Ein schwarzer Vogel
stumpfsinnig aus. Ich fürchte, er wird nicht schnell
genug reagieren, wenn wir in einer Kurve einem anderen Wagen begegnen.«
Maranilla schüttelte den Kopf.
»Machen Sie sich keine Sorgen. Der Mann ist schnell und beweglich wie eine
Katze. Sie brauchen nichts zu befürchten, Señor Lam.«
Damit war der Fall für ihn
erledigt. Wir unterhielten uns eine Weile über die Landschaft, als uns
unvermutet ein rasend schnell fahrender Wagen in einer Kurve entgegenkam.
Unwillkürlich suchte ich nach einem Halt.
Unser Fahrer wurde den
Versicherungen Maranillas voll gerecht. Er schien nicht im geringsten
beeindruckt zu sein, sondern drehte mit seinen großen Fäusten das Steuerrad
anscheinend in der gleichen Hundertstelsekunde, als der andere Wagen um die
Kurve bog. In atemraubendem Tempo rasten beide Fahrzeuge aneinander vorbei. Ich
hatte den Eindruck, daß wir mit den rechten Rädern direkt über dem Abhang
hingen und links um Haaresbreite dem Kotflügel des anderen Autos entgingen. Vor
Schreck war mir das Herz stehengeblieben, dann schlug es so wild, daß ich fast
in Atemnot kam.
Maranilla rauchte seine
Zigarette, betrachtete mit träumerischem Lächeln ihren aufsteigenden Rauch und
hielt es nicht der Mühe wert, auch nur einen Blick auf den irrsinnigen Fahrer
des Wagens zu werfen, der an uns vorbeigerast war.
»Mir scheint, Sie haben recht«,
sagte ich, als ich wieder sprechen konnte.
Maranilla zog höflich fragend
die Augenbrauen hoch.
Ich nickte in Richtung des
Chauffeurs.
»Aber selbstverständlich«,
bestätigte Maranilla und beließ es dabei, als wenn es ein alltäglicher Vorfall
gewesen wäre, über den es kein weiteres Wort zu verlieren gebe.
Am Nachmittag erreichten wir
einen trägen, breiten Fluß. Offensichtlich war sein Wasserstand zu dieser
Jahreszeit verhältnismäßig niedrig, denn breite Geröllbänke erstreckten sich in
das Flußbett. Wir fuhren durch eine schläfrige kleine Stadt und schlugen dann
eine schmale Seitenstraße ein, die zu einem hölzernen Tor führte, über dem ein
Schild mit der Aufschrift Doppelklee-Mine angebracht war. Über dem
Schild hing ein großes hölzernes Hufeisen, das zwei vierblättrige Kleeblätter
aus ehemals grün gestrichenem Blech einrahmte. Die Gebäude befanden sich in
gutem Zustand, aber deutliche Anzeichen wiesen darauf hin, daß die meisten ein
ehrwürdiges Alter hatten. Ein großer, magerer Mann in verschwitztem weißem
Anzug kam zu unserem Wagen und begrüßte uns. Es war Felipe Murindo, der
Verwalter der Mine. Offensichtlich sprach er kein Englisch.
Das war eine Schwierigkeit, mit
der ich nicht gerechnet hatte. Señor Maranilla sprach auf spanisch mit Murindo,
der ernst und aufmerksam zuhörte. Darauf wandte sich der Verwalter zu mir,
verbeugte sich und reichte mir die Hand.
Maranilla erklärte mir kurz,
worüber er mit Murindo gesprochen hatte, und ich hatte den Eindruck, als
übersetze er mir nur die wichtigsten Punkte.
»Ich habe Murindo gesagt, daß
Sie als Freund der Nachlaßverwalter gekommen seien, um die Mine zu
besichtigen«, sagte Maranilla.
»Aber das entspricht kaum den
Tatsachen«, widersprach ich.
»Oh, das macht nichts«, meinte
er lächelnd. »Man braucht diesen Leuten nicht jede Einzelheit zu erklären. Man
befiehlt ihnen kurz, was sie tun sollen, und hält sich nicht mit langen Erläuterungen
auf. Sie sind nur überflüssig.«
Mir schienen jedoch Maranillas
Ausführungen nicht besonders kurz gefaßt gewesen zu sein, denn anschließend
verfielen er und Murindo in eine rege Unterhaltung. Sie überschütteten sich
gegenseitig mit Worten, unterstrichen ihre Sätze gelegentlich mit Gesten und
ließen ab und zu mit gehobener Stimme ein besonders langgedehntes Noooooo hören, was bei Südamerikanern ein Zeichen dafür ist, daß ihre Unterhaltung von
einem Streit nicht mehr weit entfernt ist.
Wir machten einen Rundgang
durch die Mine, besichtigten eine große Wasserleitung, durch die das Wasser
zugeführt wurde, und die riesige Düse, durch die ein mahlender Strahl gegen den
goldhaltigen Grund geschleudert wurde und ihn über die Behälter schwemmte, in
denen das Gold aufgefangen wurde.
Felipe Murindo erklärte, und
Maranilla übersetzte es mir.
Alles, was ich dabei lernte,
war mir noch aus meiner Schulzeit geläufig. Das Wasser wurde gegen die
goldführende Schicht gespritzt, löste sie zu einem Schlammstrom auf, der über
Kästen geleitet wurde. Die Böden dieser Kästen waren mit Rillen versehen, in
denen das Gold aufgefangen wurde. Ich
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