Hand von Thrawn 01 - Schatten der Vergangenheit
1. Kapitel
Langsam und geräuschlos glitt der imperiale Sternzerstörer Schimäre durch den Weltraum.
Durch leeren Raum. Bedrückend schwarzen Raum. Die Positionslichter waren nur ein schwaches Glimmen von Leben inmitten der Finsternis. Das Schiff trieb, viele Lichtjahre entfernt von den nächsten winzigen Inseln, den Sternsystemen der Galaxis, am Rand der Grenzlinie zwischen den Welten des Äußeren Rands und jenen Weiten, die man die Unbekannten Regionen nannte. Am äußersten Rand des Imperiums.
Oder besser: am Rand der bemitleidenswerten Überreste dessen, was einst das Imperium gewesen war.
Admiral Pellaeon, der Oberkommandierende der Imperialen Flotte, stand an einer der großen seitlichen Sichtluken der Schimäre und blickte in die Leere hinaus; das Gewicht zu vieler Jahre lastete schwer auf seinen Schultern. Zu viele Jahre, zu viele Schlachten, zu viele Niederlagen.
Vielleicht spürte die Brückenbesatzung der Schimäre die Last ebenso wie er. Auf jeden Fall schienen die Geräusche der Betriebsamkeit in seinem Rücken heute gedämpfter als sonst. Aber vielleicht lag das auch nur daran, daß sie so weit draußen waren. So weit weg von irgendeinem bestimmten Ort.
Nein. Das mußte es sein. Die Männer der Schimäre waren die besten, die die Flotte zur Verfügung stellen konnte. Imperiale Offiziere und Mannschaftsgrade; und Imperiale gaben niemals auf. Niemals.
Er hörte einen vorsichtigen Schritt an seiner Seite. »Admiral?« sagte Captain Ardiff leise. »Wir können jetzt anfangen, Sir.«
Einen Moment lang erinnerte sich Pellaeon an einen ähnlichen Augenblick vor zehn Jahren. Damals hatten er selbst und Großadmiral Thrawn hier auf der Kommandobrücke der Schimäre gestanden und den abschließenden Test des Prototyps eines Tarnfelds beobachtet, das Thrawn unter den Trophäen des Imperators im Innern des Mount Tantiss entdeckt hatte. Pellaeon wußte noch, wie aufgeregt er gewesen war – trotz der Ressentiments, die er gegen den wahnsinnigen Jedi-Klon C’baoth hegte –, als er zusah, wie Thrawn dem Imperium mit eigener Hand neues Leben und Energie einhauchte.
Aber Mount Tantiss gab es nicht mehr; Agenten der Neuen Republik sowie C’baoths Wahnsinn und Verrat hatten alles zerstört. Großadmiral Thrawn war tot.
Und das Imperium starb.
Mühsam schüttelte Pellaeon die Schatten der Vergangenheit ab. Er war ein Offizier des Imperiums, und Imperiale gaben niemals auf. »Danke«, wandte er sich an Ardiff. »Handeln Sie nach Ihrem Ermessen, Captain.«
»Jawohl, Sir.« Ardiff drehte sich zur Seite und gab dem Gefechtskoordinator im Backbord-Mannschaftsschacht ein Zeichen. »Signal zum Angriff«, befahl er.
Der Offizier bestätigte den Befehl und gab nun seinerseits einem seiner Untergebenen einen Wink. Pellaeon richtete seine volle Aufmerksamkeit wieder auf die Aussichtsluke…
… gerade rechtzeitig, um acht SoroSuub-Sternjäger der Preybird -Klasse in enger Formation mit hoher Geschwindigkeit hinter ihnen auftauchen zu sehen. Sie sausten haarscharf über die Kommandoaufbauten der Schimäre hinweg, passierten den Bugkamm des Schiffs und beharkten es mit schwachem Blasterfeuer – dann löste sich die Formation lautlos auf. Die acht Jäger entfernten sich in Spiralbahnen und feuerten weiter, bis sie die primäre Angriffszone des Sternzerstörers hinter sich gelassen hatten. Dann wendeten sie in weit ausholenden Kehren und gruppierten sich neu.
»Admiral?« soufflierte Ardiff.
»Gönnen wir ihnen noch einen Versuch«, erwiderte Pellaeon. »Je mehr Flugdaten der Predictor verarbeiten kann, desto besser sollte er funktionieren.« Er fing den Blick eines der Offiziere im Mannschaftsschacht auf. »Schadensbericht?«
»Geringe Schäden am Bugkamm, Sir«, meldete der Offizier. »Eine Sensorenphalanx ist ausgefallen, also müssen fünf Turbolaser ohne Zielerfassungsdaten auskommen.«
»Verstanden.« All diese Schäden existierten natürlich nur in der Theorie und waren unter der Voraussetzung berechnet worden, daß die Preybirds hochenergetische Turbolaser eingesetzt hätten, wie sie an Bord von Großkampfschiffen üblich waren. Pellaeon hatte diese Art Kriegsspiele in seinen jüngeren Jahren geliebt; er hatte Geschmack an der Möglichkeit gefunden, ohne die Risiken einer wirklichen Schlacht mit Technik und Taktik zu spielen. Doch irgendwann im Laufe der Jahre war ihm diese Begeisterung abhanden gekommen. »Steuermann, bringen Sie uns zwanzig Grad nach steuerbord«, befahl er. »Die
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