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Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1

Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1

Titel: Ein Stiefel voll Glück - Oskar und Mathilda ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Westfalen> F.-Coppenrath-Verlag <Münster
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erwidert. »Dann bau was Cooles draus. Ich kann so was eh nicht.«
    »Hmmm«, machte Mathilda, während sie darüber nachsann, ob sie diesen verdammten Motor wohl irgendwie an ihr Fahrrad anbringen könnte. Sie spürte noch, wie ihre Zähne sich fest um die Füllerkante schlossen, im nächsten Moment hatte sie bereits ein Stück herausgebissen.
    »Noch fünf Minuten«, sagte der schöne Schorsch.
    Mathilda zuckte zusammen. Ihren Lehrer hatte sie völlig vergessen.
    »Schaffst du das?«, erkundigte er sich.
    »Klar«, sagte Mathilda.
    Hastig füllte sie die restlichen zwölf freien Stellen aus. Adjektive und Adverbien stellten kein Problem für sie dar, ebenso wenig wie Mathekettenaufgaben, komplizierte Texte über Atomkraftwerke oder Gedichte über Liebespaare, die es sich mit dem Küssen schwer machten.
    Der schöne Schorsch hieß eigentlich Jakob Schobisch. Er war sehr jung, sehr groß, sehr schlank und sehr hübsch. Wissen tat er zweifellos einiges von dem, was in Mathildas Büchern stand, allerdings hatte er ziemliche Probleme damit, es ihr auch zu vermitteln. Was keinesfalls damit zusammenhing, dass er Dinge und Sachverhalte nicht gut erklären konnte. Nein, fürwahr, das konnte er! Die Krux lag eher darin, dass Mathildas Kapierzellen schneller arbeiteten als seine Stimmbänder. Meistens hatte sie die Zusammenhänge bereits begriffen, ehe der schöne Schorsch ihr überhaupt alle Einzelheiten unterbreitet hatte.
    »Hast du das verstanden?«, fragte er jedes Mal höflich.
    »Klar«, sagte Mathilda dann. Weil sie in der Regel aber schon wieder damit beschäftigt war, über die echten Probleme des Lebens – zum Beispiel Mofamotoren – nachzudenken, schaute sie dabei immer ein wenig verwirrt drein.
    »Hast du das auch wirklich verstanden?«, hakte der schöne Schorsch daraufhin nach. Schließlich war er ein gewissenhafter Privatlehrer. Außerdem wurde er für diesen Job von Mathildas Eltern ausnehmend gut bezahlt.
    »Sag ich doch«, brummte Mathilda.
    Natürlich glaubte Jakob Schobisch ihr nicht. Er wollte es sich zwar nicht anmerken lassen, aber Mathilda merkte es trotzdem.
    »Gut«, sagte er. »Dann machst du jetzt eben eine kleine Übungsaufgabe.«
    Genau so war es auch an diesem Vormittag gewesen, als er ihr die Sache mit den Adjektiven und Adverbien zu erklären versucht hatte. Mathilda war es sehr recht so. Denn je mehr Übungsaufgaben sie aufbekam, desto mehr Zeit hatte sie für ihre eigenen Denkaufgaben.
    »Fertig!«, rief sie jetzt.
    Der schöne Schorsch trat hinter sie und beugte sich über ihre Schulter, damit er in ihr Heft schauen konnte.
    »Was ist denn mit deinem Füller passiert?«, fragte er erschrocken.
    »Ja, haben Sie das etwa gar nicht gehört?«, fragte Mathilda erstaunt. Sie hob den Kopf und lächelte ihm ins Gesicht.
    »Was meinst du? Was soll ich gehört haben?«
    »Den Knall«, sagte Mathilda.
    »Welchen Knall?«, wunderte sich der schöne Schorsch.
    »Als der Füller explodiert ist«, sagte Mathilda. Sie streifte sich die Schuhe von den Füßen und guckte sehr ernst.
    »Nein«, sagte Jakob Schobisch. »Füller explodieren doch nicht.«
    »Dieser hier schon«, beharrte Mathilda. »Macht aber nix«, beeilte sie sich hinzuzufügen. »Ist ja nur ein kleines Stück herausgeplatzt. Wahrscheinlich hat die Tinte zu gären angefangen. Die Patrone ist geborsten und hat die Kappe abgesprengt.«
    Der schöne Schorsch schüttelte den Kopf. »Das ist vollkommen ausgeschlossen«, widersprach er, richtete sich kerzengeradeauf und schloss die Augen, während er die Gründe für seine Behauptung aufzuzählen begann. »Erstens gärt Tinte nicht, zweitens ist das Material eines Füllers selbstverständlich so beschaffen, dass es gar nicht bersten kann, und drittens … äh …«
    Ob Jakob Schobisch noch ein weiterer Grund einfiel, bekam Mathilda nicht mehr mit, da sie bereits über alle Berge war. Sie wusste genau, dass sie nicht viel mehr als ungefähr fünf Sekunden Zeit hatte, um unbemerkt aus dem Wohnzimmer zu verschwinden. Allein deshalb hatte sie sich eben die Schuhe ausgezogen und wie immer war ihr Lehrer auch diesmal wieder darauf hereingefallen.
    »Du bist ein Döspaddel, Schorschi«, murmelte Mathilda kichernd.
    Sie huschte den langen Flur entlang, am Esszimmer und an der Bibliothek ihres Vaters vorbei und machte dann einen kurzen Zwischenstopp neben der Küche. Ein köstlicher Duft aus Biskuitteig, Vanille und gebackenen Birnen strömte durch den Spalt der angelehnten Tür. Mathilda steckte ihre

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