Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks
runter, ging zu ihm und sagte: »Hi, ich bin Laura.«
»Ich weiß, wer du bist«, sagte er. »Jeder weiß, wer du bist.«
»Dann magst du wohl Theater«, sagte ich freudig überrascht. In den ersten Semestern hatte ich im Hauptfach Theater und Film studiert, bevor ich das Schreiben für mich entdeckte.
»Nicht unbedingt«, erwiderte er. »Ich meinte damit eigentlich nur, dass … du wunderschön bist.«
Ich errötete. Was schon etwas heißen sollte, bei einer grässlich auf Political Correctness fixierten Feministin, die wegen ihrer Überzeugung gegen ein diskriminierendes Image aus ihrer Studentinnenverbidnung ausgetreten war.
Und dann biss mich Mickey Jagger – sein Labradormischling mit dem roten Halstuch.
Also brachte er mich als Gentleman zu mir nach Hause, versorgte meinen Daumen wie einer der Betreuer im Sommercamp mit einem Schmetterlingspflaster, küsste meinen Daumen und ging.
Der Rest ist Geschichte. Mehr oder weniger jedenfalls.
Wenn Leute mich fragen, warum ich meinen Mann liebe, dann gerate ich nicht ins Schwärmen. Ich bin ein WASP. Und zwar eine kluge Vertreterin dieser Gattung. Eine moderne Frau mit sehr klar umrissenen Karrierevorstellungen. Von Frauen wie mir erwartet man nicht, dass wir davon schwärmen, warum wir einen Mann lieben. Man erwartet von uns, dass wir uns ein bisschen wie Lesben, ein bisschen zickig und exzentrisch benehmen. Wofür brauchen wir überhaupt Männer?! Darauf antworte ich mit dem Trinkspruch an meinem Hochzeitstag. Der ist kurz und knackig. Ich sage: »Er ist wie ein Betreuer im Sommercamp.« Das ist ein Wahnsinnskompliment, denn ich war in jeden einzelnen meiner männlichen Betreuer in den Ferienlagern verknallt. Ich liebe es, Spaß zu haben. Allerdings mit überschaubarem Risiko.
Wir versicherten einander, wir wären wie zwei Heißluftballons. Wir würden uns über die Institutionen erheben, aus denen wir stammten, und irgendwohin weit weg fliegen und Spaß haben und in vollen Zügen das Leben genießen. Ich nannte ihn meinen strahlenden Hengst, er mich das hübscheste Mädchen auf der Party.
Ich schwärmte den künftigen Genies am Finanzmarkt und den späteren Charity-Ladies vor, was für coole Männerprojekte er noch vorhätte: Helikopter fliegen, tauchen am Great Barrier Reef, den Mount Everest besteigen.
Er gab damit an, wie sicher ich mir sei, Schriftstellerin zu werden. Dass ich bereits mit meinem ersten Roman begonnen hätte. Er lobte sogar mein gebärfreudiges Becken, was manche
Frauen sicher als Beleidigung aufgefasst hätten. Aber mir gefiel, dass es für ihn vorstellbar war, dass eine Frau Mutter und Autorin sein könnte. Ich wusste schon damals, dass ich beides wollte.
Mir gefiel auch, was für ein guter Autofahrer er war. Kompetent und kontrolliert. Aber er liebte auch die Geschwindigkeit. Ich hatte schon immer ein Faible für Tempo. Bei Pferden, Autos, Booten. Da ich das Gefühl hatte, von so vielen Zwängen in eine hübsche, kleine Schachtel gepresst zu werden – in Tiffany-Blau, ob es mir passte oder nicht … Da empfand ich Geschwindigkeit als etwas Befreiendes. Er hatte etwas Befreiendes.
Anders als mich schien ihn der soziale Druck nicht zu bekümmern. Er war der Typ Mann, dem nicht alles unter die Haut ging. Der Typ, der Dinge regeln kann. Gelassen. Fähig. Aber auch mit ein bisschen Lust an der Gefahr, was mir sehr zusagte. Wir drehten die Musik von Steely Dan laut auf und rasten über die Landstraßen rund um unser College. Dabei brüllten wir »Bodhisattva«, ohne auch nur einen Schimmer davon zu haben, was das Wort bedeutete. Ich war nicht wie »die anderen Mädels«, sagte er. Mehr »wie ein Kumpel«. Ich empfand das als großes Kompliment, weil es mir zu verstehen gab, dass er mich nicht nur attraktiv und klug fand, sondern in mir auch einen Freund sah. Und Freundschaft ging ihm über alles.
Ich hatte noch nie eine vergleichbare Beziehung gehabt. Mit ihm zusammen zu sein war so leicht. Und mir wurde klar, dass ich schon eine Menge Zeit meines Lebens mit Dingen verbracht hatte, die schwer waren, auch wenn ich mich zu ihnen hingezogen fühlte. Es kam mir vor, als könnte ich mit diesem Mann überall hingehen. Alles sein. Und alles wäre in Ordnung. Er würde hinter mir stehen. Für ein Mädchen, das
drauf und dran war, ihr gesellschaftliches Gefüge zu verlassen, schien mir das ziemlich bedeutend.
Und lassen Sie mich Ihnen ganz ehrlich sagen: Selbst Khakihose und ein Hemd von Brooks Brothers schadeten ihm nicht, eine ziemlich
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