Ein stuermischer Retter
kämpfen musste, würde sie sich immer auf die Seite des Schwächeren stellen.
Rette sie, beschwor sie Nicholas in Gedanken. Rette sie! Sie wartete darauf, dass er endlich eingriff. Er und Stevens waren von ihren Pferden abgestiegen, Sie versuchten mit den Frauen zu reden, um herauszufinden, was vorgefallen war.
Plötzlich sprang eine der Frauen Nicholas an und holte mit der Hand aus. Sie schlug daneben, aber irgendetwas setzte sie damit in Gang. Ein paar der Frauen wandten sich den fremden Männern zu. Nicholas wehrte sie ohne allzu große Mühe ab, hielt sie auf Armlänge von sich und wich Schlägen und Tritten aus, doch Stevens musste einiges einstecken. Keiner der beiden schlug jedoch zurück, wie Faith bemerkte. Sie war hin und her gerissen zwischen Stolz und Verzweiflung.
Mac, der eingefleischte Frauenhasser, schien von alldem nichts mitzubekommen. Er saß mit geballten Fäusten auf seinem Pferd und starrte finster und mit gerunzelter Stirn das Mädchen in der Mitte der Menge an.
Es wehrte sich wie eine Amazone, kratzte und trat wie eine Wildkatze. Aber gegen ein gutes Dutzend erwachsener Frauen kam es nicht an. Faith beobachtete das Geschehen mit wachsender Besorgnis.
„Los, Nicholas!", rief sie. Die beiden Männer mochten beeinträchtigt sein durch ihre Abneigung, Frauen gegenüber Gewalt anzuwenden, doch Faith hatte da keine Hemmungen.
Sie zog ihre Pistole und ritt auf die Menge zu. „Sofort aufhören!", schrie sie, so laut sie konnte, doch bei all dem Lärm hörte sie niemand. Sie gab einen nach oben gerichteten Schuss in die Luft ab. Plötzlich trat Stille ein, und alle drehten sich zu ihr um. Faith erschrak über die Feindseligkeit auf den Gesichtern.
„Schnapp sie dir, Mac!", brüllte Nicholas. „Hol sie da heraus!"
Er hatte eigentlich Faith gemeint, aber Mac verstand ihn falsch. Brüllend wie ein wildes Tier preschte er mit seinem Pferd in die Menge. Die Frauen wurden auseinandergejagt, und Mac beugte sich nach unten, packte das belagerte Mädchen, schwang es quer über seinen Sattel und ritt aus dem Dorf, ehe noch jemand begriff, was da gerade geschehen war.
Stevens stieg auf sein eigenes Pferd und ritt den Weg zurück, den er gekommen war, um das Packpferd zu holen.
„Wir müssen fort!" Auch Nick saß wieder im Sattel. „Hier entlang." Er zeigte Faith die Richtung. „Los!" Er schlug ihrem Pferd auf die Kruppe, und ehe Faith sich versah, galoppierte sie bereits aus der Ortschaft und in einem weiten Bogen über die Felder.
„Wohin ... "
„Reite einfach mir nach!"
„Aber ... "
„Sei still, reite!"
Erst jetzt sah sie seinen Gesichtsausdruck. Noch nie hatte sie Nicholas so wütend erlebt.
Sie galoppierten schweigend, als wäre der leibhaftige Teufel hinter ihnen her. Tatsächlich aber folgte ihnen niemand. Das wilde Tempo, das er angeschlagen hatte, spiegelte offenbar nur seine Laune wider.
Als sich die erste Aufregung etwas gelegt hatte, wuchs in Faith die Angst. Sie war mit einer Wut von ihm konfrontiert worden, die sie nur als kalt bezeichnen konnte. Sie war geradezu Furcht einflößend. Jetzt aber schien es förmlich unter Nicholas' Haut zu brodeln.
Als Kind hatte sie gelernt, sich vor Großvaters Zorn in einem Schrank unter der Treppe zu verstecken, aber nun befand sie sich unter freiem Himmel und ritt in gestrecktem Galopp durch die Dunkelheit. Sie war allein mit ihm, und es gab keinen Ort, wo sie sich vor ihm in Sicherheit bringen konnte.
Irgendwann konnten die erschöpften Pferde die Geschwindigkeit nicht mehr halten. Sie erreichten eine kleine Lichtung, ein Bach floss in der Nähe, und Nicholas schwang sich vom Pferd. Ohne es abzusatteln, gab er dem Tier einen Klaps und ließ es frei. Dasselbe tat er mit ihrer Stute, nachdem er Faith von dieser heruntergehoben hatte. Beide Tiere trabten sofort auf den Bach zu. Faith hätte auch gern etwas Wasser getrunken, aber ihr blieb keine Zeit dazu, denn schon prasselte eine wahre Tirade auf sie herab.
„Was, zum Teufel, ist in dich gefahren, mitten in diese Meute wütender Weiber zu reiten, obwohl ich dir doch ausdrücklich befohlen hatte, zurückzubleiben?" Er packte aufgebracht ihre Oberarme. „Ist dir denn nicht klar, was hätte passieren können? Diese Furien hatten Mordgelüste!" Er schüttelte sie.
„Ich weiß. Ich wollte das Mädchen retten", brachte sie mühsam hervor.
„Du kleine Närrin! Was, glaubst du, hatten Mac, Stevens und ich wohl vor?" Er sah sie wütend an. „Wir sind Soldaten! Wir wissen, was wir in so
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