverlassene Urwaldnest fahren?«
»Und wer hat dir den Auftrag
gegeben? Ein Klient?«
»Natürlich.«
Ich warf Felipe Murindo einen
Blick zu. Er rauchte seine Zigarette und schien in Gedanken meilenweit entfernt
zu sein. Aber konnte ich dessen sicher sein? Wie die Dinge lagen, wollte ich
kein vermeidbares Risiko eingehen.
Bertha folgte meinem Blick. Sie
sah Murindo abschätzend an und zeigte dann deutlich, daß sie ihm keinerlei Bedeutung
beimaß.
»Wann hast du ihn gesprochen?«
fragte ich.
»Ich habe nicht mit ihm
gesprochen. Er schrieb mir einen Brief.«
Ehe ich weiterfragen konnte,
hörte ich das Brummen von Motoren. Ich trat auf die Veranda vor dem kleinen
Büro und sah zwei Wagen kommen. Der erste war Maranillas. Der Chauffeur
steuerte ihn mit dem gleichen unbeweglichen, stumpfsinnigen Gesicht wie am
Vormittag. Hinter Maranillas großem, chromglänzendem Wagen kam eine erbärmliche
Karre angerattert, die noch älter und brüchiger zu sein schien als die, in der
Bertha über die Straßen geschaukelt worden war.
Der zweite Wagen wurde von
einem Mann in einer zerknitterten Khakiuniform gelenkt. Hinter ihm saß ein
zweiter Mann in Uniform, der ein Gewehr mit aufgepflanztem Bajonett in den
Händen hielt. In diesem Wagen saßen noch zwei weitere Männer, die ich erst
erkennen konnte, als das Auto näher herangekommen war. Es waren Harry Sharples
und Robert Hockley. Sie sahen völlig verwahrlost und abgerissen aus, wie Leute,
die gerade ihren letzten Cent beim Pferderennen verloren haben.
Maranilla machte eine kleine
beiläufige Handbewegung, worauf die beiden Wachen ihre Gefangenen zwanzig
Schritte vor der Veranda anhielten.
Maranilla kam die Stufen zu der
verwitterten Veranda heraufgestiegen, bot mit ernster, altmodischer Höflichkeit
Bertha eine Zigarette an und fragte: »Gestatten Sie, daß ich eintrete?«
Bertha nickte nur stumm.
Auch der Chauffeur kam die
Veranda herauf, und wir gingen alle wieder in das kleine Büro.
»Sie interessieren sich also
für Bergwerke«, wandte Maranilla sich an mich.
Ich nickte bestätigend.
Da öffnete plötzlich
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