Ein süßes Abenteuer
oft darauf dargestellt werden.“
„Tja, Neville spielt gerne den Schulmeister“, gab Latimer spöttisch zurück. „Ich könnte mir vorstellen, dass er gar kein anderes Spiel beherrscht“, fügte er hinzu, indem er anzüglich den Blick über die Gestalt der jungen Frau schweifen ließ.
Um Dianas willen unterdrückte Neville seinen Zorn, obwohl es ihm wahrhaftig nicht leichtfiel. Wenn er sich nämlich nicht wehrte, würde Latimer überall herumerzählen, Sir Neville Fortescue sei ein Jämmerling, der jede Beleidigung schluckte.
Trotz allem brachte er ein überlegenes Lächeln zustande. „Oh, ich beherrsche viele Spiele. Unschuldige Spiele, bei denen man einander keinen Schaden zufügt, aber das gehört nicht hierher. Und nun entschuldige mich bitte, ich habe Durst. Möchten Sie mich ins Speisezimmer begleiten, Euer Gnaden? Sonst sagen Henry und ich in Ihrer Gegenwart noch Dinge, die wir anschließend bereuen würden.“
Im Speisezimmer angekommen, meinte Diana ruhig: „Vielen Dank, dass du keine Szene gemacht hast, obwohl er dich dazu verleiten wollte.“
Neville zuckte die Achseln. „Ein Eklat hätte uns gerade noch gefehlt. Soll er mich ruhig für feige halten. Dann wird er vielleicht unvorsichtig, wenn er mich wieder einmal beleidigt.“
„Ja“, erwiderte sie. Sollte sie Neville erzählen, dass sie Dobbins beauftragt hatte, Henry Latimer nachzuspüren?
Lieber nicht. Falls der Mann nichts herausfand, brauchte sie es ihm überhaupt nicht zu gestehen. Wenn etwas Neues ans Licht kam, musste sie es freilich in Erwägung ziehen, aber nicht früher.
Der Rest des Abends verlief ereignislos. Bald nach ihrer Rückkehr in den Ballsaal trennten sich Neville und Diana, um kein Gerede auszulösen. Danach unterhielt sich Neville mit Lord Burnside, der ihm berichtete, er habe kürzlich seiner Mutter einen Besuch abgestattet.
„Hoffentlich hast du nichts dagegen, dass ich meine Bekanntschaft mit ihr erneuert habe. Sie schien sich sehr über meinen Besuch zu freuen, besonders, als ich ihr versicherte, sie hätte dich zu einem großartigen jungen Mann erzogen. Von nun an wollen wir unsere Freundschaft wieder pflegen.“
Nun ja, so kann man es auch nennen, dachte Neville. Vielleicht würde die Rückkehr ihres Liebsten seine Mutter, die ein ziemlich einsames Leben führte, ein wenig aufmuntern. „Wie schön“, bemerkte er laut.
„Setzt du dich immer noch für deine Sache ein?“, erkundigte sich sein Vater.
„Ja, nur leider mit wenig Erfolg. Bis jetzt wurden keine Gerüchte über dich und Mutter verbreitet. Also hoffe ich, dass meine Feinde den Anstand besitzen, uns zu verschonen.“
„Mach dir nicht allzu viele Sorgen. In meinem Alter brauche ich mich wegen dieser alten Geschichte nicht mehr zu schämen, und deine Mutter teilt meine Ansicht. Trotze der Versuchung und sprich die Wahrheit, so lautet meine Devise. Was dich betrifft, so trägst du ohnehin keine Schuld.“
„Wenn meine Feinde die alte Geschichte wieder ausgraben, weil sie befürchten, ich könnte ihnen auf die Spur kommen, wäre das sehr wohl meine Schuld.“
„Ach, zerbrechen wir uns nicht wegen Dingen den Kopf, die vielleicht niemals eintreten werden.“
Nach diesem Gespräch ging Neville in bester Stimmung nach Hause. Der heutige Abend hatte ihn Diana nähergebracht, da er sie nun endlich richtig verstand. Wie viele feine Damen und Herren verbargen hinter ihren gelassenen Mienen wohl ähnliche Geheimnisse wie sie oder wie seine Mutter und Lord Burnside?
Seitdem sie Neville die Wahrheit über ihre Ehe mit Charles gestanden hatte, empfand Diana einen nie gekannten inneren Frieden. Nun verschwand die Reizbarkeit, unter der sie in letzter Zeit manchmal gelitten hatte, und sie behandelte auch die arme Isabella viel freundlicher. Als am Ende der Woche ihr Anwalt sie dringend zu sich bestellte, nahm sie an, dass es neue Informationen gab.
Courtney Jenkinson empfing sie mit ernster Miene in seinem Büro.
„Bitte nehmen Sie Platz, Euer Gnaden. Ich habe traurige Neuigkeiten für Sie. Vielleicht erinnern Sie sich noch daran, dass ich Ihnen bei Ihrem letzten Besuch versprach, ein Mann namens Dobbins würde Erkundigungen über Henry Latimer und Frank Hollis einholen?“
„Gewiss.“
„Schon nach zwei Tagen berichtete er mir, er habe jemanden gefunden, der ihm alles über Mr. Latimers Angelegenheiten erzählen wollte. Dobbins sollte sich noch am selben Abend mit diesem Mann treffen und mich gleich am folgenden Morgen aufsuchen, doch er
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