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Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks

Titel: Ein Sommer unwahrscheinlichen Gluecks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Mundson
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eine Schriftstellerin eben so braucht.
    Er leistet momentan auf einem ganz anderen Gebiet harte Arbeit. Er plant, wie er seiner Schwester bei ihren Fahrten zwischen ihrem Zuhause und der klinischen Studie in Chicago und ihrem andauernden Kampf gegen den Krebs helfen kann. Das wird in der bevorstehenden kalten Jahreszeit sein wichtigstes Projekt sein. Wenn es sein muss, wird er in der Zeit, die ihm bleibt, bei den Liften oben im Skigebiet jobben. Oder kellnern. Ich habe auch schon über einen Job in einem Restaurant nachgedacht. So wie wir das zwanzig Jahre zuvor in Boston gemacht haben, um uns durchzuschlagen. Nur dass die Sache jetzt natürlich einen ernsteren Hintergrund hat.
    Aber wir werden das Haus nicht verlieren. Wir werden das hinkriegen. Wir schaffen es. Jetzt ist erst einmal das Wichtigste, dass wir eine Familie sind.

    Im Moment läuft es so:
    Er weckt die Kinder. Macht ihnen das Frühstück und die Pausenbrote. Bringt sie rechtzeitig zur Schule – sogar früher, als ich das immer getan habe. Er erinnert sie an ihre Musikstunden, ans Fußballtraining und die Leseberichte. Er kommt zurück nach Hause gestürzt, wenn sie eine Mappe oder Bücher für die Bücherei vergessen haben.
    Ich verabschiede sie mit Küssen und Umarmungen und guten Wünschen für einen erfolgreichen Schultag. Dann hole ich mir meinen Tee, ziehe mich in mein Arbeitszimmer zurück und schreibe.
    Ich schufte Zwölfstundentage an meinem Roman – dabei jongliere ich mit den etwa 350 Seiten so viel herum, dass ich sie schon praktisch auswendig kann. Meine Gedanken kreisen im Wachen wie im Schlafen um sie.
    Nebenher schreibe ich an dieser Geschichte, die wie ein vertrautes Tagebuch für mich geworden ist Das tue ich meist früh am Morgen, gewissermaßen zum Aufwärmen, vor der Arbeit an dem Roman, den ich zu veröffentlichen hoffe.
    Ich habe mich noch nie mehr im Einklang mit meiner Tätigkeit gefühlt – mit der Verbindung von Herz, Seele und Verstand, die das Schreiben für mich bedeutet. Noch nie war ich so stolz darauf, ein überarbeitetes Manuskript abzuliefern. Das habe ich ihm zu verdanken. Dieses Geschenk ist riesig, und er weiß das. Er schenkt mir die Zeit, um hart an etwas zu arbeiten, das ich so mag. Und mit dem ich unsere Familie für eine Weile finanzieren könnte. Ich bin stolz, dass er eine so hohe Meinung von mir als Schriftstellerin hat, vor allem wenn ich bedenke, was er noch im Juni zu mir gesagt hatte. Ich bin so froh, dass ich ihm das damals nicht abgenommen habe. Das war eine faule Sache, die er mir da andrehen wollte. Es geht eben doch nichts über den Instinkt, vor allem in Krisenzeiten.

    Stolz.
    Den kann ich jetzt wieder an ihm sehen. Einen Stolz, dem ich vielleicht zum ersten Mal überhaupt traue. Weil darin keine Märchen stecken. Keine Rebellion. Kein Piedestal.
    Ich berichte meiner Therapeutin von all diesen Dingen.
    Sie lächelt und meint: »Das sind ja wunderbare Neuigkeiten. Ich bin überglücklich für Sie beide. Jetzt lassen Sie uns doch mal überlegen … wie lange hat das nun gedauert?«
    Ich zähle es an meinen Fingern ab. »Viereinhalb Monate.«
    »Nicht schlecht«, sagt sie.
    »Gar nicht schlecht. Und während ich den Sommer über darauf gewartet habe, von den Lektoren etwas zu meinem letzten Roman zu hören … da habe ich ein Buch darüber geschrieben. Etwas Autobiografisches«, sage ich. »Ich glaube, es ist jetzt fast fertig.«
    »Ein Buch?«
    »Genau. Ich habe es geschrieben, um diese Sache zu verarbeiten. Einen Moment nach dem anderen. Das kann ich am besten. Ich bin schließlich Schriftstellerin. Und es ist keine Belletristik. Nichts Ausgedachtes. Sondern das wahre Leben. Ich habe ein bisschen Angst davor, es zu veröffentlichen, aber ich denke, es könnte anderen Leuten helfen. Darum habe ich überhaupt damit begonnen, es aufzuschreiben.«
    »Ich glaube auch, dass es anderen helfen wird«, sagt sie.
    »Ich muss es nur vorher noch mit ihm besprechen …«
    Genau genommen, habe ich Angst davor, es mit ihm zu besprechen. Denn es ist ja nicht so, dass auf einen Schlag alles perfekt wäre. Es hat sich nicht alles in Wohlgefallen aufgelöst, und weder sollte es das, noch würde ich es je erwarten.
    Aber dann erinnere ich mich an mein Motto als Schriftstellerin: »Ich schreibe, um Licht in einen bis dato dämmrigen
oder sogar pechschwarzen Winkel zu bringen und auf diese Weise mir und anderen zu helfen.«
    Ich habe eine wirklich schwierige Phase ganz passabel und einigermaßen erfolgreich

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